Wechsel im Gemeinderat Bretten macht Veränderungen bei Ausschüssen und Posten des OB-Stellvertreters möglich
Treut wechselt von CDU- zu "die aktiven"-Fraktion

Die Ratsfraktion der "aktiven" mit ihrem neuen Mitglied (von links): Ariane  Maaß, Jörg Biermann, Armin Schulz, Wolfgang Lübeck und Aaron Treut.
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  • Die Ratsfraktion der "aktiven" mit ihrem neuen Mitglied (von links): Ariane Maaß, Jörg Biermann, Armin Schulz, Wolfgang Lübeck und Aaron Treut.
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Bretten (swiz) Während die Politik in vielen Gemeinden derzeit in der Sommerpause weilt, ist in Bretten eine kommunalpolitische Bombe geplatzt: Der ehemalige Vorsitzende der CDU-Gemeinderatsfraktion und bisherige Stadtrat der Christdemokraten, Aaron Treut, hat die Fraktion sowie die CDU Bretten mit sofortiger Wirkung verlassen. Doch damit nicht genug, das neue Zuhause von Treut wird im Gemeinderat die Fraktion der Wählerinitiative "die aktiven". Der politische Wechsel verschiebt auch die Kräfteverhältnisse im Rat, denn die CDU verliert damit einen Sitz und hat noch sechs Plätze, während "die aktiven" einen Platz hinzugewinnen, damit fünf Sitze haben und zur zweitstärksten Fraktion werden.

"Das ist eine Win-win-Situation"

Beim Gespräch mit der Brettener Woche zeigen sich "aktiven"-Fraktionssprecher Jörg Biermann und Stadtrat Wolfgang Lübeck hoch erfreut über den Zuwachs. "Das ist eine Win-win-Situation, die sich da für uns ergeben hat", so Lübeck. Treut bekomme eine zu ihm passende, unabhängige und überparteiliche Fraktion und "die aktiven" würden durch den Ruiter Ortsvorsteher mehr politisches Gewicht erhalten. Zudem sei der frühere CDU-Stadtrat in der Bevölkerung bekannt und geschätzt, betont Lübeck. Es sei nun aber nicht geplant, dass man neben dem Stadtrat auch die Themen der CDU übernehme, erklärt Biermann bestimmt. Vielmehr wolle man, wo es angebracht sei, auch weiterhin objektiv verwaltungskritisch arbeiten, aber auch loben, wenn es die Gelegenheit gäbe. Grundsätzlich, so der Fraktionssprecher der "aktiven", würden die Probleme und Aufgaben einer Kommune sowieso nicht durch Parteiideologien, sondern durch Pragmatismus gelöst.

"Nicht mehr erträgliches Ausmaß"

Treut selbst, hatte sich zuvor in einem Statement zu den Gründen für seinen Fraktionswechsel geäußert. "Wenn die äußeren Verhältnisse mit der inneren Einstellung nicht mehr vereinbar sind, entstehen Konflikte", erklärt Treut seinen aufsehenerregenden Schritt. Unter Spannungen gute politische Arbeit zu leisten, sei auf Dauer nicht möglich. Dann wird der Stimmenkönig der letzten Gemeinderatswahl deutlicher: "Nachdem die letzten zweieinhalb Jahre nach der Brettener Oberbürgermeister-Wahl für mich ein politisch schwieriges Unterfangen und oft eine persönliche Gratwanderung waren und die Arbeit innerhalb der CDU-Gemeinderatsfraktion des Öfteren mit vielen Konflikten behaftet war, hat die Enttäuschung über das Verhalten von Teilen der CDU-Gemeinderats-Fraktion inzwischen ein für mich nicht mehr erträgliches Ausmaß angenommen."

Ideen wurden "ausgebremst"

Seine Enttäuschung, so Treut, begründe sich hauptsächlich auf der Tatsache, "dass trotz meiner guten Stimmergebnisse bei der OB-Wahl als auch bei der Kommunalwahl und meiner jahrelangen intensivsten Arbeiten für die Brettener CDU, sehr offensichtlich ein anderer Kandidat eher unterstützt werden soll, wenn es zu einer neuen Wahl für ein Brettener Spitzenamt kommt." Das habe aber zur direkten Folge, dass alle politische Arbeit und viele Ideen, die er in den letzten zweieinhalb Jahren mit eingebracht habe, kritisch betrachtet und teilweise ausgebremst worden seien, kritisiert der amtierende Ruiter Ortsvorsteher. "Sonst hätte ich ja möglicherweise Pluspunkte sammeln können, die nicht gewünscht sind."

