Von Alltagsdingen bis Verfassungsfragen
ARD-Rechtsexperte bei der „Langen Nacht der Demokratie“
Bretten (ger) „Machen Sie das hauptberuflich?“, wird Frank Bräutigam häufig gefragt. Er ist bekannt aus der Tagesschau und den Tagesthemen, wo er regelmäßig, aber nicht täglich zum Beispiel über Verhandlungen und Urteile des Bundesverfassungsgerichts berichtet. Von seiner durchaus tagesfüllenden Arbeit erzählte der promovierte Volljurist und Journalist eloquent und kurzweilig in Bretten bei der „Langen Nacht der Demokratie.
Premiere in Baden-Württemberg
Diese fand dieses Jahr zum ersten Mal in Baden-Württemberg statt. Über 20 Städte nahmen am 2. Oktober daran teil, darunter auch Bretten. Das Kulturamt unter der Leitung von Bernhard Feineisen hatte ein reichhaltiges, vielseitiges Programm dazu vorbereitet mit Vorträgen, Mitmachaktionen, Diskussionen, Theater und mehr.
Publikumsverkehr hält sich in Grenzen
Bedauerlicherweise war die Resonanz aus der Bevölkerung etwas verhalten. Im Rathaus und im Amtsgericht hielt sich der Publikumsverkehr in Grenzen. Einige Live-Veranstaltungen waren jedoch sehr gut besucht. Darunter besagter Vortrag von Frank Bräutigam, dem Leiter der ARD-Rechtsredaktion in Karlsruhe. Zweimal am Abend sprach er im voll besetzten Gugg-e-mol-Theater, das seine Spielstätte im Keller des Amtsgerichts hat, über „75 Jahre Berichterstattung über Grundgesetz und Bundesverfassungsgericht“.
Pressefreiheit als Bestandteil der Demokratie
Die Pressefreiheit ist ein wichtiger Bestandteil der Demokratie. Dass Gerichtsverhandlungen zu großen Teilen öffentlich sind, ist Teil des Rechtsstaats und damit ebenfalls eine Errungenschaft der Demokratie. Rechtsprechung und Rechtswissenschaften sind ein kompliziertes Feld. Die Rechtsredaktion besteht aus studierten Volljuristen, die die oft komplexen und komplizierten Sachverhalte für die Öffentlichkeit verständlich aufbereiten und einordnen.
Bräutigam erläutert seine Arbeitsweise
Anhand eines Beispiels – des Dieselskandals bei VW – machte Bräutigam deutlich, wie die Rechtsredaktion arbeitet. Die Vorbereitung – Recherche zum Thema und den Hintergründen – unterscheidet sich nicht darin, was ein Zeitungsjournalist macht. Aber Fernsehen denkt in Bildern, daher fragte Bräutigam ins Publikum, welche Aufnahmen zur Illustrierung denkbar seien. Autos, die Konzernzentrale, ein rauchender Auspuff und eine Werkstatt fielen den Zuhörerinnen und Zuhörern ein. Dabei kann die Redaktion auch auf ein Archiv zurückgreifen.
Kleine Videoschnipsel bedürfen viel Zeit
Um eine Verhandlung greifbarer zu machen, bietet es sich aber natürlich auch an, den Einzelfall mit einem Kläger darzustellen. Über Rechtsanwälte und Gerichte erfährt die Redaktion von den Klägern, nimmt zu ihnen Kontakt auf und findet, wenn sie Glück hat, auch tatsächlich jemanden, der bereit ist, vor die Kamera zu treten. Damit wurde klar, dass die Arbeiten an einem Beitrag von neunzig Sekunden, wie er in den Tagesthemen gesendet wird, viel aufwendiger ist als gedacht.
Redakteur bearbeitet Text
Wenn das Material beisammen ist, schneidet es ein Cutter auf die gewünschte Länge. Der Redakteur sitzt dabei und arbeitet parallel am Text, den er einspricht, damit er passend unter die Bilder gelegt wird. Wenn der Redakteur im Bild zu sehen ist, weil er zum Beispiel den Sachverhalt erklärt, wird das vor einem Green-Screen, also einer grünen Wand, gedreht, über die dann im Fernsehbild zum Beispiel der Bundesgerichtshof von außen geblendet wird.
"Richtig Adrenalin" bei Fällen für Generalbundesanwalt
Für „richtig Adrenalin“, so Bräutigam, sorgten die Fälle, die beim Generalbundesanwalt landen. Dabei handelt es sich zum Beispiel um alle Terrorismusverdachtsfälle. Anders als bei „gewöhnlichen“ Gerichtsverhandlungen, die im Vorhinein festgesetzt werden, müssen Terrorismus-Tatverdächtige innerhalb eines Tages dem Haftrichter vorgeführt werden. Das heißt, die Rechtsredaktion hat in diesen Fällen nicht viel Vorlauf und berichtet sozusagen „live“ über das Geschehen.
„Als erstes rufe ich den Kameramann an“, erläuterte Bräutigam sein Vorgehen. Wenn erwartet wird, dass ein Tatverdächtiger zum Bundesgerichtshof gebracht wird – oft geschieht das mit dem Hubschrauber –, stünden Redakteur und Kameramann schon parat, um Bilder einzufangen.
Vielfältige Beiträge der Rechtsredaktion
Aber nicht nur für das Fernsehen, sondern auch für andere Kanäle bereitet die Rechtsredaktion Inhalte auf, berichtete Bräutigam: Radio-Beiträge, Content für Social Media, Podcasts, aber auch Schulen-Materialien stellt sie her. Die Frage aus dem Publikum, welcher Fachbereich ihm persönlich am meisten am Herzen liege, beantwortete Bräutigam mit „sowohl Verfassungsfragen, als auch Alltagsdinge. Zum Beispiel: Dürfen Sie im Supermarkt eine Traube nehmen, um sie zu probieren?“ Und wer hier denkt, ja, muss auf die Kulanz des Supermarkthändlers hoffen.
Autor:Katrin Gerweck aus Bretten |
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