Stimmen aus der Brettener CDU nach der Wahl der neuen Bundesvorsitzenden: „Partei sollte konservativeren Kurs fahren“
BRETTEN (ch) Welchem Kandidaten hätten prominente Persönlichkeiten aus der Brettener CDU bei der Neubesetzung des CDU-Spitze auf Bundesebene den Vorzug gegeben? Wie beurteilen sie den Zustand der Partei nach der knappen Niederlage des konservativen Kandidaten Friedrich Merz und dem Sieg von Annegret Kramp-Karrenbauer? Und welchen Kurs sollte die Wahlsiegerin nun einschlagen. Wir lassen im Folgenden einige ausgewählte Stimmen zu Wort kommen.
Für welchen Kandidaten hätten Sie sich entschieden?
Aaron Treut: Ich hätte für Merz gestimmt, weil er die richtige Person gewesen wäre, mit Impulsen in Richtung Wirtschaft sowie konservativem Denken und Handeln einen politischen Führungswechsel herbeizuführen.
Günter Gauß: Ich glaube, dass Friedrich Merz sehr viel mehr Sachverstand in der Wirtschaft hat. Dieser Sachverstand ist momentan unterrepräsentiert in der Regierung. Er ist aber nötig, denn die wirtschaftlichen Probleme werden größer werden.
Paul Metzger: Mein eindeutiger Favorit war Merz, weil er die Parteienlandschaft der Volksparteien wieder erträglicher gestaltet hätte. Nun befürchte ich, dass sich diejenigen, die ihre Hoffnung auf Merz gesetzt haben, endgültig abwenden.
Michael Nöltner: Ich freue mich für Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK). Sie hat sehr viel riskiert, als sie im Frühjahr ihren Ministerpräsidentenposten im Saarland aufgegeben hat. Aber Merz wäre für mich auch eine Option gewesen, weil er die zur AfD Abgewanderten zurückgeholt hätte. Ich zähle mich nicht zu den ganz Konservativen in der CDU, aber es kommt auf das Thema an. AKK ist eine durchaus gute Wahl. Sie wird sich aus dem langen Schatten von Kanzlerin Merkel lösen und in bestimmten Dingen anders agieren. Allenfalls ihr langer Doppelnamen ist ein Stolperstein, aber die Frau hat was auf dem Kasten.
Waltraud Günther-Best: Man hätte alle drei wählen können, auch Spahn. Persönlich hätte ich vielleicht lieber AKK gewählt. Ich stehe eher in der Mitte und fand Merkel immer gut. Aber auch Merz hätte enorme Vorteile gehabt.
Isabel Pfeil: Von der Sympathie her hätte ich für AKK gestimmt. Auch weil sie eine Frau ist. Aber alle drei sind starke Redner.
Manfred Hartmann: Die CDU sollte wieder konservativer werden und sich auf ihre ursprünglichen Werte besinnen. Insofern wäre Merz der geeignete Kandidat gewesen.
Steht der CDU eine Zerreißprobe ins Haus?
Aaron Treut: Das glaube ich weniger. AKK muss nun versuchen, die beiden Lager zu verschmelzen. Das Problem wird sein, dass viele ein „Weiter so“ befürchten und das kann nicht gut sein. Wir haben das bei Kohl erlebt: Irgendwann wollen die Leute eine Veränderung.
Günter Gauß: Ich glaube nicht an eine Zerreißprobe, aber ich sehe schon die Enttäuschung an der CDU-Basis. Vielleicht kann sich AKK von Merkel absetzen. Wenn sie es nicht tut, wird es weiter rumoren.
Paul Metzger: Strauß hat sinngemäß gesagt: Rechts neben der CDU darf keine weitere Partei angesiedelt sein. Es wäre staatspolitisch gut, wenn die CDU Stimmen zurückholen würde, die bei der AfD gelandet sind.
Michael Nöltner: An eine Zerreißprobe glaube ich nicht. Es war ein guter und fairer Wettbewerb. Ich traue AKK zu, dass sie die CDU eint. Die CDU tendiert nicht dazu, sich selbst zu zerfleischen.
