Zur neuen Bon-Pflicht sind Geschäftsinhaber geteilter Meinung
Von „überflüssig“ bis „wie gehabt“

BRETTEN/REGION (ch) Die seit Jahresbeginn geltende Pflicht zur Ausgabe von Kassenbons hat bundesweit den Unmut von Inhabern kleiner Geschäfte erregt. Von einem „Bürokratiemonster“ war die Rede, andere klagten über teils existenzbedrohende finanzielle Zusatzbelastungen oder unnötige Müllberge. In Bretten und Umgebung ist das Echo hingegen geteilt, wenn auch anscheinend überwiegend entspannt, wie eine stichprobenartige Befragung unter Einzelhändlern ergab.

Ausnahmeregelung gefordert

Als „völlig überflüssig für kleine Beträge, wie sie in Bäckereien vorkommen“ kritisiert der Knittlinger Bäckermeister Martin Reinhardt die neue Bon-Pflicht, mit der laut Bundesregierung dem Steuerbetrug ein Riegel vorgeschoben werden soll. Reinhardt, der zugleich Obermeister der Bäcker-Innung Pforzheim/Enzkreis ist, hat auch gar nichts gegen die mit dem neuen Kassengesetz verbundene Absicht einer besseren Kontrolle der Versteuerung. Das unterstütze er, „nur die Ausführung bei Kleinstbeträgen kann und muss man besser lösen“, wendet er ein. Deshalb hofft er auf eine nachträgliche Ausnahmeregelung für Beträge unter zehn Euro. Denn, so Reinhardt: Bei einem durchschnittlichen Bon-Umsatz von vier bis fünf Euro wolle kein Kunde einen Bon. Von 100 ausgegebenen Bons landeten etwa 98 im Abfall, was nur unnötig neue Müllberge produziere. Ganz zu schweigen von den Kosten für die Kassenumstellung in Höhe von einmalig 1.800 Euro plus jährliche Bon-Kosten von bis zu 4.000 Euro, "ohne dass wir ein Brötchen mehr verkaufen."

Digitale Lösung in Sicht

Zurückhaltender äußert sich Marc Thollembeek, seit 2018 zusammen mit seiner Frau Annika Inhaber der früheren Bäckerei Gerweck mit über 50 Filialen im ganzen Kraichgau. Über die neue Belegausgabepflicht wolle er „nicht politisieren“ und sich „auch nicht beklagen, sondern das Beste daraus machen.“ Was er darunter versteht? „Aus Gründen der Nachhaltigkeit“ plane er, „zeitnah einen digitalen Kundenbon einzuführen“, erläutert der Chef von über 400 Mitarbeitern. Dazu seien die Kassensysteme bereits 2019 mit Kundenbildschirmen ausgestattet worden, auf denen der Bon künftig in Form eines QR-Codes ausgegeben werden soll. Wer einen Kassenbon wolle, können diesen künftig mit seinem Smartphone scannen, ohne dafür eine spezielle App oder Registrierung zu benötigen. Die Papierbons betrachtet Marc Thollembeek insofern als „Übergangslösung“. Wer kein Smartphone besitze oder ausdrücklich einen Papierbon wünsche, bekomme diesen selbstverständlich auch weiterhin ausgehändigt.

Bons in der Tüte

„Ich schwimme nicht mit auf dieser Bon-Hysterie“, teilt Axel Zickwolf mit. Der Inhaber der Brettener Fachmetzgerei Bon Appetit will nach eigenen Worten „niemand an den Karren fahren“, aber in seinem Geschäft sei die Situation wie gehabt: „Wir legen die Bons seit Jahr und Tag mit in die Tüte.“ Seine Erfahrung: „Die an der Kasse liegenbleibenden Bons sind verschwindend gering.“ Außerdem sei die Lösung des Problems einfach: „Man kann die Kunden fragen, ob sie einen Bon wollen.“ Zugleich weist der Metzgermeister auf einen anderen Aspekt hin: Zwar seien die mit dem mutmaßlich gesundheitsschädlichen Bisphenol A beschichteten Thermopapiere als Kassenbons seit Jahresbeginn verboten, aber die Händler hätten ja noch Vorräte, die verbraucht werden müssten.

Keine Veränderung bei Apotheke und Friseur

Ebenfalls „keine Veränderung“ der bisherigen Praxis sieht der Inhaber des Brettener Käseladens. „Wir legen den Bon in die Tüte“, sagt auch Joachim Brust. Wer den Bon nicht wolle, bekomme ihn auch nicht aufgedrängt. Apotheker Gebhard W. Nagel von der Marktapotheke schräg gegenüber vom Käseladen sagt sogar: “In unserer Branche ist es schon lange gang und gäbe, dass alles dokumentiert wird.“ Cent-Artikel würden wenig einzeln gekauft, sondern eher zusätzlich – „und da lohnt sich ein Kassenbon allemal.“ Auch Friseurmeisterin Elke Rath, die seit einiger Zeit nicht mehr in Rinklingen, sondern im Diedelsheimer Aussiedlerhof ihrer Eltern ihr verkleinertes Haarmode-Geschäft betreibt, stört sich nicht an der neuen Bon-Pflicht: Da sie schon länger eine Registrierkasse habe, gebe sie die Bons raus, „früher hab ich sie weggeworfen.“ Zugleich äußert sie Verständnis für die Bäcker: „Da ist es sicher unsinnig, für jedes Weckle einen Bon auszugeben.“

Autor:

Chris Heinemann aus Bretten

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