Keine Stellungnahmen aus Bevölkerung eingegangen
Gemeinderat verabschiedet Energieplan
Bretten (hk) Der Gemeinderat hat die kommunale Wärmeplanung in Form des Energieplans Stadt Bretten mehrheitlich beschlossen. Er soll fristgerecht bis zum 31. Dezember 2023 beim Regierungspräsidium Karlsruhe eingereicht werden.
Die Herausforderung im Wärmesektor besteht darin, den Energiebedarf drastisch zu reduzieren und den verbleibenden Bedarf klimaneutral, vorzugsweise mit erneuerbaren Energien, zu decken. Dieser Leitsatz bildet das Herzstück des Brettener Energieplans und ist umso wichtiger, als der Wärmesektor mit 56 Prozent den größten Anteil am Gesamtenergiebedarf in Bretten darstellt.
"Bretten zeozweifrei 2035" aktualisiert
Bereits im Jahr 2021 hat der Gemeinderat mit „Bretten zeozweifrei 2035“ das Ziel einer klimagerechten Stadt bis 2035 festgelegt. Dieser Energieplan wurde nun entsprechend der gesetzlichen Vorgaben angepasst und aktualisiert. Besonders hervorzuheben ist, dass mit dem Energieplan der Stadt Bretten eine Planung vorliegt, deren Umsetzung bereits begonnen hat, zum Beispiel durch den Ausbau des Nahwärmenetzes in der Kernstadt.
Die Umsetzung des Energieplans ist auch eine Antwort auf die gesetzlichen Vorgaben des Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetzes Baden-Württemberg. Bis zum 31. Dezember 2023 müssen alle Stadtkreise und Großen Kreisstädte, zu denen auch Bretten gehört, einen kommunalen Wärmeplan erstellen. Laut Energieplan wird es perspektivisch ein großes zusammenhängendes und erneuerbares Fernwärmenetz in Bretten geben.
Stadtrat betont Notwendigkeit für aktive Einbindung der Bürger
Zu dem öffentlich ausgelegten Energieplan seien keine Stellungnahmen oder Anregungen aus der Bevölkerung eingegangen, informierte Martin Knecht von der CDU. Dieser Umstand werfe, laut Knecht, Fragen auf, aus denen der Stadtrat eine klare Forderung ableitete: "Eine Energiewende funktioniert nur, wenn unsere Bürgerinnen und Bürger aktiv mitgenommen werden – und zwar in verständlicher Form und mit der Zusage von Unterstützung", so Knecht. Der CDU-Stadrat äußerte sich auch besorgt über die zögerliche Sanierungsrate. Laut dem von Armin Holdschick von der Umwelt- und Energieagentur des Landkreises Karlsruhe vorgestellten Energieplan, liegt die Sanierungsquote mit weniger als ein Prozent deutlich hinter den Erwartungen. Um bis 2045 einen klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen, müsste die Sanierungsquote etwa verfünffacht werden.
Stadtrat Knecht sprach auch die finanzielle Herausforderung an. Bei Kosten von circa 25.000 Euro für eine Photovoltaik-Anlage beispielsweise auf dem Dach eines Reihenhauses und ähnlichen Kosten für eine Dachsanierung stelle sich die Frage, wie die Bürger diese finanzielle Verantwortung letztendlich tragen sollen.
Grüne sehen Potenzial für klimaneutrale Wärmeversorgung bis 2040
Auch Hermann Fülberth (die aktiven) bemerkte, dass es keine Stellungnahmen aus der Bevölkerung zu diesem Thema gegeben habe. Gründe dafür könnten seiner Ansicht nach Desinteresse oder Unsicherheiten der Bürger in Bezug auf den Klimawandel sein. Fülberth betonte, dass der Klimawandel eine Realität sei, die Wirksamkeit der geplanten Maßnahmen jedoch abzuwarten bleibe. Ute Kratzmeier von den Grünen zeigte dagegen optimistischere Perspektiven auf. Sie wies darauf hin, dass das Potenzial zur Deckung des Strom- und Wärmebedarfs bis 2040 den prognostizierten Bedarf übersteige. Laut vorgelegtem Energieplan liegt im Stromsektor der Deckungsanteil der erneuerbaren Energien bei 105 Prozent, im Wärmesektor bei 158 Prozent. Besonders hob Kratzmeier die Tiefengeothermie hervor, die nach wie vor einen Glücksfall darstelle und von den Grünen aus "tiefster Überzeugung" unterstützt werde. Kratzmeier betonte auch die Notwendigkeit, das Mobilitätskonzept eng mit dem Energieplan zu verknüpfen. "Wir möchten an dieser Stelle daran erinnern, dass wir im kommenden Jahr den Klimabeirat der Stadt arbeiten sehen wollen, weil wir in ihm eine wichtige Ankerfunktion zwischen Rat, Verwaltung und Bürgerschaft sehen", sagte Kratzmeier.
