Serie: Die Schicksale hinter den Steinen
Folge 2: Jeanetta Heli - Hausdame in der "Blume"

Das "Gasthaus zur Blume" (vorne rechts), in dem Jeanetta Heli gewohnt hat.  | Foto: privat
  • Das "Gasthaus zur Blume" (vorne rechts), in dem Jeanetta Heli gewohnt hat.
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Bretten (ger/Laura Luczkiewicz) 34 Stolpersteine liegen in Bretten. Dabei handelt es sich um Gedenksteine an Opfer der NS-Zeit, die vor deren ehemaligen Wohnhäusern verlegt wurden. Schüler des Melanchthon-Gymnasiums Bretten (MGB) haben im Jahr 2004 mit dem Geschichtslehrer Dirk Lundberg die Stolperstein-Aktion ins Leben gerufen: Durch Kuchenverkäufe und Patenschaften sammelten sie Geld für die Finanzierung einiger Steine, die von dem Künstler Gunter Demnig „erfunden“ und gefertigt werden. 
Immer am 9. November, am Tag der Pogromnacht, stehen MGB-Schüler an den Mahnmalen und erzählen von den Menschen, deren Schicksale sie mit Hilfe von Heidi Leins in Erfahrung gebracht haben. Die ehemalige Stadträtin Leins hat sich der Erforschung der Geschichte der Juden in Bretten verschrieben. In loser Reihenfolge erscheinen in der Brettener Woche/kraichgau.news die Geschichten dieser Menschen. Aufgeschrieben haben sie zehn Schülerinnen der zwölften Klasse am MGB. Über das Schicksal von Jeanette Heli schreibt Laura Luczkiewicz.

Das Schicksal von Jeanetta Heli

Jeanetta Heli, auch Johanna genannt, kam am 20. Januar 1891 in der kleinen Stadt Vallendar in Rheinland-Pfalz als Tochter von Moses Heli und Amelie Landau zur Welt. Überliefert ist, dass sie einige Zeit in Nürnberg lebte, dann am 29. September 1920 allerdings von dort wieder nach Vallendar in die Hellenstraße 34 zog. In Bretten findet sich ihre Spur, von Stuttgart kommend, ab 1. Oktober 1936 – zu einer Zeit also, in der die Nürnberger Rassengesetze bereits seit einem Jahr in Kraft getreten waren.

Juden wurden aus Handel, Gewerbe und Wissenschaft verdrängt

Sie arbeitete als Hausdame bei Louis Ettlinger und seiner Frau Jettchen in der Metzgerei und im Gasthaus „Zur Blume“ am Marktplatz 5 in der Melanchthonstadt. Deutschlandweit lieferte Ettlinger Wurstwaren und verkaufte auch Wurst am Frankfurter Hauptbahnhof. Eine Folge der Nürnberger Gesetze war die „Arisierung“ des Handels, des Gewerbes und der Wissenschaften. Juden wurden dadurch aus diesen Bereichen verdrängt. Louis Ettlinger verkaufte in diesem Zug unter Druck die „Blume“. Konditor Albert Zipperer wurde neuer Eigentümer. 

Von einem Lager ins andere verschleppt

Deshalb musste Jeanetta mit dem Ehepaar Ettlinger am 1. September 1937 in die Zähringerstraße 3 umziehen. Drei Jahre später, am 22. Oktober 1940, wurde sie zusammen mit den anderen Brettener Juden in das Lager Gurs nach Südfrankreich deportiert. Von dort kam sie am 3. Juli 1942 in das Lager Rivesaltes bei Perpignan. Aber schon einen Monat später, am 11. August, wurde sie weiter nach Drancy gebracht, wo sie ebenfalls nicht lange blieb.
Laut Aufzeichnungen wurde sie drei Tage später im Convoi 19 in das KZ Auschwitz verschleppt und dort vermutlich sofort vergast. Jeanetta Heli war zu diesem Zeitpunkt 52 Jahre alt. Offiziell für tot erklärt wurde sie aber erst lange nach ihrer Ermordung: am 30. September 1968 durch einen Beschluss des Amtsgerichts Bretten. 

Text: Laura Luczkiewicz

Die weiteren Folgen der Serie finden Sie auf unserer Themenseite "Schicksale hinter Stolpersteinen".

Autor:

Kraichgau News aus Bretten

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