Landrat hat kein Verständnis für Lucha-Diskussion
Gesundheitsamt Karlsruhe will Übergang von Pandemie zu Endemie

31 Gesundheitsämter haben ein Positionspapier zum Umgang mit der Corona-Pandemie erarbeitet.
  • 31 Gesundheitsämter haben ein Positionspapier zum Umgang mit der Corona-Pandemie erarbeitet.
  • hochgeladen von Christian Schweizer

Landkreis Karlsruhe (kn) "Die geltende Strategie zur Bekämpfung der Corona-Pandemie wird der aktuellen Infektionslage nicht mehr gerecht." Dieser Auffassung haben 31 Gesundheitsämter im Land, darunter auch das Amt in Karlsruhe, in Form eines Positionspapiers Ausdruck verliehen. In dem Papier weisen die Behörden unter anderem darauf hin, wie aus ihrer Sicht Schutzmaßnahmen "weitaus zielgerichteter und effizienter vorgenommen werden könnten, als sie derzeit noch gesetzlich erforderliche Praxis sind". Mit dem Papier stellen sich die Ämter auch hinter die Forderungen von Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (wir berichteten).

Konzentration auf schwere Verläufe und Ausbruchsgeschehen

Aktuell, so heißt es von den Gesundheitsämtern, sei ein Großteil der Mitarbeiter mit der Erfassung von Einzelfallmeldungen beschäftigt, ohne dass sich daraus praktische Folgen ergeben würden. Das mache es schwer oder unmöglich, sich auf das eigentlich Notwendige zu konzentrieren. „Sinnvoller als endlos Datenbanken zu füttern, aus denen sich keinerlei rechtliche Konsequenzen ergeben, wäre eine Konzentration auf ausführliche Ermittlungen bei Menschen mit schweren Krankheitsverläufen und auf konkrete Ausbruchsgeschehen“, unterstreicht der Leiter des Gesundheitsamts Karlsruhe, Dr. Peter Friebel.

"Mit Covid umgehen, wie mit "normaler" Infektionskrankheit" 

Im Positionspapier der Ämter wird auch die Beendigung der Absonderung für Infizierte und deren Haushaltsangehörige gefordert. „Diese Maßnahmen greifen mittlerweile überwiegend zu spät, um Ansteckungen zu verhindern, und haben kaum noch Einfluss aufs Pandemiegeschehen,“ betont Friebel. In vielen Bereichen – gerade im Gesundheitssektor – führe der quarantänebedingte Personalmangel aktuell zu einer relevanten Verschlechterung der Versorgung. Auch weil die befürchtete Überlastung des Gesundheitssystems und kritischer Infrastruktur trotz hoher Infektionszahlen ausgeblieben sei, plädiere er dafür, mit Covid umzugehen, wie mit einer „normalen“ Infektionskrankheit. Das bedeute, dass eine Diagnostik nur bei einer durch einen Arzt festgestellten medizinischen Notwendigkeit durchgeführt werde und nur der zu Hause bleibe, der tatsächlich krank sei.

"Nährboden für kriminelle Strukturen"

Das würde auch ein Ende der unzähligen Schnellteststationen bedeuten, die darüber hinaus auch im Stadt- und Landkreis Karlsruhe Nährboden für kriminelle Strukturen seien. „Wir erleben massenhafte Testung durch Laien mit zweifelhafter Qualität und das Verbrennen von Steuergeld in teilweisen kriminellen Strukturen bei wenig Auswirkung auf das Pandemiegeschehen und die Krankheitslast“, kritisiert der Leiter des Gesundheitsamts. Und weiter: „Zugleich passen vollbesetzte Fußballstadien und auf der anderen Seite die andauernde massive Einschränkung durch Quarantäne überhaupt nicht mehr zusammen.“

Landrat hat kein Verständnis für Diskussion

Dass sich der Landessozialminister Manne Lucha der Expertise der Gesundheitsämter angeschlossen habe, die auch vom Landkreistag und dem Ärzteverband im Öffentlichen Gesundheitsdienst Baden-Württemberg unterstützt werde, begrüßt Landrat Christoph Schnaudigel. Für die daraufhin entbrannte Diskussion habe er allerdings kein Verständnis: „Niemand hat ein Ende der Schutzmaßnahmen gefordert und niemand bestreitet die hohen Fallzahlen. Aber gerade deshalb lohnt sich die Prüfung, was zum jetzigen Zeitpunkt noch Sinn macht und effizient ist, anstatt eingefahrene Wege immer weiter zu beschreiten. Dabei ist es sicher nicht falsch, die fachliche Argumentation derjenigen zu berücksichtigen, die an der Basis die Arbeit machen.“

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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