Hakenkreuz in Fenster von Bürgersaal
Paul Metzger für Beibehaltung von Wappenfenster
Bretten (ger) Im Bürgersaal des Alten Rathauses in Bretten findet sich an einem Fenster der Reichsadler mit dem Hakenkreuz, flankiert von den Wappen der Weimarer Republik und der Bundesrepublik Deutschland. In der letzten Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause hat Stadtrat Thomas Rebel (Freie Wähler) dies moniert und damit die Diskussion eröffnet, wie man mit dem Nazi-Symbol in Bretten verfahren wolle. Als ersten Schritt hat Oberbürgermeister Martin Wolff das Zeichen nun abkleben lassen, bis der Gemeinderat über das weitere Vorgehen beraten werde. Als Zeitzeuge, der 1988 an der Neugestaltung des Wappenfensters maßgeblich beteiligt war, hat sich nun Paul Metzger, Oberbürgermeister der Melanchthonstadt von 1986 bis 2010, in einer langen Stellungnahme zu Wort gemeldet.
"Wappenfenster war 1986 noch unverändert im Original"
Ihn habe die bisherige Berichterstattung über das Wappenfenster „nicht nur erstaunt, sondern höchst verärgert“, da sie „nur populistisch“ laviere. Auch habe die Stadtverwaltung „bei diesem sensiblen Thema sehr schlecht recherchiert und damit entsprechend falsch informiert.“ Denn anders als berichtet sei bei seinem Amtsantritt 1986 das Wappenfenster von 1938 noch völlig unverändert im Original erhalten gewesen: Unter dem grellweiß unterlegten und damit auffällig gemachten Hakenkreuz sei mit dem Schriftzug „Tausendjähriges Reich“ der totalitäre Machtanspruch der Nazis hervorgehoben worden.
"Unbekannt gebliebene Person hat Hakenkreuz 1987 herausgeschlagen"
Da aber „der Unrechtsstaat ‚Drittes Reich‘ zwölf Jahre lang mit seinen Symbolen realer und schlimmster Teil der deutschen Geschichte“ war, habe er, Metzger, bereits kurz nach seinem Amtsantritt „die schnellstmögliche wappen- und geschichtskonform notwendige Korrektur der überholten Darstellung“ gefordert und rasch vorbereitet, zu der auch die Ergänzung um das Wappen der Bundesrepublik gehört habe. Bei der Neugestaltung 1988 sei „mit breiter Zustimmung der Öffentlichkeit“ das Hakenkreuz, das 1987, als noch über die Gestaltung beraten wurde, von einer unbekannt gebliebenen Person herausgeschlagen worden war, in einer „eingeschwärzten Gestaltung“ wieder eingesetzt worden, was die Wirkung „maximal reduziert“ habe. Auch sei das Wappen um „die maßgeblichen Erläuterungen: 1933 bis 1945 und NS- Diktatur“ ergänzt worden.
"Viel Zustimmung, insbesondere auch bei ehemaligen jüdischen Mitbürgern"
Diese Neupräsentation habe 1988 allgemein viel Zustimmung, „insbesondere auch bei den ehemaligen jüdischen Mitbürgern“ gefunden. Viele seien seinerzeit Metzgers Einladung zum Besuch ihrer ehemaligen Heimatstadt gefolgt. „Dabei habe ich ihnen jeweils persönlich auch das neugestaltete Wappenfenster gezeigt und um ihre Meinung gebeten. Unisono haben unsere ehemaligen jüdischen Mitbürger dabei darauf hingewiesen, dass sie die unselige Zeit zwischen 1933 und 1945 vor allem mit dem Hakenkreuz, dem offiziellen Parteisymbol der NSDAP, identifizieren.“
"Zukleben wäre eine Wappen- und Geschichtsfälschung"
Metzger unterlegt seine Ausführungen auch mit der Geschichte des Hakenkreuzes, das ursprünglich als Glückssymbol in vielen Kulturen verbreitet und „von den Nazis leider als Parteisymbol der NSDAP in schlimmster Weise missbraucht“ worden sei. Ausführlich geht er auf die Gräueltaten ein, die die Nationalsozialisten während ihrer Schreckensherrschaft begangen haben. Vehement plädiert er aber für eine Beibehaltung des Wappens: „Symbol für die Völkermorde war weniger der von den Nazis von der Weimarer Republik übernommene Reichsadler, sondern das von den Nazis dem Staatswappen diktatorisch hinzugefügte Hakenkreuz. Das Zukleben wäre deshalb eine eindeutige Wappen- und Geschichtsfälschung“, damit „würde man Geschichte irreführend darstellen“, so der Alt-OB. Das sei „keinesfalls ein positiver Beitrag für die sachlich notwendige Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Naziterrors.“
"Rechtlich und moralisch nicht zu beanstanden"
Stattdessen plädiert der Alt-OB für die Sicherstellung einer Erinnerungskultur und nennt als beispielhaft dafür in Bretten die Aufarbeitung der Judenverfolgung mit der Verlegung von Stolpersteinen vor den Anwesen der ehemaligen jüdischen Familien, die am Standort der ehemaligen Synagoge aufgestellte Erinnerungstafel sowie das Kunstwerk „Das zerbrochene Rad“ im Stadtpark mit den Namen der verschleppten und in Konzentrationslagern umgebrachten Brettener Juden. Abschließend wünsche er sich vom Stadtrat „kein populistisches Verdrängen, sondern eine Bestätigung des rechtlich und moralisch nicht zu beanstandenden Wappenfenster aus dem Jahr 1988.“
Autor:Katrin Gerweck aus Bretten |
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