Verlasse CDU nicht im Bösen

In seiner Stellungnahme spart Treut auch weiter nicht mit Kritik an seiner ehemaligen Fraktion: "Meine Vorstellungen von Kommunalpolitik, Bürgernähe und aktivem Arbeiten sind mit dem Taktieren einzelner Mitglieder der CDU-Fraktion nicht mehr in Einklang zu bringen. Als Gemeinderat folge ich vor allem meinem Gewissen und habe dabei in erster Linie die Fortentwicklung der Stadt und das Wohl ihrer Bürgerinnen und Bürger im Auge, auch wenn das hin und wieder nicht parteikonform ist." Dennoch, so Treut, verlasse er die CDU nicht im Bösen und stehe auch weiter für einen kollegialen Austausch zur Verfügung. Ganz den Rücken kehrt Treut der CDU allerdings nicht. Auf Kreisebene bleibe er weiterhin Christdemokrat, "da dies inhaltlich weiter meiner politischen Ausrichtung entspricht".
Sein Wechsel im Gemeinderat zur "aktiven"-Fraktion habe vor allem inhaltliche Gründe. "Ich sympathisiere seit geraumer Zeit mit der Arbeitsweise der Gruppierung. Diese agiert in meinen Augen sehr pragmatisch, kommunalpolitisch klug, unabhängig und bürgernah. Das trifft recht gut die Verfahrensweise, die mir nahe liegt."

"Alleingänge sorgen auf Dauer für unnötige Unruhe"

Auch die CDU-Gemeinderatsfraktion hat auf den Paukenschlag mit einer Erklärung reagiert. Treut habe die Fraktion am vergangenen Donnerstag per Sprachnachricht über seinen Entschluss informiert, heißt es da. Die Fraktion akzeptiere diesen von ihm gewählten Schritt, seien dem Fraktionswechsel doch sehr viele offene und intensive Gespräche innerhalb der Fraktion vorausgegangen, ist in dem Schreiben außerdem zu lesen. Während sich dieser Satz noch fast harmonisch liest, wird die Fraktion in der weiteren Stellungnahme sehr viel kritischer gegenüber ihrem ausgeschiedenen Mitglied: "Eine zielorientierte Fraktionsarbeit ist nur dann stimmig, wenn alle Mitglieder gemeinsam transparent und fair zusammenarbeiten. Alleingänge sorgen auf Dauer für unnötige Unruhe und Unzufriedenheit. Einseitige Machtinteressen führten außerdem zu internen Konflikten und Dauerkollisionen mit der Verwaltung."

"Zum Wohle der Stadt positionieren"

Es müsse, so die Fraktion in ihrer Erklärung, vielmehr "das vertrauensvolle Miteinander im Mittelpunkt der bürgerlichen Mitte stehen". Aus diesem Grund sei vor der Sommerpause auch die Fraktionsspitze neu gewählt worden (wir berichteten). Nun habe Treut als persönliche Konsequenz die Fraktion aus freien Stücken mit eigenen Zielen verlassen. Am Ende ihrer Stellungnahme werden die CDU-Stadträte dann noch einmal kämpferisch: "Auch wenn Treut durch seinen Fraktionswechsel der CDU bewusst einen Fraktionsplatz wegnimmt, wird sich die CDU als stärkste Fraktion auch weiterhin zum Wohle der Stadt positionieren, wohl wissend, dass man nicht allen Interessen gerecht werden kann."

"Vertreten ein vielfältiges Meinungsspektrum"

Im Gespräch mit der Brettener Woche will Martin Knecht, amtierender CDU-Fraktionsvorsitzender, die Äußerungen zu Treuts Wechsel aber nicht als Denkverbot verstanden wissen. Man müsse sich natürlich an die demokratischen Spielregeln halten, aber, "wir vertreten als Volkspartei ein vielfältiges Meinungsspektrum. Dieses gilt es zu diskutieren, Schwerpunkte zu setzen und dann möglichst mit einer klaren Richtung damit in die Öffentlichkeit zu gehen". Dabei sei jeder "seinem persönlichen Gewissen, unserem gemeinsam erstellten Wahlprogramm und natürlich den Bürgern verpflichtet."

"Ich war schon überrascht"

Der Fraktionswechsel von Aaron Treut hat indes auch Folgen für die Abläufe und die Struktur des Gemeinderats. Man habe diesbezüglich schon Rücksprache mit dem Städtetag gehalten, erklärt Bürgermeister Michael Nöltner im Gespräch mit der Brettener Woche. „Das ist eine Sondersituation, wie wir sie in Bretten das letzte Mal vor rund 30 Jahren hatten.“ Neben einer Änderung der Sitz- werde es in jedem Fall auch eine Umstellung in der Redeordnung geben. So werden „die aktiven“ ab sofort als zweitstärkste Fraktion auch als zweite das Rederecht bekommen, nach der CDU. Bisher hatten dieses Recht die Grünen inne. Eine Neubesetzung der Ausschüsse müsse grundsätzlich nicht erfolgen, „da die Wahl der Ausschuss-Mitglieder personen- und nicht parteibezogen ist“. Dennoch könne der Gemeinderat eine Neubesetzung der Ausschüsse durch eine einfache Mehrheit beschließen, so Nöltner. Das gleiche gelte auch für eine eventuelle Neuwahl des Oberbürgermeister-Stellvertreters. „Das wird in der Sitzung des Ältestenrats am 15. September besprochen." Den Wechsel kommentiert der Bürgermeister indes relativ knapp: „Ich war schon überrascht, dass es so passiert ist, auch wenn ich bestimmte Dinge nachvollziehen kann“.

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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