Forscher: Zu viele Reformen erschweren Unterricht
Das schlechte Abschneiden Baden-Württembergs beim Schulleistungsvergleich zeigt aus Sicht eines Bildungsexperten, dass die Qualität im Bildungswesen des Landes schon lange zu wünschen übrig lasse.
Stuttgart (dpa/lsw) - Das schlechte Abschneiden Baden-Württembergs beim Schulleistungsvergleich zeigt aus Sicht eines Bildungsexperten, dass die Qualität im Bildungswesen des Landes schon lange zu wünschen übrig lasse. «Frühere Schulvergleiche haben gezeigt, dass Baden-Württemberg schon seit Jahren stagniert, während sich andere Bundesländer weiterentwickelten», sagte Ulrich Trautwein, Bildungsforscher an der Universität Tübingen im Nachrichtenmagazin «Spiegel».
"Schulreformen haben Unruhe ins Schulsystem gebracht"
Vor 2011 sei im Südwesten die CDU an der Macht und nur begrenzt bereit gewesen, Probleme wahrzunehmen und anzugehen. «Und wo sie es tat, fand sie nicht immer die besten Lösungen. Lehrkräfte waren vom Bildungsplan 2004 überfordert und fühlten sich von der Politik alleingelassen.» Zudem hätten Schulreformen der vorigen grün-roten Landesregierung Unruhe ins Schulsystem gebracht und die Lehrkräfte abgelenkt.
"Schule muss vor allem Spaß machen"
Die von Grün-Rot eingeführte Gemeinschaftsschule beteiligte sich zwar nicht an der Studie, da Neuntklässler geprüft wurden und die Gemeinschaftsschulen noch keine neunten Klassen hatten. Auch der erst vor wenigen Jahren beschlossene Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung kann sich noch nicht in dem Ergebnis niedergeschlagen haben. «Jedoch hat es eine Signalwirkung fürs gesamte Schulsystem gegeben, Notenhürden abzuschaffen. Es gab in Baden-Württemberg viele Propheten, die gesagt haben: Schule muss vor allem Spaß machen, wir hängen Leistung zu hoch», betonte Trautwein.
Strukturreformen belasten aus Sicht von Trautwein die Lehrkräfte und können dafür sorgen, dass diese Aufgaben falsch priorisieren. «Sie planen und sitzen in Konferenzen, anstatt den Unterricht vorzubereiten oder einzelne Schüler zu fördern. Sie sind abgelenkt vom Kerngeschäft».
Eine Aufstockung der Lehrkräfte allein werde den Unterricht nicht verbessern. «Dazu gehört neben systematischer Fortbildung auch, Lehrer sorgfältig auszuwählen.» Baden-Württemberg hatte in den vergangenen Jahren einen hohen Bedarf an Pädagogen. «Praktisch jeder, der mit dem Referendariat fertig wurde, bekam direkt eine Stelle auf Lebenszeit, es gab kaum einen Bewerberüberhang. Das ist auf Dauer nicht gut», betonte Trautwein.
Autor:Kraichgau News aus Bretten |
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