Pfarrer trotzen Rom
Aus Protest Homosexuelle segnen

Foto: etfoto Erich Teister - stock.adobe.com
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Baden-Baden/Freiburg (dpa/lsw) Eine Regenbogenflagge vor der Kirche und ein Segnungsgottesdienst explizit «für alle Paare» - was sich dieser Tage an der Autobahnkirche Baden-Baden tut, will Pastoralreferent Norbert Kasper als deutliches Statement verstanden wissen: gegen das jüngst verkündete Nein des Vatikans zur Segnung homosexueller Paare.

#liebegewinnt

Mit seiner Haltung ist Kasper nicht allein: In den Tagen rund um den 10. Mai bieten katholische Gemeinden unter dem Motto #liebegewinnt bundesweit Segnungsgottesdienste explizit auch für lesbische und schwule Paare an. Im Südwesten beteiligen sich neben der Autobahnkirche Baden-Baden etwa Gemeinden in Freiburg und Konstanz an der Aktion. Der Vatikan hatte Mitte März die Segnung homosexueller Paare verboten, da dies «objektiv» nicht Gottes Wille entspreche - und damit einen Proteststurm in der deutschen katholischen Kirche ausgelöst.
«Wir haben die Flagge aufgehängt, um zu zeigen, dass es uns um alle Paare geht», sagt der Baden-Badener Pastoralreferent Kasper der Deutschen Presse-Agentur. Er will am Sonntagmittag in der Autobahnkirche zwei Stunden lang Liebende segnen, egal welcher sexuellen Orientierung. Dass der Vatikan sage, dies dürfe nicht sein, sei so «unnötig wie ein Kropf», sagt Kasper. Viele in der Gemeinde fragten sich: «Was soll denn das jetzt auch noch?»
Er habe von einigen gleichgeschlechtlichen Paaren gehört, die aufgrund der Ansage aus Rom nun aus der Kirche ausgetreten seien. «Das ist ein Verlust von Vielfalt», bedauert er. Mit der Aktion wollten er und das mitverantwortliche Team zeigen: «Hier besteht diese Offenheit. Hier soll diese Ausgrenzung nicht stattfinden. Ihr seid hier willkommen!»

Keine Sympathie in Freiburg

Die Aktion #liebegewinnt stößt in der Erzdiözese Freiburg nicht auf allzu große Sympathie. Eine Sprecherin erklärt dazu: «Segnungsgottesdienste als kirchenpolitische Manifestation abzuhalten, halten wir (...) für wenig dialogfördernd innerhalb der katholischen Kirche.» Der Synodale Weg - ein derzeit laufender Reformprozess - scheine für diese grundlegenden Diskussionen das geeignetere Forum darzustellen.
Das Bistum hatte zuletzt erklärt, sich an das Nein aus Rom halten zu wollen. Eine scheinbare Gleichsetzung von kirchlicher Trauung und Segnung gleichgeschlechtlicher Paare sei zu vermeiden, hatte der Sprecher der Erzdiözese damals mitgeteilt. Dies sei der Wille der Glaubenskongregation des Vatikans - und den teile man auch in Freiburg.

«Wir sehen das nicht als Revolte, sondern als Selbstverständlichkeit»

Dieses Argument will Siegfried Huber, leitender Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde Freiburg Südwest, nicht gelten lassen. «Wer zu einer Trauung dazukommt, wird den Unterschied deutlich merken», sagt er. Das zu verwechseln, könne nur mutwillig geschehen. In der Kirche St. Andreas will er am Freitag einen ökumenischen Segnungsgottesdienst abhalten, laut Online-Ankündigung für Menschen in Beziehungen, «die sich lieben, unabhängig ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität». «Wir sehen das nicht als Revolte, sondern als Selbstverständlichkeit», sagt Huber.
Kämpferischer klingt Pfarrer Armin Nagel aus Konstanz, der am Montagabend in der Kirche St. Peter und Paul einen Gottesdienst für Liebende anbieten will. Er bezeichnet das Machtwort aus Rom als «unsägliche Verlautbarung». «Danach war es für mich an der Zeit, nicht nur Worte zu liefern, sondern Taten folgen zu lassen.»

Das Segnungsverbot gehe an der Lebenswirklichkeit der Menschen «knallhart vorbei», sagt Nagel. «Das ist ein Schlag ins Gesicht für Betroffene und auch für die Seelsorger vor Ort.» Wenn er das, was die Kirche derzeit lehre, ernst nehmen würde, sagt der Pfarrer, müsste er Geschiedenen oder Homosexuellen sagen: «Pech gehabt.» Angesichts dessen sei es kein Wunder, dass die Menschen massenhaft aus der Kirche austräten.

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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