Kommunalaufsicht lehnt Knittlinger Haushalt ab
Etat der Fauststadt muss "generalüberholt" werden

Damit der Haushalt in Knittlingen genehmigungsfähig wird, müssen jährlich zwei Millionen Euro eingespart werden. Foto: Fauststadt Knitlingen
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Knittlingen (hk) Die Zukunft der Finanzen der Stadt Knittlingen steht auf wackeligen Füßen: Wie am letzten Montag bekannt wurde, ist der vom Gemeinderat beschlossene Haushalt 2023 vom Landratsamt Enzkreis abgelehnt worden. Dies sei der Verwaltung in einem Gespräch mit der Kommunalaufsicht mitgeteilt worden, informierte Bürgermeister Alexander Kozel. Damit der Haushalt genehmigungsfähig wird, müssten laut dem Schultes jährlich rund zwei Millionen Euro eingespart werden. Sonderbesprechungen mit dem Stadtrat und dem Ortschaftsrat seien bereits geplant. "Klar ist, dass es schwierige Entscheidungen werden", sagte Kozel im Hinblick darauf, den Haushalt genehmigungsfähig zu machen. Notwendig seien ein Mix aus Einnahmeerhöhungen, etwa durch Steuer- und Gebührenerhöhungen sowie Ausgabensenkungen, wie zum Beispiel Streichungen oder Verschiebungen von Investitionen und Kürzungen oder Streichungen von freiwilligen Leistungen. Die Stadtverwaltung will nach eigenen Angaben noch diese Woche eine Auflistung aller freiwilligen Leistungen und Einsparmöglichkeiten veröffentlichen.

Kredite über insgesamt 17,5 Millionen Euro

Obwohl Gemeinderäte und Verwaltung in den Sitzungen vor der Verabschiedung des Haushalts Mitte Februar nach Einsparmöglichkeiten gesucht und den Rotstift angesetzt hatten (wir berichteten), überstiegen die Ausgaben die Einnahmen und der Haushalt schloss mit einem Minus von 1,5 Millionen Euro. Auch im Finanzplan bis 2026 war keine Besserung in Sicht, was die Gemeinde zur Aufnahme von Krediten über insgesamt 17,5 Millionen Euro zwang, davon allein 8,6 Millionen Euro in 2023. Bei der Verabschiedung des Haushalts hatte Jörg Steinhilper, Sprecher der SPD-Fraktion, angemerkt, dass die Ausgaben für Baumaßnahmen mit insgesamt 14,5 Millionen Euro einen neuen Höchstwert erreicht hätten.

"Nicht den Kopf in den Sand stecken"

Nun muss erneut im Gemeinderat entschieden werden, welche favorisierten Projekte oder Maßnahmen aufgrund der Lage nicht mehr finanzierbar sind. "Den Kopf in den Sand stecken oder die Schuld bei jemandem zu suchen, ist wenig hilfreich", betonte Bürgermeister Kozel. Damalige Entscheidungen seien zum damaligen Zeitpunkt nach bestem Wissen und Gewissen getroffen worden. "Wir sind jetzt in der Situation, dass wir unangenehme Entscheidungen treffen müssen, damit wir auch zukünftig noch wirtschaftlich handlungsfähig sind", so Kozel weiter.

Komplette Beanstandung ist eher selten

Auf Nachfrage der Brettener Woche/kraichgau.news im Landratsamt Enzkreis bestätigt Maral Saraie, Leiterin des Kommunal- und Prüfungsamts, das Prüfungsergebnis. Die Aufgabe des Kommunal- und Prüfungsamts bestünde darin, alle Haushalte im Landkreis auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen, sprich: Ob sie ausgewogen sind, ob die Kredite gestemmt werden können und ob "genug Geld in der Kasse ist", so Saraie. Nach Prüfung des Haushaltes in der Fauststadt wurden laut Saraie die erforderlichen Kriterien nicht erfüllt, "so dass der Haushalt komplett beanstandet werden musste." Dies, so Saraie weiter, komme sehr selten im Landkreis vor.

"Schwarze Null oder minimales Delta"

Häufiger seien hingegen punktuelle Beanstandungen. Durch beispielsweise die Kürzung von Krediten oder die Verbesserung der Einnahmen könne der Haushalt dann wieder genehmigungsfähig gemacht werden. Das Ergebnis des Kommunal- und Prüfungsamts hat für die Fauststadt nun zur Folge, dass die Stadt eine sogenannte "Beanstandungsverfügung" erhält und einen neuen Haushaltsplan aufstellen muss. Doch bevor der neue Haushalt dem Gemeinderat zum Beschluss vorgelegt wird, muss die Stadt diesen mit dem Kommunal- und Prüfungsamt im Landratsamt abstimmen. "Es wird also eine Vor-Prüfung durchgeführt und dann erfolgt der Beschluss des Gemeinderates", erklärt Saraie. Die Verwaltung, so die Amtsleiterin, habe nun viel Arbeit vor sich, um die Rahmenbedingungen für einen ausgeglichenen Haushalt mit einer "schwarzen Null oder einem minimalen Delta" zu schaffen.

"Stellungnahmen wären rein spekulativ"

Auf Anfrage der Brettener Woche/kraichgau.news wollte sich lediglich die Alternative Liste (AL) Knittlingen äußern - Jörg Steinhilper von der SPD-Fraktion und Ralf Schwarzien von der Parteilosen Wählervereinigung sahen von einer Stellungnahme ab. "Zum jetzigen Zeitpunkt wären Stellungnahmen rein spekulativ und erübrigen sich somit", so Schwarzien. Bernd Vogt von der CDU-Fraktion war bis zum Redaktionsschluss nicht erreichbar.

"Kämmerer haben uns immer gewarnt"

Andreas Schwing von der AL betont, dass die letzten drei Kämmerer der Fauststadt vor dieser Situation stets gewarnt hätten. "Insofern stellte sich für die Alternative Liste nie die Frage, ob uns der städtische Haushalt um die Ohren fliegt, sondern nur wann er uns um die Ohren fliegt." Daher habe die AL bei den zurückliegenden Haushaltsberatungen für zusätzliche Haushaltsanträge Gegenfinanzierungen in gleicher Höhe vorgeschlagen und Priorisierungen gefordert. "Leider hat das nicht gereicht", so Schwing. Durch die anhaltend hohen Betreuungsausgaben sowie stark gestiegene städtische Bau- und Unterhaltungskosten fehlten der Spielraum für zusätzliche Investitionen und Ausgaben sowie für die angestauten Pflichtaufgaben, "weshalb der städtische Haushalt nun zur Generalüberholung in die Werkstatt geschickt wird." Die AL wolle sich konstruktiv an der Lösung dieser Aufgabe beteiligen, damit "Knittlingen in Zukunft solide und nachhaltig wirtschaften kann", so Schwing.

"Knittlingen wird definitiv alle Pflichtaufgaben erfüllen"

Im "schlimmsten Fall", sei die Kommunalaufsicht über die Gemeindeordnung Baden-Württemberg ermächtigt, entsprechende, verbindliche Anordnungen zu treffen, so Kozel. Der Bürgermeister ist aber überzeugt davon, dass die Stadt Knittlingen "definitiv alle Pflichtaufgaben" erfüllen kann.

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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