"Werden Herausforderungen meistern"
Oberbürgermeister Wolff im Interview über Finanzen der Stadt, die Flüchtlingslage und die Gartenschau
Bretten (swiz) Im Gespräch mit Redaktionsleiter Christian Schweizer blickt Oberbürgermeister Martin Wolff auf das zu Ende gegangene Jahr zurück und wagt einen Blick auf die künftigen Herausforderungen der Melanchthonstadt.
Der Krieg in der Ukraine hat auch wieder zu höheren Flüchtlingszahlen in Deutschland geführt. Durch die Zuweisungen von Geflüchteten sind auch die Kommunen unter Druck geraten. Sie beklagen, dass auf absehbare Zeit die Plätze in Schulen und Kitas nicht ausreichen und fordern mehr Hilfe bei der Unterbringung. Wie stellt sich die Lage in Bretten dar?
Natürlich spüren auch wir in Bretten einen Anstieg der Flüchtlingszahlen seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs. Bisher konnten wir die Menschen zwar noch gut unterbringen, vor allem, weil es auch eine große Hilfsbereitschaft unter den Bürgern gab und gibt. Wir rechnen aber damit, dass im Winter neue Flüchtlinge zu uns kommen werden. Und dann wird wahrscheinlich auch die Belegung von Hallen als Flüchtlingsquartiere ein Thema werden. Bei den Kitas und Schulen geht es im Moment noch, was die Belegungszahlen angeht, aber wir müssen ehrlicherweise sagen, dass wir da auf Kante genäht sind.
Viele Kommunen klagen auch über einen hohen Kostendruck, was die Unterbringung von Flüchtlingen angeht. Ist dieser Druck auch in Bretten zu spüren?
Nein. Natürlich haben uns die steigenden Flüchtlingszahlen auch Kosten verursacht, aber die sind noch in einem absolut überschaubaren Rahmen.
Wegen der Rodung einer Streuobstwiese in Gölshausen müssen Sie sich derzeit heftige Kritik von Umweltverbänden und Grünen-Landtagsabgeordneten anhören. Zudem hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Fortsetzung der Rodungsarbeiten per Beschluss vorerst gestoppt.
Ich kann die ganze Aufregung bei diesem Thema in keiner Weise verstehen. Seit zehn Jahren arbeiten wir als Verwaltung, gemeinsam mit dem Gemeinderat, an der Genehmigung des siebten Bauabschnitts des Gewerbegebiets in Gölshausen. In dieser Zeit wurden der NABU und der BUND immer am Verfahren beteiligt und hatten genug Gelegenheiten für Stellungnahmen. Es kam von dieser Seite aber gar nichts. Und dass man jetzt auf den letzten Metern mit dieser Kritik um die Ecke kommt, das finde ich ehrlicherweise perfide. Noch dazu vor dem Hintergrund, dass wir abgestimmte Ausgleichsmaßnahmen haben und auch nur die Hälfte der dortigen Streuobstwiese benötigt und gerodet wurde. Darüber hinaus hat das Landratsamt die Maßnahme abgewogen und hat sie freigegeben.
Das Urteil und die Begründung liegen nun erst einmal bei unserem Anwalt zur Prüfung. Fakt ist, dass wir aber nur Verfahrensbeteiligter sind, von daher werden jetzt erst einmal alle Optionen geprüft. Sollte es allerdings tatsächlich dazu kommen, dass wir die Erweiterung des Industriegebiets in Gölshausen nicht verwirklichen können, dann geht es auch ganz konkret um den möglichen Verlust von Arbeitsplätzen.
Hohe Energiepreise, steigende Baukosten und unsichere Wirtschaftsprognosen. Das alles hatte einen kontrovers diskutierten Haushaltsplan 2022 und eine Erhöhung der Hebesätze der Grundsteuer A und B sowie der Gewerbesteuer zur Folge. Waren diese Erhöhungen rückblickend aus Ihrer Sicht wirklich notwendig und warum?
Diese Erhöhungen waren ohne Wenn und Aber gerechtfertigt.Vor allem haben wir die Erhöhungen so rechtzeitig gemacht, dass sie den negativen finanziellen Entwicklungen noch entgegenwirken konnten. Und dass dieser Schritt richtig war, sieht man auch daran, dass jetzt viele Kommunen in dieser Hinsicht nachgezogen haben. Eine weitere Erhöhung der Steuern schließe ich allerdings zum derzeitigen Zeitpunkt aus. Das ist kein Thema für mich.
