Schüler gedenken an NS-Opfer
Mahnwache an Stolpersteinen

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Bretten (hk) Am Abend des 9. November setzten Schülerinnen und Schüler des Melanchthon-Gymnasiums (MGB) die langjährige Tradition des Gedenkens an den Stolpersteinen in Bretten fort. Dieses Projekt, das die Schule über viele Jahre hinweg begleitet, widmet sich dem Erinnern an die Opfer der nationalsozialistischen Deportation, Verfolgung und Ermordung. Ab 18 Uhr versammelten sich die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe an den Stolpersteinen. Dort teilten sie mit interessierten Passanten berührende Einblicke in die Lebensgeschichten der einzelnen Opfer – eine Geste des Gedenkens, die mittlerweile zu einem bedeutsamen Bestandteil der Brettener Friedenstage herangewachsen ist, wie Bürgermeister Michael Nöltner in seiner Ansprache verdeutlichte.

Menschlichkeit nicht aufgeben

„Wir schreiben das Jahr 2023 und in Deutschland haben Jüdinnen und Juden wieder Angst, auf die Straße zu gehen. Jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger fürchten sich vor Anfeindungen. Israel-Fahnen werden von den Masten gerissen und zertrampelt – so geschehen auch bei uns in Bretten“, äußerte Nöltner. Der Bürgermeister richtete einen eindringlichen Appell an die gemeinsame Verantwortung, sicherzustellen, dass sich das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte nicht wiederholt. „Eine lebendige Erinnerungskultur hilft zu begreifen, wohin es führen kann, wenn wir die Menschlichkeit aufgeben“, fügte Nöltner hinzu.

"Würdevoll an das Schicksal der Menschen erinnern"

Seit dem Jahr 2005 haben sich Schülerinnen und Schüler der Oberstufe im Fach Geschichte am MGB auf die Spuren jener Brettenerinnen und Brettener begeben, die dem nationalsozialistischen Regime zum Opfer fielen. Das Ergebnis der Bemühungen der Jahrgänge zeigt sich heute in Form von rund 30 Stolpersteinen, die als eindringliche Zeugnisse einer schmerzhaften Vergangenheit stehen. „Würdevoll an das Schicksal dieser Menschen zu erinnern, ist inzwischen zu einem festen Programmpunkt der Brettener Friedenstage geworden“, betonte der Bürgermeister.

Bekenntnis zu gegenseitiger Akzeptanz und gewaltfreiem Miteinander

Auch Rektorin Elke Bender unterstrich die Erinnerung an die Geschichte und die Bedeutung der Werte, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung prägen. „1938 brannten die Synagogen, sie wurden systematisch angezündet“, erinnerte Bender. Sie betonte entschieden, dass das Verbrennen von Büchern und Fahnen in einer Demokratie keinen Raum finden dürfe. Bender hob außerdem die Relevanz des gewaltfreien Austauschs hervor und ermutigte dazu, Differenzen mit Worten zu überwinden.
In ihrer Rede appellierte sie auch daran, das Leid der Menschen in Palästina nicht aus den Augen zu verlieren, die unter der Instrumentalisierung der Hamas leiden. „Letztlich geht es um das, was unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung auszeichnet: Toleranz gegenüber Andersdenkenden und vor allem die im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit“, unterstrich Bender. Sie drückte ihren Dank gegenüber den Schülerinnen und Schülern für ihre Bereitschaft aus, Zeugnis abzulegen, und betonte, dass die Anwesenheit eines jeden Einzelnen ein Bekenntnis zu Demokratie, Toleranz, gegenseitiger Akzeptanz und einem gewaltfreien Miteinander darstelle.

Wilhelm Hauser wurde nur 44 Jahre alt

„Lasst uns Mahnung sein“, lautete der gemeinsame Appell der anwesenden Lehrkräfte, bevor sich die Schülerinnen und Schüler auf den Weg machten, zu den Stolpersteinen zu gehen. Dort entzündeten sie behutsam Kerzen und legten liebevoll Blumen nieder. So auch am Stolperstein von Wilhelm Hauser in der Pforzheimer Straße, über dessen Leben Lukas Czetsch informierte. Hauser erblickte am 5. Mai 1896 das Licht der Welt. Im Alter von 39 Jahren wurde der Fabrikarbeiter 1935 in die Heil- und Pflegeanstalt Wiesloch gebracht. Er war mit Elisabeth Hauser verheiratet und war Vater von vier Kindern. Am 20. Juni 1940 erfolgte die Verlegung Hausers in eine außerbadische Anstalt. Nur einen halben Monat später wurde er in der Heilanstalt Grafeneck auf der Schwäbischen Alb von den Nationalsozialisten ermordet. Wilhelm Hauser wurde nur 44 Jahre alt.

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Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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