Zurück zu den Wurzeln in Bretten
Weltenbummler Friedrich Wilhelm Liehr war in 80 Ländern unterwegs
Bretten/Bruchsal (hk) Der Lebensweg von Friedrich Wilhelm Liehr hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Vor etwa 50 Jahren hat er mit seinem Vater ein Haus in Bretten gebaut, in das er aber erst kürzlich eingezogen ist, nachdem er in sechs Ländern gearbeitet und in weiteren 80 aus meist dienstlichen Gründen zu Besuch gewesen ist.
Hausbau-Projekte in brasilianischen Elendsvierteln
Begonnen hat alles 1951, als Liehr in Bruchsal-Helmsheim auf die Welt kam. Bereits im Alter von 14 Jahren arbeitete er als Lehrling in der Schreinerei seines Vaters und Großvaters. In den 1960er- und 1970er-Jahren entstand das Wohnhaus in Bretten, in dem zusätzlich eine Schreinerei mit Möbelhandel eröffnet werden sollte. Aber dann sprossen die großen Möbelhandlungen aus dem Boden. „Für mich sah ich dort keine Zukunft mehr“, sagt Liehr heute. Wachsender Bildungshunger brachte ihn schließlich dazu, sein Abitur im Ketteler-Kolleg in Mainz nachzuholen und hinterher eine breite akademische Ausbildung zu absolvieren.
In Mainz gründete Liehr den „Verein für Entwicklungshilfe“, der finanzielle Mittel beispielsweise für Hausbau-Projekte in brasilianischen Elendsvierteln erwirtschaftet hat. Dort arbeitete Liehr auch als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Goethe-Universität in Frankfurt für seine Forschung unter armen Fischern.
Promotion in Frankfurt
Später folgte die Promotion in Frankfurt. Weil keine Forschungsgelder mehr bereitgestellt wurden, konnte Liehr sein Forschungsprojekt über die neue Rolle der Gewerkschaften in Lateinamerika, nachdem die Militärregierung weggebrochen war, nicht verwirklichen. Er begann dann für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) zu arbeiten. Rund drei Jahrzehnte war er dort tätig – und sah dabei fast die ganze Welt. An viele Anekdoten aus dieser Zeit erinnert er sich lebhaft. Nicht wenigen Staatspräsidenten und Ministern des Südens durfte er die Hand schütteln – und war mit einigen sogar „per Du“. „Wie zum Beispiel mit dem Umweltminister von Peru. Zusammen besuchten wir eines Tages das frühere Büro von Albert Einstein in Berlin“, sagt Liehr. Aber auch besondere Freundschaften kamen zustande, wie mit einem Franziskaner-Mönch, der später an Malaria starb.
Fischerei-Projekt in der Dominikanischen Republik
Durch seine Arbeit in Entwicklungsländern wie Kenia, Tansania, Malawi und Mosambik etwa, habe er das Leben der Ärmsten ganz aus der Nähe kennengelernt. In Sambia hat Liehr als Mitarbeiter der GIZ ein Eisenbahnprojekt zusammen mit der Schweiz realisiert. Zwischenzeitlich hatte er den afrikanischen Kontinent aber auch verlassen und war für ein Fischerei-Projekt in der Dominikanischen Republik tätig. Zurück in Afrika, wurde Liehr in die Abteilung Lateinamerika-Süd versetzt und flog fortan oft nach Argentinien. „Alle vier bis sechs Wochen, Lufthansa 747, Platz A1 in der Business Class“, sagt Liehr mit einem Lachen.
Wilhelm Liehr wird nicht so schnell zur Ruhe kommen
Danach folgten Langzeiteinsätze in Honduras und in Peru. „In Honduras lernte ich, nach einem Jahr Alleinsein eine Kolumbianerin kennen. Wir haben geheiratet, als ich nach Peru gewechselt habe. Sonst hätte sie dort nur als Haushaltsangestellte leben können, obwohl ich einen Diplomaten-Rang hatte“, erklärt Liehr. Von dort ging das Paar nach Sri Lanka und blieb vier Jahre lang dort. In dieser Zeit war das Land durch den Bürgerkrieg zwischen Singhalesen und Tamilen geprägt. „Dann bin ich zurück nach Kolumbien, weil meine Frau inzwischen sehr krank war“, erzählt Liehr weiter. Dort starb seine Frau. Liehr zog danach mit zwei Koffern nach Brasilien, wo er sich wieder verliebte. Jetzt ist er wieder in der Heimat und das Leben als Weltenbummler liegt hinter ihm. Zumindest fast: „Meine Frau will in einer Großstadt wohnen. Ich habe in Sao Paolo mit 22 Millionen Einwohnern gelebt und muss das nicht unbedingt wieder haben. Aber vielleicht kann ich ihr ja Karlsruhe schmackhaft machen", sagt er mit leuchtenden Augen, die verraten: Friedrich Wilhelm Liehr wird bestimmt nicht so schnell zur Ruhe kommen.
Autor:Havva Keskin aus Bretten |
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