Brettener Stadträtin macht Kopftuchexperiment und strandet in Flüchtlingslager

Gefühlt wie Flüchtlinge: Heidi Veith und Renate Knauss (rechts) aus Bretten während ihres Kopftuchexperiments. | Foto: Hauser
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Die Brettener SPD-Stadträtin Renate Knauss hat zwei Mal am eigenen Leib erlebt, wie sich Einwanderer/innen und Flüchtlinge fühlen - einmal, indem sie bewusst ein Kopftuch angelegt hat, und ein zweites Mal, als sie ungewollt in einem Flüchtlingslager gelandet ist.

Bretten (gh) Zuerst entschied sich Renate Knauss, SPD-Stadträtin in Bretten, zu einem Kopftuch-Experiment. Sie wollte einmal testen, wie es sich anfühlt, wenn man als Frau wie eine gläubige Muslima mit einem Kopftuch unterwegs ist. Dazu ließ sie sich von einer muslimischen Freundin eine echte Hidschāb, sprich ein Kopftuch, das Haare, Hals, Schulter- und Brustbereich bedeckt, anlegen und begab sich zusammen mit drei weiteren Frauen auf ein Herbstfest in Heidelberg.

Misstrauische Blicke und strahlende Gesichter

Dabei habe sie sich merklich eingeengt gefühlt, nicht so frei wie gewohnt. „Ich wurde mehr angeschaut als sonst“, sagt sie nachdenklich, aber natürlich könne das auch mit der eigenen Erwartung zu tun haben. Heidi Veith, die das Experiment mitgemacht hat, ergänzt: „Ich habe gemerkt, wie schwer es ist, einen freundlichen Blickkontakt zu jemandem aufzubauen.“ Und es habe auch misstrauische Blicke gegeben. So wurde Renate Knauss vor allem beim Stand für Kartoffelpuffer erstaunt angesehen. Veith hatte ein überraschendes Erlebnis, als sie sich wie gewohnt spontan zu Live-Musik bewegte: "Ich hatte den Eindruck, dass die Menschen mich plötzlich anstrahlten, weil ich ihre Freude an der Musik teilte." Beide hatten sich bewusst für ihr Experiment eine belebte größere Stadt ausgewählt, um möglichst viele verschiedene Reaktionen zu erleben. Ihre Absicht war dabei, das gegenseitige Verständnis zu stärken.

Gestrandet im Flüchtlingslager

Nach diesem Experiment geriet dann Renate Knauss nur zwei Tage später ungewollt in eine für sie viel heftigere Erfahrung, diesmal ohne Kopftuch. Auf dem Heimweg von einer Tagung in Wolfsburg war wetterbedingt der Zugverkehr zusammengebrochen. Nach langem Warten auf dem Bahnhof wurde sie zusammen mit 300 weiteren gestrandeten Fahrgästen in einem leer stehenden Flüchtlingslager untergebracht.

Feldbett, Dusche über den Hof und Massenverpflegung

Zuerst löste das Betreten des umzäunten Lagers ein beklemmendes Gefühl aus. Dann die Unterbringung in sechs-, vier- und im besten Fall in zwei-Bett-Kabinen, die nach oben zur Hallendecke offen waren und ausgestattet mit einfachen Feldbetten, das sei schon heftig gewesen. Toiletten und Duschen waren über den Hof und zu den Mahlzeiten gab es Massenverpflegung in einer Halle. Das Rote Kreuz und die Feuerwehr hätten sie aber gut versorgt, erzählt Knauss. Und am nächsten Tag ging es dann mit Bussen und Regionalzügen weiter.

Wie gut es uns geht

Insgesamt sei dies aber ein sehr eindrückliches Erlebnis gewesen und habe ihr gezeigt, wie sich geflüchtete Menschen fühlen müssen. Außerdem sei ihr wieder einmal bewusst geworden, wie gut es ist, in Deutschland zu leben und ein eigenes Dach über dem Kopf zu haben, so Knauss.

Autor:

G H aus Bretten

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