Bund der Steuerzahler kritisiert Anstieg der Kosten
Land gibt mehr Geld für mehr Gutachten aus
Stuttgart (dpa/lsw) Die Vergabe von Gutachten durch Ministerien ist immer wieder ein heißes Eisen - auch in Baden-Württemberg meinen Kritiker, dass zu viel Expertise an Firmen gegeben würde. Nach einem Bericht des Staatsministeriums summiert sich die Zahl nach außen vergebener Beratungsleistungen 2020 auf 542. Im Jahr 2017 waren es noch 409. Auch der Auftragswert wuchs von 2018 von noch 14,2 Millionen Euro auf 22,3 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Im Jahr 2017 waren es allerdings mehr als 28 Millionen Euro. Die Entwicklung ruft auch die Landtags-Opposition auf den Plan, die sparsamen Umgang mit Steuermitteln anmahnt.
Hoher Anstieg der Kosten
Auch dem Steuerzahlerbund selbst sind solche Ausgaben ein Dorn im Auge. Ein Anstieg der Kosten von über 40 Prozent im Jahr 2019 beziehungsweise von mehr als 50 Prozent im Jahr 2020 verglichen mit 2018 sei eindeutig zu viel, sagte Zenon Bilaniuk, Landesvorsitzender des Bundes der Steuerzahler, der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Sascha Binder, pflichtete bei: «Ein solch ungezügelter Anstieg externer Beraterkosten ist den Steuerzahlern nicht mehr zu vermitteln.» Aus Binders Sicht offenbart sich hier ein Grundproblem des grün-schwarzen Regierungsbündnisses: «Grüne und CDU trauen sich gegenseitig nicht über den Weg, bevor ein grüner Minister die Expertise eines CDU-geführten Ministeriums einholt, beauftragt er lieber eine externe Beratungsfirma.»
Ausgaben auf absolute Ausnahmen beschränken
Bilaniuk betonte, externe Beratungsleistungen sollten auf absolute Ausnahmen beschränkt werden. «Das darf keinesfalls zur teuren Regel in Baden-Württemberg werden.» Er fügte hinzu: «Es gibt innerhalb der Landesverwaltung ausreichend qualifizierte Beschäftigte, deren Sachverstand und Fachwissen es zu nutzen gilt.» Der Chef der FDP-Landtagsfraktion, Hans-Ulrich Rülke, warf der Landesregierung vor, in den vergangenen Jahren versäumt zu haben, die Verwaltung organisatorisch so zu optimieren, dass externe Gutachten weniger gebraucht würden. Das Gebot der Stunde sei ein besserer Informationsfluss und Koordination zwischen den Ministerien, um Doppelungen bei Gutachtenaufträgen zu vermeiden oder sachlich verwandte Beratungsanfragen zu bündeln.
Ressortübergreifende Leistungen
Das Staatsministerium betonte, dass singuläre Ereignisse oder neu eingeführte Gremien für teilweise starke Schwankungen sorgten. Der mit dem Bürokratieabbau beschäftigte Normenkontrollrat Baden-Württemberg kann Studien in Auftrag geben, deren Kosten im Haushalt des Staatsministeriums veranschlagt werden, obwohl die Leistung ressortübergreifend zu sehen sei. Das sei etwa der Fall bei einer Studie zu «Entlastung von Bürokratie und Baukosten durch Optimierung des Brandschutzes» für 83.800 Euro. Die Beratungsausgaben des Staatsministeriums haben sich von 43.000 Euro im Jahr 2018 über 76.500 im Jahr 2017 auf 262.000 Euro im vergangenen Jahr gesteigert.
Eigene Kräfte gefordert
Der Forderung des Landtags, in Aufgabenbereichen mit Stellenzuwächsen die Erledigung durch eigene Kräfte deutlich auszuweiten, sei nicht immer leicht nachzukommen, heißt es in dem Bericht. Im Innenministerium, das neben dem Kultusressort die größten absoluten Stellenzuwächse im Vergleich zu 2018 verzeichne, habe sich die externe Beratungsleistung dennoch erhöht, insbesondere für den Bereich Information und Kommunikation. Es zeige sich, dass nicht allein die Stellenzahl für interne Lösungen ausschlaggebend sei, sondern auch das Aufgabenspektrum einer Dienststelle und deren Belastung. Als Hilfe, sich über Kompetenzen in andere Ministerien zu informieren, habe sich das Intranet der Landesverwaltung erwiesen.
Externes Know-how
Das Innenministerium hat sich externes Know-how für den Aufbau einer Cybersicherheits-Agentur 568.000 Euro kosten lassen. Zu den extern bearbeiteten Themen zählt etwa auch die Beratung von Hausbewohnern in Fledermausfragen, die mit genau 46.218,49 Euro im vergangenen Jahr zu Buche geschlagen hat. Zwischen 2017 und 2020 stiegen die Beraterkosten im gesamten Ressort von 3,2 Millionen Euro auf 5,5 Millionen Euro an. Der Kauf von Fachwissen in solchen Dimensionen und ein aus seiner Sicht aufgeblähter Regierungsapparat passten nicht zu den gleichzeitig von Grün-Schwarz beklagten angeblichen Engpässen für Klimaschutz oder Arbeitsplatzsicherung, betonte SPD-Mann Binder.
Reduzierte Ausgaben im Justizministerium
Beim Kultusressort holte man sich zwei Mal Beratung und juristische Unterstützung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie - für zusammen 18.000 Euro. Die Gesamtsumme verringerte sich zunächst von 169.000 im Jahr 2017 auf 57.200 im Jahr 2019, um dann wieder 83.100 Euro im Vorjahr zu erreichen. Das Finanzministerium, das für die Liegenschaften des Landes zuständig ist und in diesem Bereich Gutachten zu Brandschutz, Pacht und Instandhaltung von Gebäuden nutzt, weist Ausgaben 752.000 Euro für 2017 aus - und für 2020 schon 2,6 Millionen Euro. In den vergangenen vier Jahren reduzierte das Justizministerium hingegen den Zugriff auf Fachwissen von außen. Es gab 2020 dafür nur noch etwa 34.750 Euro aus - nach 337.000 im Jahr 2017.
Autor:Beatrix Drescher aus Bretten |
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