"Eltern schätzen das familiäre Betreuungsumfeld"
Mangel an Tagesmüttern durch finanzielle Risiken und Raumnot

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Bretten/Region (hk) Vor allem für Kinder unter drei Jahren entdecken immer mehr Eltern eine Tagesmutter oder einen Tagesvater als gleichwertige Alternative zur Krippe, um ihre Kinder sicher betreut zu wissen. Je nach individuellem Bedarf ist die Tagespflege auch eine Ergänzung zur institutionellen Betreuung in Kindertagesstätten oder Schulen für Kinder im Alter von drei bis 14 Jahren. Tagespflegepersonen arbeiten im Auftrag des Jugendamtes, das als öffentlicher Träger auch die Aufsicht über die Tagesmütter und -väter hat. Die fachliche Beratung, Vermittlung und Begleitung hat der Landkreis im nördlichen Landkreis Karlsruhe an den Tageselternverein Bruchsal Landkreis Karlsruhe Nord übertragen. Die Vorteile in der Tageselternbetreuung sieht Irene Zibold vom Vorstand des Tageselternvereins Bruchsal Landkreis Karlsruhe Nord vor allem in der familiäreren, intensiveren und individuelleren Betreuung durch eine konstante Bezugsperson und der hohen Flexibilität der Tagespflegepersonen.

Kindertagespflege ergänzend zu Kindertageseinrichtungen nutzen

"Tagespflegeangebote können die Vereinbarkeit von Familie und Beruf entscheidend erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen", ist sich Zibold sicher. Auch aus Sicht der Stadtverwaltung Bretten stellen die Tageseltern eine wesentliche Säule in der Kinderbetreuung dar. Wie Bernhard Feineisen, Leiter des Amts Bildung und Kultur, auf Nachfrage erklärt, biete die Kindertagespflege Kindern vor allem in den ersten Lebensjahren eine familiennahe Betreuung, bei der die individuellen Bedürfnisse besonders berücksichtigt werden können. Es besteht zudem die Möglichkeit, die Kindertagespflege ergänzend zu den Angeboten der Kindertageseinrichtungen in Anspruch zu nehmen. Zum 1. März 2022 seien 14 Brettener Kinder im Krippen- und Kindergartenalter bei Tageseltern betreut worden.

Kostenlos und unverbindlich beraten lassen

Dass es Skepsis und Vorbehalte gegenüber Tageseltern gibt, beruht nach Ansicht von Zibold auf Unwissenheit. "Während viele Eltern das familiäre, private Betreuungsumfeld schätzen und wünschen, löst dieser Gedanke bei anderen Eltern Sorgen und Ängste aus." Voraussetzung für die Ausübung der Kindertagespflege ist aber, neben der absolvierten Qualifizierung der Kindertagespflegeperson, die persönliche Eignung, die vor Erteilung im Rahmen der Eignungsfeststellung geprüft wird, erklärt Feineisen auf Nachfrage. Alle Tagespflegepersonen sowie die Räumlichkeiten, so Zibold, würden vom Jugendamt überprüft werden, bevor die Erlaubnis zum Betrieb der Kindertagespflege erteilt wird. Alle Tagespflegepersonen verpflichten sich vertraglich gegenüber dem Jugendamt, das Kindeswohl zu wahren. Bei ihrer Arbeit werden die Tagespflegepersonen vom Tageselternverein durch Hausbesuche und verpflichtende Schulungsangebote fachlich unterstützt. "Unsere Tageseltern werden durch regelmäßige Fortbildungen für neue Themen sensibilisiert." Gleichzeitig haben Eltern die Möglichkeit, sich kostenlos und unverbindlich vom Tageselternverein beraten zu lassen. Der Verein versucht dann, eine/n passgenaue/n Tagesmutter/-vater zu finden.

Konkurrenz mit anderen Beschäftigungsmöglichkeiten

Viele Tageseltern würden den persönlichen Bezug zu den Kindern und ihren Familien schätzen, berichtet Zibold im Gespräch mit der Redaktion. Die Vereinbarkeit von beruflichen und familiären Anforderungen sei ein häufig genannter Grund. "Selbstständig und eigenverantwortlich zu arbeiten, Kinder auf ihrem Lebensweg zu begleiten, Erfahrungen weiterzugeben, Wertschätzung zu erfahren und sich beruflich weiterzuentwickeln, sind motivierende Faktoren", weiß Zibold. Ein erfüllender Job? "Auf jeden Fall", meint Zibold, dennoch herrsche derzeit ein großer Mangel an Tageseltern. Sie sieht dafür mehrere Faktoren verantwortlich. Durch die Pandemie und den Lockdown hätten Tageseltern das wirtschaftliche Risiko der Selbstständigkeit sehr stark zu spüren bekommen. Die Konkurrenz mit anderen Beschäftigungsmöglichkeiten, wie in der Kernzeitbetreuung oder als Aushilfe in der Kita, führe dazu, dass geeignete Tagesmütter und -väter ihre Fähigkeiten anderweitig einsetzen.

Ausbildung wurde erweitert

Die Kinder werden in der Regel in den Wohnungen der Tageseltern betreut, das heißt eine Grundvoraussetzung ist ausreichend Platz in der Wohnung, erklärt Feineisen. Aber durch fehlende Räumlichkeiten und fehlende Investitionskostenzuschüsse würden angehenden Tageseltern weitere Steine in den Weg gelegt werden, so Zibold. Die Ausbildung für Tageseltern wurde letztes Jahr nicht nur neu strukturiert, sondern auch erweitert: Sie umfasst nun insgesamt 300 Unterrichtseinheiten nach einem neuen, kompetenzorientierten Ansatz. "Der zeitliche Aufwand für die Qualifizierung zur Tagespflegeperson ist relativ hoch. Das schreckt manche sicherlich ab", meint Feineisen dazu.
Zibold begrüßt die damit einhergehende Aufwertung der Kindertagespflege durch die neue Qualifikation und die Tatsache, dass nach 160 Unterrichtseinheiten die Tagespflegepersonen tätigkeitsbegleitend einsteigen können und eng von den Fachkräften des TEV am Anfang ihrer Tätigkeit unterstützt werden, was den Einstieg sehr erleichtert. Viele Interessierte erhalten durch diese Qualifikation die Möglichkeit, doch noch ihren „Traumberuf“ in der Kinderbetreuung zu verwirklichen- auch im Quereinstieg.

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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