"Freue mich auf ein Wiedersehen"
Pfarrer Becker-Hinrichs verabschiedet sich in den Ruhestand

"Immer, wenn ich in Zukunft an Bretten denke, werde ich dieses schöne Gemeindehaus und die Menschen darin vor mir sehen", sagt Pfarrer Becker-Hinrichs anlässlich seines Abschieds. Foto: kuna
  • "Immer, wenn ich in Zukunft an Bretten denke, werde ich dieses schöne Gemeindehaus und die Menschen darin vor mir sehen", sagt Pfarrer Becker-Hinrichs anlässlich seines Abschieds. Foto: kuna
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Bretten (hk) Nach rund zwei Jahrzehnten als Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Bretten geht Dietrich Becker-Hinrichs in den wohlverdienten Ruhestand. Zu seiner Verabschiedung findet am Sonntag, 7. Juli, um 15 Uhr ein Gottesdienst in der Brettener Stiftskirche statt. Im Interview mit der Brettener Woche blickt Becker-Hinrichs zurück auf eine bewegende Zeit und voraus auf seinen neuen Lebensabschnitt mit Plänen für Familie, Friedensarbeit und Naturschutz – und freut sich schon auf ein Wiedersehen.

Nach fast 20 Jahren als Gemeindepfarrer in Bretten gehen Sie nun in den Ruhestand. Wie fühlen Sie sich angesichts dieses großen Lebensabschnitts? Was werden Sie am meisten vermissen?
Ich gehe mit einem lachenden und weinenden Auge. Einerseits freue ich mich sehr auf den Ruhestand. Andererseits werde ich die Gemeinde in Bretten vermissen, die vielen Menschen, zu denen ich einen Bezug hatte. Ich war wirklich sehr gerne hier.

Welche Botschaften und Themen waren Ihnen in Ihren Gottesdiensten besonders wichtig und warum?
Besonders wichtig waren mir die Themen Frieden und Diakonie. Die biblische Botschaft ist ganz klar darauf ausgerichtet, dass man als Christ nicht nur für sich lebt, sondern für andere da ist und sich im Gemeinwesen einbringt. Und die Bergpredigt mit ihrem Aufruf zur aktiven Gewaltfreiheit und zur Feindesliebe ist nach wie vor eine der größten Provokationen in dieser Welt. Wir Christen sollen ihre herausfordernde Botschaft studieren und weitergeben.

Die Fusion der evangelischen Kirchengemeinden Bretten und Gölshausen war ein großer Schritt. Wie haben Sie diesen Prozess erlebt?
Der Prozess verlief tatsächlich völlig reibungslos. Beide Gemeinden sind aufeinander zugegangen, die Mitarbeitenden haben sich gegenseitig als Bereicherung erlebt. Es war eine Win-Win-Situation. Auch die Pfarrbüros wurden zusammengelegt. Nur der späte Gottesdiensttermin um 11 Uhr gefällt manchen Gölshäusern nicht. Dafür kommen die Brettener gerne um diese Uhrzeit in die Gölshäuser Kirche.

Sie haben einmal gesagt, dass es Ihnen ein Anliegen ist, dass die diakonische Verantwortung auch in der Ortsgemeinde gelebt wird. Wie haben Sie diese Verantwortung in Ihrer Gemeinde verankern können, und welche Initiativen waren dabei besonders wichtig?
Wir haben vor über zehn Jahren die Nachbarschaftshilfe gegründet, und zwar in Trägerschaft der Ortsgemeinde. Wichtig dabei war mir, dass wir unsere Verantwortung als Gemeinde nicht an das Diakonische Werk abgeben, sondern selbst wahrnehmen. Dass die Nachbarschaftshilfe ihr Büro im Pfarrhaus hat, ist auch so ein Zeichen für die Verbindung mit der Kirchengemeinde. Wir stellen dafür Räume und Finanzen zur Verfügung. Und die Arbeit der vielen Helferinnen und Helfer ist wirklich segensreich.

Die Corona-Pandemie hat viele Menschen und Institutionen vor große Herausforderungen gestellt. Was haben Sie persönlich und als Gemeindepfarrer aus dieser Zeit gelernt? Hat diese Zeit Ihre Arbeit und Ihre Sicht auf das Gemeindeleben verändert?
Ich habe gelernt, wie wichtig und wertvoll der Gottesdienst am Sonntag für die Menschen ist. Als wir am Anfang Gottesdienste ausfallen lassen mussten, bis wir uns auf ein Schutzkonzept eingestellt hatten, gab es großen Protest. Und dann haben wir das Internet für uns entdeckt. Wir haben begonnen, Gottesdienste live zu streamen und tun das auch heute noch gelegentlich. Dabei wollten die Menschen nicht einfach nur irgendeinen schönen Fernsehgottesdienst anschauen, sie wollten ihre Heimatkirche und ihren Gemeindepfarrer erleben.

Das neue Gemeindezentrum wurde erst im März eröffnet. Werden Sie dieses schöne Gemeindehaus vermissen? Und werden Sie weiterhin in irgendeiner Form der Kirchengemeinde erhalten bleiben?
Ich bin total glücklich, dass wir den Bau noch vor meinem Weggang vollenden konnten. Es ist alles so schön geworden. Und immer, wenn ich in Zukunft an Bretten denke, werde ich dieses schöne Gemeindehaus und die Menschen darin vor mir sehen.
Ich werde ja Bretten verlassen, daher werde ich der Kirchengemeinde nicht erhalten bleiben. Ich mache da bewusst einen klaren Schnitt, auch um den Raum frei zu machen für den Nachfolger oder die Nachfolgerin auf der Pfarrstelle. Aber ich lasse mich gerne zu besonderen Anlässen (Jubiläen, Einweihungen, Festen etc.) nach Bretten einladen und freue mich jetzt schon auf ein Wiedersehen mit vielen Menschen.

Nun, da Sie in den Ruhestand gehen, welche Pläne und Wünsche haben Sie für die Zukunft?
Wir ziehen nach Lahr in den Ortenaukreis. Dort haben wir familiäre Wurzeln. In den 90er-Jahren habe ich mir dort mit meiner Frau eine Pfarrstelle geteilt. Unsere Kinder sind da groß geworden. Schon vor zehn Jahren haben wir daher in Lahr für den Ruhestand ein kleines Haus mit großem Garten erworben und es bisher vermietet. Nun ziehen wir selbst dort ein.
Für den Ruhestand habe ich viele Pläne. Als Großvater kann ich mich nun intensiv um die zweieinhalbjährige Enkelin Pia kümmern. Die Familie meines Sohnes ist extra aus Berlin in die Nähe von Lahr gezogen, damit wir näher beisammen sind. Ich will die Friedensarbeit weiter betreiben, Vorträge halten und Aufsätze schreiben. Aber ich möchte mich auch im Naturschutz engagieren und viel im Garten arbeiten. Ich suche die Erdung im wahrsten Sinne des Wortes. Und ich werde als Ruhestandspfarrer gerne den einen oder anderen Gottesdienst in der Lahrer Region übernehmen. Zu guter Letzt: Ich bin großer Fan des SC Freiburg und habe jetzt auch Zeit, die Spiele des SC Freiburg in dem schönen neuen Stadion zu besuchen.

Die Fragen stellte Brettener Woche-Redakteurin Havva Keskin.

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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