„Die Hauptsache ist, dass es nicht wieder passiert“

Tochter Jamila (links) und Carolina Wallheimer sind zu Tränen gerührt.
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  • Tochter Jamila (links) und Carolina Wallheimer sind zu Tränen gerührt.
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Carolina Wallheimer aus Argentinien auf den Spuren ihrer jüdischen Vorfahren aus Bretten.

Bretten (hk) Carolina Wallheimer lächelt viel. Zum Beispiel, wenn sie über ihre drei erwachsenen Kinder erzählt. Ein bisschen Stolz in ihren Augen kann sie nicht verheimlichen, als sie von ihrer Tochter Jamila berichtet, die als Psychologin in einer Schule arbeitet. Sie lächelt auch, als sie ihr beschauliches Leben in Buenos Aires, der Hauptstadt Argentiniens, beschreibt. Dort verbringe sie ihre Tage damit, in ihrer eigenen Buchhandlung zu arbeiten oder ihre Zeit mit ihren Enkeln zu verbringen.

Auf den Spuren ihrer Vergangenheit

Hinter dem Lächeln der Argentinierin versteckt sich jedoch eine Schicksalsgeschichte, deren Wurzeln bis in die Melanchthonstadt reichen: Beate Herrmann, die Mutter von Wallheimer, geboren 1920 in Bretten, wanderte im Februar 1939 mit dem Erstarken des Nationalsozialismus samt Familie nach Argentinien aus. Auf den Spuren ihrer Vergangenheit reiste Wallheimer nach Bretten, um mehr über ihre jüdischen Vorfahren zu erfahren. Dort angekommen, gewährten ihr Oberbürgermeister Martin Wolff, Heidemarie und Rüdiger Leins sowie Eberhard Wiedmann einen Einblick in die Geburts- und Sterbeurkunden einzelner Familienmitglieder.

„Das Schlimmste ist, wenn man es wieder vergisst.“

„Die Hauptsache ist, dass es nicht wieder passiert“, sagte Wallheimer, als sie mit gesenktem Kopf über der Sterbeurkunde der Großmutter stand, mit Tränen in den Augen. „Das Schlimmste ist, wenn man es wieder vergisst.“ Ungeachtet der fürchterlichen Geschehnisse in Deutschland, die sich mit dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges ereignet haben, erinnere sich Wallheimer gerne an die schönen Seiten des Lebens in Bretten. So war die Familie in den 1920er Jahren im Besitz eines „Warenhauses“. „Nach dem 9. November war das ganze Geschäft zerstört“, weiß Wallheimer noch. Heute ist das Gebäude unter dem Namen „M23“ als Restaurant in der Fußgängerzone bekannt. Auch die deutsche Sprache, die Wallheimer fließend spricht, ist ein Stück Erinnerung an die alte Heimat, die die Familie selbst nach der Auswanderung aufrechterhalten habe. „Ich habe mit meiner Mutter immer deutsch gesprochen.“. Ihre eigenen Kinder allerdings seien mit der deutschen Sprache nicht mehr vertraut.

„Frieden ist ein Thema, das wir in Bretten sehr präsent halten“

„Es ist wichtig, dass man die Vergangenheit auch kennt und aufarbeitet“, so Oberbürgermeister Martin Wolff und führte fort: „Wir veranstalten in jedem Jahr über zwei Wochen lang die Friedenstage, wo auch immer Themen aus dem ersten oder zweiten Weltkrieg aufgearbeitet werden.“ Besonders eindrucksvoll sei auch der Friedensmarsch, der durch die Stadt zieht. „Frieden ist ein Thema, das wir in Bretten sehr präsent halten“, stellte er fest.
Wolff wünschte der Familie einen schönen Aufenthalt in Deutschland, bevor sich Mutter und Tochter auf den Weg zum Jüdischen Friedhof machten, wo die Großmutter Karoline Kleemann sowie deren Bruder, Julius Herrmann, ihre letzte Ruhe fanden. Was die beiden zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen: Beate Herrmann hat noch vor der Auswanderung der Brettener Familie Kunzmann eine Gipsskulptur gebracht – einen Panther. Die Tochter Anneliese Kühner hat diesen Panther heute noch. Die argentinische Familie soll damit überrascht werden. „Die wissen von ihrem Glück noch nichts“, sagte Wiedmann lachend.

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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