Graceland in Bretten: Der gar nicht so leise „Sound of silence“
(wod). Gegen Ende des Konzerts hält es niemanden in der Halle mehr auf den Plätzen: Die Welthits von Simon & Garfunkel singt jeder mit und die Musiker auf der Bühne haben sichtlich Spaß daran, nur noch den Takt vorzugeben, damit die Leute im Saal alles geben können. „I am a rock“ oder „Mrs. Robinson“: Da ist nichts mehr zu spüren vom „Sound of silence“, da geben die beiden Brettener Thorsten Gary und Thomas Wacker alles und mit ihnen die bestens aufgelegte Leipziger Philharmonie. Großes Finale also nach fast drei Stunden mit den besten Songs von Paul Simon und Art Garfunkel, die seit den 1960-er Jahren mit ihrem Folkrock die Welt begeisterten.
Große Musik in großer Besetzung
„Graceland“ nennen sich Thomas Wacker und Thorsten Gary nach dem gleichnamigen Paul Simon-Song: Das Duo begeistert seit 2011 seine Fans und das ist mit der großen Besetzung in Bretten selbstredend nicht anders. 52 Titel des großen Singer-Songwriter-Duos haben sie im Repertoire, rund 470 Konzerte haben sie gespielt, mehr als 55.000 Besucher haben sie gesehen: Graceland ist derzeit megaerfolgreich und tourt im Tagestakt durch Deutschland. Ist es Nostalgie? Die Musik von Simon & Garfunkel jedenfalls scheint heute lebendiger denn je und wer in die Gesichter der 500 Gäste in der Brettener Stadtparkhalle am Sonntagabend sieht, weiß, dass Thorsten und Thomas richtig lagen, als sie entschieden, sich als Tribute-Band den Liedern von Simon & Garfunkel zu widmen.
Der Geist der Sixties ist zurück
Gespannte Erwartung liegt in der Luft, als die Musiker der Philharmonie ihre Instrumente stimmen, Beifall brandet auf, als die beiden Brettener auf die Bühne kommen, ihre Gitarren umhängen und loslegen. Von „The boxer“ bis „Scarborough Fair“, die erste Hälfte des Konzerts gehört eher den Balladen des Ausnahmeduos. Thomas Wacker als Paul Simon und Thorsten Gary als Art Garfunkel: Schließt man die Augen, sieht man sie vor sich, den kleinen Paul Simon und den blonden Art Garfunkel. Und ob als Duo, nur mit ihren Gitarren, oder zusammen mit dem monumentalen Sound des Orchesters: Da ist dieser Geist der Sixties, da hört und spürt man in der behutsamen Bearbeitung von "Graceland" die Genialität der Kompositionen von damals, da lässt man sich nur allzu gerne mitnehmen in die Zeit, als Musik noch analog war und mittels Musikinstrumenten erzeugt wurde.
Songs mit Wiederekennungswert
Gary und Wacker setzen auf den nach wie vor äußerst hohen Wiedererkennungswert der Lieder, wagen sich aber auch an Songs, die es seinerzeit nicht in die Charts geschafft haben. Auch die klingen teils sehr fragil, zwei Stimmen mit sparsamem Gitarreneinsatz, kaum Orchester.
Als die beiden Sänger dann aber nach der Pause – wo sie sich von den Brettenern schon mal erste Lobeshymnen abholen - wiederkommen, ändert sich das. Schlag auf Schlag geben sie jetzt die Folkrock-Songs zum Besten, die wirklich jeder kennt, erinnern mit „Kodachrome“ an die analoge Fotografie, wagen sich auf die „Bridge over troubled water“, lassen Julio auf dem Schulhof hochleben, besingen die Herzensbrecherin „Cecilia“ und lassen den Condor fliegen. Gerade beim Intro von „El Condor pasa“ zeigt sich Thomas Wacker auch als versierter Gitarrist, duelliert sich solistisch mit dem Geiger, lässt Flamencoeinflüsse zu, um dann wieder in den Mitsing- und Mitklatschmodus zu verfallen. Ein Hit jagt den anderen, längst stehen alle, wippen mit, singen, haben Spaß. Und es ist in der Tat „Late in the evening“ als dieses Gute-Laune-Lied einen Abend der musikalischen Erinnerungen beschließt: Noch einmal ziehen die Band und das Orchester alle Register, wird der Lautstärkeregler nach oben geschoben. Der Applaus des Publikums - die allermeisten dürften aus ihrer Jugend noch die Originale im Ohr haben - ist entsprechend massiv und nach der Verbeugung gibt’s dann eben nochmal „I am a rock“’. Wow, was für ein Abend!
Autor:Gerd Markowetz aus Bretten |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.