Tabakschuppen in Knittlingen ist Kulturdenkmal
Städtisch nutzen oder verkaufen?
Knittlingen (kuna) Auf dem Alten Bauhof in Knittlingen steht ein sanierungsbedürftiger Tabakschuppen aus dem Jahr 1937. Bereits seit einigen Jahren wird über dessen Zukunft diskutiert (wir berichteten). Eine Begehung des Landratsamtes Enzkreis mit dem Landesamt für Denkmalschutz im März hat ergeben: Der Tabakschuppen steht unter Denkmalschutz. In der vergangenen Sitzung des Gemeinderates am Dienstagabend, 20. Juni, wurde daher über das weitere Vorgehen diskutiert.
Schuppen zum Trocknen von Tabakblättern
„Der Tabaktrocknungsschuppen ist aus wissenschaftlichen und heimatgeschichtlichen Gründen Kulturdenkmal“, erklärt das Landesamt für Denkmalpflege gegenüber der Brettener Woche/kraichgau.news. Mit seinen horizontalen Lamellen und dem Dachhäuschen trage es die charakteristischen Merkmale eines Tabakschuppens. Diese dienten der regulierbaren Belüftung und Abdunkelung des im Inneren befindlichen Holzgerüstes, auf das Tabakblätter nach der Ernte zum Trocknen aufgehängt wurden.
Knittlingen war 1936 die größte württembergische Tabakgemeinde
Knittlingen blickt auf eine lange Tabaktradition zurück. „Die für Knittlingen in 1700 erteilte Tabakanbau-Genehmigung war die erste in Württemberg und Knittlingen 1936 die größte württembergische Tabakgemeinde,“ schreibt das Denkmalamt. Der Knittlinger Tabakschuppen könnte demnach 1937 von der damals neugegründeten "Gesellschaft zum Bau und Betrieb eines Tabaktrockenschuppens in Knittlingen" während des Dritten Reiches subventioniert worden sein.
Tabakanbau kam nach 1945 zum Erliegen
Dieser Gesellschaft gehörten damals 70 lokale Tabakpflanzer an. Sie zeigten in Knittlingen alljährlich Interessenten aus ganz Deutschland Tabakproben aus Württemberg. Nach 1945 kam der Anbau von Tabak in Knittlingen allerdings aufgrund der Blauschimmelkrankheit nahezu zum Erliegen.
Noch keine Pläne für Sanierung und Nutzung
Wie Bauamtsleiter Kai-Uwe Lang dem Gemeinderat berichtete, sei das Innenleben des Tabakschuppens durchaus stabil. „Es fehlen einige Bretter und Ziegel“, beschrieb er den Zustand des Gebäudes. Das oberste, dritte Stockwerk müsse man möglicherweise sperren. Einem Abbruch würde das Denkmalamt jedenfalls nicht zustimmen. Die Gemeinde sei daher verpflichtet, die Verkehrssicherheit herzustellen, ergänzte Bürgermeister Alexander Kozel. Danach stünde man vor der Frage: Städtische Nutzung oder Verkauf an privat? Für eine Sanierung durch die Gemeinde sei jedenfalls kein Geld im Haushalt vorgesehen, so Kozel, ebenso gäbe es derzeit noch keine Vorstellung für eine mögliche Nutzung durch die Stadt.
Denkmalstatus kommt nicht überraschend
Jörg Burmistrak (CDU) machte mit seiner Nachfrage auf ein wichtiges Detail aufmerksam, denn allzu überraschend kommt die Schutzwürdigkeit des Tabakschuppens nicht. Immerhin, so steht es auch in der Sitzungsvorlage, wurde dem Abbruch eines weiteren, heute nicht mehr existenten, Tabakschuppens auf dem Alten Bauhof im Jahr 2012/2013 nur unter der Voraussetzung zugestimmt, dass der bestehende Schuppen erhalten bliebe. Ihm komme eine höhere Bedeutung zu, hieß es damals. Lang bestätigte diesen Umstand und Kozel fügte hinzu: „So haben wir es für uns noch einmal neu geklärt.“ Die Chancen für einen Abbruch des Tabakschuppens seien jedenfalls schon immer sehr gering gewesen.
Zunächst soll Dachdecke ausgetauscht werden
Auf die Frage von Silvio Knäbe (Alternative Liste), ob der Aufwand einer Sanierung bereits bekannt sei, erklärte Lang, dass man zunächst die Dachdecke austauschen wolle. Die Stadt könne es sich außerdem vorstellen, die Ziegel der anderen Bestandsgebäude des Alten Bauhofes zu nutzen, falls das Denkmalamt dem zustimmen sollte.
Vor-Ort-Termin mit Technischem Ausschuss
Die Nutzung des Tabakschuppens durch die Stadt sah Michael Arnold (SPD) kritisch. Er sprach sich für einen Verkauf aus. „Vielleicht kommt dann ein Glücksretter, der daraus etwas macht“, so Arnold. Er regte zudem an, dass der Technische Ausschuss sich den Tabakschuppen in einem Vor-Ort-Termin zunächst einmal selbst anschauen solle, um dann über das weitere Vorgehen zu diskutieren. Diesem Vorschlag stimmte Bürgermeister Alexander Kozel zu.
Best-Practice-Beispiele in Neibsheim und Forchheim
Nun steht also die Frage im Raum: Wie könnte die Zukunft des Tabakschuppens einmal aussehen? Das Denkmalamt nennt gegenüber dieser Redaktion zwei Best-Practice-Beispiele für eine gelungene Umnutzung von Tabakschuppen in Nordbaden. So wurde in Bretten-Neibsheim eine 1938 erbaute Scheune durch einen Architekten aufgekauft und in Wohnraum umgewandelt. Unter Wahrung der Originalsubstanz und des charakteristischen Erscheinungsbildes sei so eine „Haus in Haus“-Lösung geschaffen worden. Ähnlich lief es in Rheinstetten-Forchheim ab: Dort wurden gleich zwei Tabakschuppen, ebenfalls 1938 erbaut und später durch einen Architekten erworben, in ein Wohngebäude und ein öffentliches Café mit Weinbar umgestaltet.
Autor:Kathrin Kuna aus Bretten |
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