Langfristige Vorteile und finanzielle Entlastung
Für Thomas Rebel von der Freien Wählervereinigung eröffnet die Wärmeplanung realistische Perspektiven, die Wärmeversorgung in den nächsten Jahrzehnten klimaneutral umzubauen, "wozu wir gesetzlich verpflichtet sind", erinnerte der Stadtrat. Rebel verwies auf das Potenzial der Stromerzeugung durch Photovoltaik und Solarstrom in Bretten, das durch die Nutzung von Freiflächen, Gewerbeflächen, Parkplatzüberdachungen und Gebäudedächern bis zu 90 Prozent des derzeitigen Strombedarfs decken könnte. "Das ist beachtlich. Im Moment sind wir erst bei acht Prozent", so Rebel. Laut Energieplan könnten Freiflächenanlagen zum Beispiel entlang der Bahntrasse nördlich von Bauerbach oder Überdachungsanlagen von verschiedenen Parkplätzen auf Brettener Gemarkung realisiert werden. Nun gelte es, mit dem priorisierten Maßnahmenkatalog in die Umsetzung zu gehen, sagte Rebel abschließend. Edgar Schlotterbeck (SPD) hob die Bedeutung der erneuerbaren Energien für die Zukunft hervor und betonte, dass sich dies langfristig auch finanziell auszahlen werde.
Kritik an Tiefengeothermie und Zweifel an Umsetzbarkeit der Pläne
Andreas Laitenberger von der AfD äußerte dagegen große Bedenken, insbesondere bei der Tiefengeothermie. Er betonte, dass diese Energiequelle nicht nachhaltig sei: "Man muss ständig nachbohren, weil diese Bohrungen, die kilometerweit in die Erde gehen, auskühlen. Ich glaube auch nicht, dass wir, wenn wir das tiefengeothermische Kraftwerk in Graben-Neudorf fertig haben, die Leitung bis nach Bretten bekommen." In diesem Zusammenhang warf er die Frage auf, wer letztlich die Kosten tragen werde, die bis heute noch nicht definiert seien. Außerdem, so Laitenberger weiter, seien "die heutigen Gesetze nicht umsetzbar, tragbar und auch nicht finanzierbar. Das, was Sie vorhaben, funktioniert so nicht", sagte er zu Holdschick von der Umwelt- und Energieagentur. Deshalb werde er dem Beschluss nicht zustimmen.
Oberbürgermeister appelliert an Mitwirkung bei Energieplan
Daran schloss sich eine Diskussion über die eingeteilten Eignungsgebiete in dezentrale beziehungsweise zentrale Wärmeversorgungsstrukturen an. Das heißt, es gibt Gebiete, welche zukünftig vorrangig entweder mit Einzelheizungen oder mit Wärmenetzen versorgt werden. Stadtrat Knecht dazu: "Ich empfinde diese Karte nicht als bürgergerecht im Sinne der Gleichbehandlung." Nach einer längeren Diskussion, in der klar wurde, dass es sich bei der Einteilung nicht um endgültig festgelegte Rahmenbedingungen handelt und im weiteren Prozess in Abhängigkeit von technischen, wirtschaftlichen und sozialen Aspekten mit möglichen Änderungen und Konkretisierungen zu rechnen ist, sagte der OB dazu: "Wir müssen erst einmal die Masse dranhängen." Laut Energieplan gilt als Planungsgrundlage für den Ausbau von Wärmenetzen: Je höher die Wärmedichte, desto größer sind die Realisierungschancen für Wärmenetze.
Lob für Methodik
Der OB nahm auch die Bürger bei der Umsetzung des Energieplans in die Pflicht. Er verwies auf konkrete Beispiele wie Diedelsheim, wo die geplante Umsetzung eines Nahwärmenetzes auf eine überschaubare Bereitschaft der Bürger gestoßen sei. "Das hat uns überrascht", so Wolff. Ähnliche Erfahrungen habe man auch beim Thema Bioenergie-Dorf Dürrenbüchig gemacht. Trotz mehrfacher Information habe sich die Mitwirkungsbereitschaft der Bürger in Grenzen gehalten. "Es liegt auch an der Bereitsschaft der Bürger, mitzumachen", sagte der OB. Lob gab es dann von Fabian Nowak (Grüne): Die Stadt und die Energieagentur hätten eine hervorragende Methodik entwickelt, um den Bedarf in den verschiedenen Stadtgebieten zu ermitteln. Holdschick ergänzte: Wichtig sei nicht nur, was für den Bürger finanziell leistbar, sondern auch, was technisch machbar ist.
Autor:Havva Keskin aus Bretten |
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