Trotz der Erhöhungen steht im Haushalt 2022 der Stadt Bretten eine rote Null. Angesichts der unsicheren Wirtschaftslage und der fragilen geopolitischen Lage, wie beurteilen Sie die Entwicklung des Brettener Etats in den kommenden Jahren?
Ich sehe da vor allem Halbschatten, aber es ist momentan auch sehr schwierig in die Zukunft zu schauen. Die Energiekrise hat uns sehr hart getroffen und wir müssen nun versuchen, von liebgewonnenen aber energieintensiven Dingen wie Dauerlicht ein wenig Abstand zu nehmen. Denn eines ist klar: man kann nicht einfach so tun, als ob nichts wäre. Finanzpolitisch sieht es ebenfalls so aus, dass Bretten in den kommenden Jahren nicht auf Rosen gebettet sein wird. Nach unserer verwaltungsinternen Haushaltsklausur haben wir derzeit ein Minus von fast 2 Millionen Euro im Ergebnishaushalt, d.h., für den laufenden Betrieb. Ich hoffe, dass wir mit dem Gemeinderat zusammen in der Haushaltsklausur im Januar 2023 Verbesserungen erreichen können.
Werden sich die Bürger auf Einschränkungen bei den sogenannten Freiwilligkeitsleistungen der Stadt (Schwimmbad, Kultur etc.) einrichten müssen, wenn die finanzielle Lage so bleibt?
Es wird eher Einschränkungen im Sanierungsbereich geben. Das heißt, dass man Gebäude nicht unbedingt in den Zustand der Schulnote 1-2 versetzt, sondern sich mit einer 2-3 und manchmal auch mit einer 3-4 zufriedengeben muss. Oder es kann heißen, dass die eine oder andere Beschaffung noch etwas warten muss.
Wie geht der Wunsch nach Einsparungen mit dem Wunsch nach der Besetzung der offenen Stellen in der Brettener Stadtverwaltung zusammen?
Das eine darf mit dem anderen nichts zu tun haben. Wir müssen unsere Aufgaben und Pflichten als Stadtverwaltung erfüllen und dafür brauchen wir ausreichend Personal. Ein Beispiel ist das Thema „Wohngeld“. Ab 1. Januar sollen deutlich mehr Haushalte Wohngeld bekommen. Das bedeutet aber auch eine deutlich höhere Zahl an Anträgen. Dafür bräuchten wir eigentlich eine Verdreifachung der Personalstärke in diesem Bereich. Auch im technischen Bereich bräuchten wir mehr Leute. Eine Stellen-Besetzungssperre wäre nur das allerletzte Mittel, um den Haushaltsetat zu entlasten.
Für die Kosten der geplanten Gartenschau im Bretten im Jahr 2031 wollte die Stadt ursprünglich zwischen 1 und 1,5 Millionen Euro jährlich zurückstellen. Ist dies angesichts der finanziellen Lage möglich?
Bei diesem Projekt müssen wir erst einmal schauen, was wir denn überhaupt bezahlen müssen. Dafür wird aktuell der Rahmenplan Gartenschau aufgestellt, der dann Mitte 2023 vorliegen soll. Dann können wir die einzelnen Projekte der Gartenschau auch kostenmäßig bewerten. Zudem wird es natürlich auch Gespräche zur Abrufung der möglichen Fördertöpfe geben. Und die Frage, ob man für die Gartenschau nun wirklich Geld zurücklegen muss oder das Ganze über Kredite finanziert wird, möchte ich hier auch noch nicht abschließend beantworten. Ich bin aber immer noch hundertprozentig davon überzeugt, dass wir die Gartenschau umsetzen sollten, weil sie einen großen Mehrwert für die Stadt bringen wird.
Was gibt Ihnen in diesen Tagen Zuversicht im Hinblick auf die Entwicklung der Stadt Bretten?
Es mag kitschig klingen, aber es ist vor allem die tolle Mannschaft im Rathaus. Hier wird von jedem einzelnen Mitarbeiter Verantwortung übernommen, um die Stadt und ihre Bürger nach vorne zu bringen. Dazu kommt das in Bretten herausragende bürgerschaftliche Engagement. Und deswegen habe ich die sichere Zuversicht, dass wir die Herausforderungen, trotz aller Widrigkeiten, meistern werden.
Autor:Christian Schweizer aus Bretten |
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