„Kein Platz in der Herberge“: Abschiebungen von Familien in der Woche vor Weihnachten

Die Flüchtlingsunterkunft „An der Schießmauer“ in Bretten. | Foto: wod
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Eigentlich wollten Beamte des Polizeireviers Bretten eine tschetschenische Familie aus der Flüchtlingsunterkunft „An der Schießmauer“ zur Abschiebung abholen – doch die Situation vier Tage vor Heiligabend spitzte sich zu.

Bretten (kn) Eigentlich wollten Beamte des Polizeireviers Bretten eine tschetschenische Familie aus der Flüchtlingsunterkunft „An der Schießmauer“ in Bretten zur Abschiebung abholen – doch die Situation vier Tage vor Heiligabend spitzte sich derart zu, dass der Familienvater von vier Kindern zunächst die die Beamten mit einem Messer bedrohte und sich daraufhin mit seiner Familie in der Wohnung verbarrikadierte (wir berichteten auf www.kraichgau.news). Die eskalierte Abschiebung der tschetschnischen Familie hat in Bretten sowie in den sozialen Netzwerken für viel Wut, aber auch Trauer gesorgt. Für Unverständnis und Unruhe sorgte der Vorfall auch bei den Ehrenamtlichen im Netzwerk für Geflüchtete in Bretten. Wie das Netzwerk nun der Brettener Woche/Kraichgauer Woche bekannt gab, habe es sich in der Woche vor Weihnachten konkret um Abschiebungen von zwei Flüchtlingsfamilien gehandelt.

Humanitäre Entscheidung konnte nicht erwirkt werden

Bei der ersten Familie sollte ein traumatisierter und psychisch kranker Vater mit fünf Kindern im Alter von zwei bis dreizehn Jahren ohne die Mutter abgeschoben werden. Die Unterstützer dieser Familie hätten vergeblich versucht, auf die besondere Härte in diesem Fall hinzuweisen und eine humanitäre Entscheidung zu erwirken. Inzwischen wohne die Familie, zurück in ihrer Heimat, in einem Stall, weil es bei der Verwandtschaft keinen Wohnraum gebe und ihnen dort zudem Gewalt drohe. Bei dieser Familie hätte es nur mehr Zeit gebraucht, um – auch mit Unterstützung staatlicher Stellen – eine sichere Rückkehrperspektive ohne Gefährdung von Leib und Leben zu erarbeiten.

In der Heimat Foltererfahrungen gemacht

Bei der zweiten, sechsköpfigen Familie kam es zu einem großen Polizeieinsatz. Aus gut informierten Kreisen sei inzwischen bekannt, dass der traumatisierte Vater in der Heimat Folterfahrungen gemacht hatte. Er ließ sich nach langem Zureden doch überzeugen, der Abschiebung Folge zu leisten. Unverständlich für das Netzwerk ist auch die Abschiebung von ausgewiesenen Einzelpersonen, da sie sich in Arbeit befanden, ihren Lebensunterhalt selbst verdienten und Sozialbeiträge zahlten, während zeitgleich die Bundesregierung politische Regelungen erarbeitet hat, wie man den Fachkräftemangel auch aus dem außereuropäischen Ausland decken könnte. Die Ehrenamtlichen, die sich um diese Menschen gekümmert haben, fühlen sich hilflos – auch weil sie ihnen nicht einmal Fahrgeld für den Bus mitgeben durften. Dies würde bei der Abschiebung wieder abgenommen, habe den Ehrenamtlichen eine Polizistin mitgeteilt.

In der Heimat Foltererfahrungen gemacht

Die Ehrenamtlichen haben den Eindruck, dass in den Wochen vor Weihnachten unvermindert und mit unerbittlichen Entscheidungen abgeschoben wurde. Die Konferenz Europäischer Kirchen sieht in ihrer Weihnachtsbotschaft Parallelen der aktuellen Situation zur Weihnachtsgeschichte. Schon vor 2000 Jahren gab es keinen Platz in der Herberge und auch die Weihnachtsfamilie musste vor Gewalt fliehen und erhielt Asyl in Ägypten. Die christliche Kultur könne nur erhalten werden, wenn auch Werte wie der Schutz für Gewaltopfer wie auch die Hilfe für sozial Benachteiligte aktiv gelebt werden. Auch die Evangelische Kirche in Deutschland erinnert aktuell an die Einhaltung der Genfer Menschenrechtskonventionen anlässlich deren 70-jährigen Bestehens.

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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