Überraschung beim Neujahrsempfang: Oberderdingen könnte Gymnasialstandort werden
Nachdenkliches über den pessimistischen Zeitgeist, unterhaltsame Fingerzeige zur Bewältigung der nahen Zukunft und eine faustdicke Überraschung – das war die anregende Mischung, die der Neujahrsempfang der Gemeinde Oberderdingen am Sonntagnachmittag für die zahlreichen Besucher in der Aschingerhalle bereit hielt.
OBERDERDINGEN (ch) Dass in drei Wochen in Oberderdingen Bürgermeisterwahl ist und sich der Amtsinhaber erneut zur Wahl stellt, ist bekannt. Und so war es auch nicht verwunderlich, dass Thomas Nowitzki den diesjährigen Neujahrsempfang am Sonntagnachmittag in der Aschingerhalle auch ein wenig dazu nutzte, um den zahlreichen Besucherinnen und Besuchern vor Augen zu führen, was sie an ihm haben. Doch über Einblicke in seine und die Erfolgsbilanz von Gemeinderat und Verwaltung hinaus machte der Rathauschef seinen Zuhörerinnen und Zuhörern auch Lust auf mehr. Zusätzlich zu den von ihm skizzierten Projekten für die kommenden Jahre hatte er auch eine faustdicke Überraschung parat, die eine entscheidende Aufwertung des Schulstandorts Oberderdingen mit sich bringen könnte: Derzeit prüft ein privater Träger die Eröffnung eines Gymnasiums in der Gemeinde. Anschließend gab der Heidelberger Trendforscher Dr. Eike Wenzel als Gastredner einige unterhaltsam vorgetragene Fingerzeige zur Bewältigung der sich in naher Zukunft abzeichnenden, wichtigsten gesellschaftlichen Veränderungen.
Warnung vor deutschem Pessimismus
Nach einem stimmungsvollen musikalischen Auftakt mit dem Orchester des Musikvereins Flehingen unter Leitung von Artur Relle und nachdenklichen Vorbemerkungen Thomas Nowitzkis über den die europäische Einheit, die westliche Sicherheit und die repräsentative Demokratie gefährdenden neuen deutschen Pessimismus, gedacht als Warnung für das bevorstehende Wahljahr, widmete sich das Gemeindeoberhaupt ausführlich der Begrüßung der wie immer zahlreich erschienenen Gäste. Unter ihnen die beiden Landtagsabgeordneten Andrea Schwarz und Joachim Kößler, mehrere benachbarte Bürgermeisterkolleg/innen und Bürgermeisterstellvertreter, Vertreter aus Kreistag und Kreisverwaltung, Gemeinderäte sowie Vertreter aus Kultur, Wirtschaft, Sozialem und Verwaltung. Schon in seine Begrüßung hatte der Bürgermeister geschickt einige Ankündigungen eingeflochten: Zum Beispiel, dass nach Fertigstellung der ersten Bungalows des Flehinger Seniorenwohnparks bis Jahresende mit dem Bau eines neuen Alten- und Pflegeheims dort und mit 23 neuen Wohnungen mit Betreuungsangebot bei der Seniorenwohnanlage St. Franziskus begonnen werden soll. Dass in Oberderdingen ab 2020 ein neues Seniorenzentrum entstehen soll und beim Gesundheitszentrum ein zweiter Bauabschnitt geplant ist. Derzeit sei man in Gesprächen zur Sicherung der ärztlichen Versorgung in Flehingen.
„Jahr der großen Projekte“
Nowitzki würdigte die Investitionen in die neue Blanc&Fischer- sowie E.G.O.-Firmenzentrale im „Silicon-Unterdorf“ sowie der Firmen CR-Recycling, Libare GmbH und Post/DHL-Regionalzentrum im interkommunalen Industriegebiet als arbeitsplatzbeschaffende Maßnahmen. 2019 sei in Oberderdingen „ein Jahr der großen Projekte“, angefangen bei der neuen Schlossgartenhalle in Flehingen über die eher einem Neubau gleichkommende Freibadsanierung bis zum 7,5 Millionen Euro schweren Mietwohnungsbauprojekt der Kommunalbaugesellschaft „Wohnen am Heiliggrund“ in Oberderdingen. Darüber dürfe man jedoch nicht die zahlreichen kleinen und mittleren Projekte vergessen, mahnte der Bürgermeister. Er erinnerte an vergangene Erfolge, von der Ortsentlastungsstraße über KiTa, Feuerwehrhäuser und Grundversorgung bis zu Naturerlebnisbad, Einkaufsmöglichkeiten im Industriegebiet und Gesundheitszentrum.
Verbesserung des Bildungsstandorts
Angesichts der bevorstehenden „gewaltigen Veränderungsprozesse“ infolge Digitalisierung, neuer Mobilität und der sich wandelnden ökonomischen Weltordnung gelte es, mit gezielten Investitionen in die Infrastruktur, „den Grundstein des volkswirtschaftlichen Erfolgs von morgen (zu) legen, auch in Oberderdingen“, forderte Nowitzki. Dementsprechend gehe die Gemeinde beim Glasfaserausbau in Vorleistung. Ein Schwerpunkt ist und bleibt nach seinen Worten „die Verbesserung des Bildungsstandorts“, wozu er neben den Schulen auch die neue, sehr gut angenommene Mediathek zählt. Was fehle, sei ein Gymnasium. Und dann verkündete Nowitzki den Coup, den er sich für den Schluss seiner Rede aufgespart hatte: Vor wenigen Tagen habe er die Zusage erhalten, dass der Trägerverein der Heisenberg-Gymnasien mit bisherigen Standorten in Karlsruhe, Ettlingen und Bruchsal auf dem Wege einer Machbarkeitsstudie die Einrichtung eines privaten zweizügigen Gymnasiums in Oberderdingen prüft. Starker Applaus war die Reaktion.
Blick in die Zukunft
Bevor sich die Besucher jedoch zum angeregten Tête-à-tête bei Oberderdinger Gemeinderatswein und Snacks im hinteren Teil der Halle zusammenfanden, genossen sie noch den frei gehaltenen, kurzweiligen Gastvortrag von Eike Wenzel. Unter dem Titel „Wie wir morgen leben werden“ gab der Trendforscher Einblicke in 15 Megatrends, die laut seiner Prognose in den nächsten 30 bis 50 Jahren Gesellschaft und Wirtschaft verändern werden, angefangen bei der neuen multipolaren Weltordnung ohne US-Vorherrschaft, dem demographischen Wandel mit seinem Megatrend Gesundheit, der alle Bereiche –einschließlich Medien, Post und Einzelhandel - erfassenden Digitalisierung bis zu einem neuen Lebensphasenmodell, das zum Beispiel einen „zweiten Aufbruch“ für aktive Senioren jenseits der 60 mit sich bringt. „Megatrends sind der Einstieg, um die großen Koordinaten zu verstehen, wie sich die Dinge verändern werden“, schloss der Trendforscher.
Alle Fotos: ch
Autor:Chris Heinemann aus Bretten |
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