Folge der vom Kultusministerium geplanten Vorverlegung des Stichtags für die Einschulung auf 30. Juni
2020/21 könnte es in den Kitas eng werden
BRETTEN (ch) Für Kinder, die im Spätsommer 2020 in Bretten in den Kindergarten kommen, könnte es eng werden. Der Grund: Die Stadt rechnet damit, dass bis zu 70 potenzielle Schulanfänger womöglich nicht eingeschult werden, weil das Kultusministerium vorhat, den Stichtag für die Einschulung ab dem kommenden Jahr auf den 30. Juni vorzuverlegen.
Städtetag für schrittweise Vorziehung
Damit reagiert das Ministerium auf eine Elternpetition unter dem Motto „Stoppt die Früheinschulung in Baden-Württemberg“. Der Städtetag geht nach Auskunft seiner Sprecherin Christiane Conzen von landesweit rund 19.000 Kindern aus, deren Einschulung verschoben wird. Eine Zahl, die der Leiter des Staatlichen Schulamts Karlsruhe, Dr. Rüdiger Stein, zum jetzigen Zeitpunkt kritisch sieht: „Für uns gilt die Sprachregelung, dass die politische Entscheidung noch abzuwarten ist.“ Noch sei unklar, wann und wie die Vorziehung des Stichtags umgesetzt wird. Die Städtetagssprecherin setzt ihre Hoffnung auf ein Gespräch Anfang September, bei dem man Kultusministerin Susanne Eisenmann für eine schrittweise Vorziehung des Stichtags gewinnen will.
Stadtverwaltung sieht „Verwerfungen“
Kommt es indes wie geplant, würde etwa ein Viertel des Jahrgangs ein Jahr länger im Kindergarten bleiben und seine Plätze nicht wie bisher für neue Kinder freimachen. Vor allem bei den Städten, wo Kita-Plätze oft knapp sind, haben deshalb laut Conzen „postwendend die Alarmglocken geläutet“. „Das gibt natürlich Verwerfungen“, sagt auf Nachfrage der Leiter des Brettener Amts für Bildung und Kultur, Bernhard Feineisen. Nach seinen Worten sind die Betreuungseinrichtungen momentan, gegen Ende des Kita-Jahres, zwischen 85 und 100 Prozent ausgelastet. Genauer gesagt: „Einzelne Betreuungsformen sind mehr, einige weniger ausgelastet.“ Man habe zwar ein paar Plätze „zum Jonglieren“, aber zusätzliche Kindergartenplätze könne die Stadt „von heute auf morgen keine“ aus dem Boden stampfen.
Neue Kita-Plätze nicht vor 2021
Für 70 Kinder bräuchte man etwa drei zusätzliche Kindergartengruppen, rechnet Feineisen vor. Zwar sind im städtischen Bedarfsplan zwei neue Kindergärten vorgesehen: Auf das Mellert-Fibron-Areal gegenüber vom Kraichgau-Center soll der bislang in Gölshausen in Containerräumen untergebrachte Kindergarten des FAM e.V. umziehen. Dessen aktuell zwei Gruppen mit 37 Plätzen könnten um weitere fünf bis sieben Regelplätze und bis zu 24 Krippenplätze vergrößert werden. Und im Steinzeugpark ist die Eröffnung einer weiteren Schneckenhaus-Kita mit drei bis vier Gruppen und maximal 72 Plätzen sowie einer Krippe mit bis zu 17 Plätzen geplant. Aber diese Plätze stehen laut Feineisen „nicht vor 2021“ zur Verfügung.
Für ein Jahr „zusammenrücken“
Daher bleibt nach Aussage des Amtsleiters wohl nichts Anderes übrig, als dass die Kindergärten die Gruppenstärke von derzeit durchschnittlich 22 Kindern „mit Einverständnis der Aufsichtsbehörden um ein bis zwei Kinder“ jeweils überziehen. Für ein Jahr müsse man eben „zusammenrücken“. Bernhard Feineisen hofft zudem, dass „mindestens 20“ der errechneten 70 Kinder dennoch in die Schule kommen, aber ganz sicher wisse er dies noch nicht. Denn die Eltern müssten dies dann von sich aus beantragen.
Stadt will steuern
Um die Situation im Griff zu behalten, will die Stadtverwaltung laut Feineisen beim neuen zentralen Anmeldeverfahren für die insgesamt 22 städtischen, konfessionellen und freien Einrichtungen in Bretten ihre Steuerungsmöglichkeiten nutzen. Das heißt, bei Kindergärten, in denen absehbar mehr Kinder länger bleiben, werde man „gezielt zurückhaltender“ mit der Neubelegung umgehen, so Bernhard Feineisen. Er ist optimistisch, dass die Herausforderung so zu bewerkstelligen sein müsste. Allerdings könnten unerfüllte Elternwünsche nach einer bestimmten Kita auch Unmut hervorrufen.
Kleinere Grundschulklassen
Allein die Grundschulen dürften angesichts eines Jahres mit weniger Schulanfängern etwas aufatmen, glaubt die Städtetagssprecherin. Eine Perspektive, die Feineisen nicht teilt: „Wenn 70 Kinder fehlen, gibt es kleinere Klassen.“ Allein zehn dieser Kinder seien aus Diedelsheim, 38 aus der Kernstadt. Vielleicht komme im Einzelfall „gar keine Klasse zustande“. Daraus abgeleiteten Befürchtungen, es könnten auch Grundschulstandorte in Gefahr geraten, tritt Schulamtsleiter Dr. Stein jedoch energisch entgegen: „Da wird keine Grundschule geschlossen.“ Es gebe schließlich noch die Möglichkeit, Klassen jahrgangsübergreifend vorübergehend zusammenzulegen. Denn auch dem Ministerium sei das Motto „Kurze Beine, kurze Wege“ nach wie vor wichtig.
Autor:Chris Heinemann aus Bretten |
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