Waltraud Günther-Best: Eine Zerreißprobe? Das glaub ich nicht. Das ist typisch deutsch, dieses Rumgejammer. Gebt doch dem neuen Gespann aus Parteivorsitzender und ihrem neuen Generalsekretär Paul Ziemiak erst mal eine Chance, eine Politik zu machen, die alle Mitglieder mitnimmt. Ich bin gespannt auf den nächsten Stammtisch am letzten Montag im Januar. In Bretten sind wir eine bunte Mischung, was ich gut finde.
Isabel Pfeil: Die Zerreißprobe ist schon lange da. Viele sagen AKK ist ein Abklatsch von Merkel. Aber ich denke, da wird was Positives kommen. Sie hat als Ministerpräsidentin viel Erfahrung gesammelt. Sie soll sich erst mal beweisen. Mit Vorurteilen sind wir Menschen sehr schnell.
Manfred Hartmann: Letzten Endes muss sich die CDU zusammenraufen.
Welchen Kurs sollte die CDU künftig einschlagen?
Aaron Treut: Die CDU ist unter Merkel sehr stark nach links gerückt. Der CDU und dem Land würde es guttun, wenn sie wieder mehr in die Mitte rückte, um denjenigen am rechten Rand wieder eine politische Heimat zu geben. Das heißt: Konservative Werte vertreten und eine klare Kante zeigen. Wir müssen den „Diesel-Unsinn“ verhindern. Da wird unter dem Vorzeichen Umweltschutz ein wichtiger Wirtschaftszweig bewusst an die Wand gefahren. Momentan fehlt eine starke CDU, die sagt: Stop! Damit würden wir Wählerstimmen zurückgewinnen. Ich bin ein konservativ denkender Mensch, und das lebe ich auch. Zum Beispiel kämpfe ich dafür, dass wir den Kindergarten in Ruit als Neubau an die Grundschule bekommen.
Günter Gauß: Man muss eine klare Linie fahren, die unabhängig vom Zeitgeist und vom Mainstream ist. Die Asylentscheidung von Merkel 2015 war verkehrt, es gab eine Sozialdemokratisierung, unser Profil ist im Moment verwaschen. Bei wirtschaftlichen Fragen fehlt mir der Sachverstand: Die Stabilitätskriterien beim Euro sind aufgeweicht.
Paul Metzger: Die Devise „bewahren und erneuern“ beschreibt sehr gut die CDU-Politik. Wenn man von seinen Grundsätzen abweicht, wird man peu a peu die Wählergunst verlieren. Die CDU ist gut beraten, wenn sie ihre Grundsätze wieder schärft und ihren Wertkonservatismus herausstellt.
Michael Nöltner: Ich würde AKK empfehlen, die CDU nicht noch weiter nach links zu führen, sondern einen etwas konservativeren Kurs zu fahren. Sicherheit und Ordnung sin den Menschen sehr wichtig. Auch die Cannabis-Legalisierung halte ich für Quatsch, das ist eine Einstiegsdroge. Dafür habe ich kein Verständnis.
Waltraud Günther-Best: Ein paar Korrekturen müssen sein, weil es eine große Unzufriedenheit gab. Die Bürger regen sich in erster Linie auf, weil es relativ viele Ungerechtigkeiten gibt, zum Beispiel beim Geld für Flüchtlinge. Die Sozialleistungen müssen überprüft werden.
Isabel Pfeil: Wir Jungen finden in der CDU viel Gehör. Auch der neue Generalsekretär Paul Ziemiak ist noch jung und kam von der Jungen Union. Als junger Mensch stößt man in der CDU auf offene Türen.
Manfred Hartmann: Die CDU hat sich zu weit von den konservativen Werten entfernt. Ich nenne nur die innere Sicherheit.
Die Fragen stellte Chris Heinemann
Lesen Sie auch den Artikel zum Thema
Autor:Chris Heinemann aus Bretten |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.