Umwelt
Immer weniger Kandidaten für Naturdenkmale

Foto: Wirestock - stock.adobe.com

Karlsruhe/Stuttgart (dpa/lsw) Die Zahl sogenannter Naturdenkmale in Baden-Württemberg wird in den kommenden Jahren kaum noch wachsen können. «In aller Regel sind inzwischen die Flächen und Gebilde, die die Kriterien für eine Unterschutzstellung erfüllen, bereits geschützt. So sinkt das Potenzial - und die Zahlen - für Neuausweisungen», teilte eine Sprecherin des Umweltministeriums in Stuttgart mit. Derzeit sind 14 867 Naturdenkmale im Südwesten registriert. Das können einzelne Bäume, Felsen oder Höhlen sein (8645) oder Flächen von einer Größe bis maximal fünf Hektar (6222). Wie Naturschutzgebiete dürfen sie nicht verändert werden.

Schutz wegen seltener Tier- und Pflanzenarten wichtig

Das landesweit einzige im vergangenen Jahr ausgezeichnete Naturdenkmal war laut einer Liste des Ministeriums die Sandgrube Grüner Weg - West in Karlsruhe mit einer Fläche von etwas mehr als einem Hektar. Der Schutz für dieses Gelände ist aus Sicht von Hartmut Weinrebe, Regionalgeschäftsführer des Umweltverbandes BUND Mittlerer Oberrhein, wegen seltener Tier- und Pflanzenarten wichtig. Hier seien Sandlaufkäfer sowie bestimmte Flechten und Gräser heimisch. «Das ist eine auf die Nische angepasste Lebensgemeinschaft», sagte Weinrebe.

In den 1980er und 90er Jahren seien sehr viele Naturdenkmale ausgewiesen worden, erklärte er. Der Statistik zufolge traf das 2015 noch auf 132 zu. Danach sank die Zahl rapide, 2018 gab es sogar kein einziges. Und auch in den Jahren 2011 bis 2014 lag die Zahl jeweils nur im zweistelligen Bereich. Im laufenden Jahr haben die Unteren Naturschutzbehörden bisher drei Naturdenkmale in die Datenbank eingetragen: die Tongrube Reubach im Landkreis Schwäbisch-Hall und jeweils in der Stadt Lörrach zwei Traubeneichen im Suhleckweg sowie eine Sommer- und eine Winterlinde im Juraweg. Weitere könnten folgen.

Selbst Totholz bietet Tieren ein Zuhause

Jedermann kann eine Prüfung bei den Behörden anregen, ob ein Gebiet geschützt werden kann. Kriterien geben die Naturschutzgesetze für Bund und Land vor. Demnach muss der besondere Schutz aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen erforderlich sein oder wegen ihrer Seltenheit, Eigenart oder Schönheit. Ein weiteres Kriterium ist, wenn Schutz und Erhaltung zur Sicherung und Entwicklung von Lebensgemeinschaften oder Lebensstätten bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten erforderlich ist.

Dass neben kleinen Biotopen wie dem Karlsruher Sandrasen auch jede Menge einzelne Bäume zum Naturdenkmal erklärt wurden, hat dabei gute Gründe: «Gerade ein einzelner, meist besonders alter und/oder großer Baum kann von hoher naturgeschichtlicher und auch landeskundlicher Bedeutung sein oder auch Lebensraum für bestimmte Tier- oder auch Pflanzenarten bieten, woraus sich sein Schutz rechtfertigt», erläuterte die Ministeriumssprecherin. Umweltschützer Weinrebe verweist darauf, dass auf einer einzelnen Eiche mehrere Tausend Tiere leben könnten. Selbst als Totholz böten sie Fledermäusen, Vögeln, Käfern, Fliegen, Wanzen, Springschwänzen und Wespen ein Zuhause.

Entscheidung hat viele Folgen

Auch zum Erhalt der genetischen Vielfalt sei der Naturschutz wichtig. Rotbuchen etwa könnten mehrere Hundert Jahre alt werden, würden in einem bewirtschafteten Wald aber nach 100, 140 Jahren gefällt. «Umso wichtiger ist es, manche Bäume alt werden zu lassen», so Weinrebe.

Dennoch sieht man hin und wieder sogar Naturschützer mit der Motorsäge auf dem Sandrasen in Karlsruhe. So sollen eingewanderte Arten wie Kermesbeere, Traubenkirsche und Eschen-Ahorn bekämpft werden. Die Wertigkeit des Geländes sei seit vielen Jahren bekannt gewesen, so Weinrebe. Bis ein Naturdenkmal als solches ausgewiesen wird, brauche es aber umfangreiche Kommunikationsprozesse, Gemeinderäte müssen zustimmen. Denn so eine Entscheidung hat Folgen für viele Menschen: Am Grünen Weg waren zum Beispiel frei laufende Hunde und vor allem ihre Hinterlassenschaften bis dato ein Problem.

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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