Ein Virus steht im Mittelpunkt in der Region
Immer mehr Veranstalter ergreifen Maßnahmen gegen Corona-Ausbreitung

Beim Discounter Aldi in Bretten waren am Montagmorgen alle im Voraus beworbenen Desinfektionsmittel nach 20 Minuten ausverkauft. bea
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  • hochgeladen von Chris Heinemann

Bretten/Region (ch) Spätestens seitdem am vergangenen Freitag eine private Arztpraxis den ersten mit dem Coronavirus angesteckten Patienten in Bretten bestätigt hat, ist der neuartige Erreger auch im Unteren Kraichgau Gesprächsthema Nummer eins. Inzwischen werden fast täglich neue Erkrankungen gemeldet. Das macht es zugleich auch schwerer, bei der Berichterstattung mit der Entwicklung Schritt zu halten.

Fünf Fälle in Bretten, fünf Fälle im Enzkreis und elf Fälle im Landkreis Karlsruhe

Nach Auskunft der zuständigen Gesundheitsämter gab es am gestrigen Dienstag im Landkreis Karlsruhe insgesamt elf bestätigte Corona-Fälle, davon fünf in Bretten, im Enzkreis dagegen nur fünf (Stand 10. März, 18.30 Uhr). Darüber hinaus wurde eine unbekannte Zahl von Menschen, die mit den Erkrankten zuvor Kontakt hatte, in häusliche Isolation geschickt. Wegen der sich ständig verändernden Zahlen sah sich das Gesundheitsamt im Landkreis Karlsruhe außerstande, belastbare Zahlen zu den Quarantänefällen zu nennen, während die Gesundheitsbehörde des benachbarten Enzkreises insgesamt sechs Menschen in häuslicher Isolation meldete, einschließlich der fünf positiv getesteten Personen.

Hamsterkäufe und breite Aufklärung

Derweil scheint der Informationshunger der Bevölkerung noch lange nicht gestillt. Bislang reagiert die übergroße Mehrheit besonnen. Trotz breiter Aufklärung, zum Beispiel auf Internetseiten von Gesundheitsbehörden, Kommunen und dem Brettener Woche-Online-Leserportal kraichgau.news, kursieren jedoch vereinzelt unhaltbare Gerüchte und Verschwörungstheorien. Stellenweise kam es schon zu Hamsterkäufen bei Konserven und Hygieneartikeln. So waren beispielsweise am Montagmorgen beim Discounter Aldi in Bretten alle im Voraus beworbenen Desinfektionsmittel nach 20 Minuten ausverkauft.

Keine Übertragung des Virus in der Region

Aufgeschreckt durch Medienberichte über schwere Krankheitsverläufe bis hin zu Todesfällen treibt die Menschen vor allem die Frage nach dem Ansteckungsrisiko um. Experten raten allerdings, bei aller teils auch berechtigten Sorge, die sprichwörtliche Kirche im Dorf zu lassen. „Die geringe Zahl an positiv festgestellten Corona-Erkrankungen in Stadt und Landkreis Karlsruhe deutet darauf hin, dass auch das Ansteckungsrisiko in unserer Region nach wie vor gering ist“, hieß es gestern vonseiten des Landratsamts Karlsruhe auf eine entsprechende Nachfrage von Brettener Woche/kraichgau.news. Und weiter: „Bisher wurde noch keine Übertragung des Virus innerhalb der Region nachgewiesen.“ Auch die vom Enzkreis bestätigten Corona-Patienten waren laut einer Mitteilung kurz zuvor von einer Reise zurückgekehrt.

Meistens milde Krankheitsverläufe bei Corona-Infizierten

Bei den meisten Patienten aus der Region scheint es sich um milde Krankheitsverläufe zu handeln. Wie die Brettener Woche von Alexander Tsongas, dem Sprecher der Regionale Kliniken Holding (RKH) erfuhr, gab es bis gestern in den RKH-Kliniken in Bretten, Bruchsal und Mühlacker noch keinen einzigen bestätigten Corona-Fall. Dennoch ergreifen nicht nur Krankenhäuser, Arztpraxen und Seniorenheime, sondern auch immer mehr Behörden, Kommunen, Schulen, Unternehmen und Vereine Vorsichtsmaßnahmen, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu erschweren.

Separate Behandlungszimmer bei Ärzten

Ärzte haben, wo es möglich ist, separate Behandlungszimmer für Corona-Verdachtspatienten eingerichtet. Darunter auch die Brettener Praxis von Dr. Wolfgang Stütz im Kraichgau-Center. Die Ärzte wiederholen zugleich gebetsmühlenartig, bloß nicht ohne telefonische Anmeldung in der Praxis zu erscheinen. Zudem haben die RKH-Kliniken ihre Besucherregelung eingeschränkt: Bis auf Weiteres wird pro Patient und Tag nur noch ein Besucher zugelassen. Auch um anfällige Patienten vor unbeabsichtigter Übertragung zu schützen, wie Alexander Tsongas erläuterte. Darum bemühen sich auch Alten- und Pflegeheime in Bretten und der Region.

Alten- und Pflegeheime sind vorbereitet

So steht etwa das Evangelische Alten- und Pflegeheim Bretten nach Betreiberauskunft in engem Kontakt mit Hausärzten, hat vorsorglich seine Mitarbeiter in Hygiene geschult und sensibilisiert die Besucher, um das Infektionsrisiko gering zu halten. Ähnlich das Sozialwerk Bethesda, das laut Vorstandschef Peter Mayer darum bittet, von Besuchen in seinen Heimen derzeit abzusehen, und alle größeren Veranstaltungen abgesagt hat. Das Seniorenzentrum Haus Losenberg in Wössingen hat zusätzlich weitere Desinfektionsspender aufgestellt und seine Schutzkleidung aufgestockt, wie Heimleiter Frank Huck mitteilt.

Viele Städte, Gemeinden sagen Veranstaltungen ab

Der Brettener Oberbürgermeister Martin Wolff sagte bereits am Freitag nach einer Krisensitzung sämtliche Veranstaltungen in städtischen Innenräumen bis Ende März vorsorglich ab. Zuvor hatte bereits Bruchsal den für 14. März geplanten Bürgerempfang verschoben. Andere Veranstalter zogen nach: Unter anderem wurde gestern die für 21. und 22. März geplante Regio Schau in Oberderdingen von der Gemeinde abgeblasen. Schulen sagten Klassenfahrten ab, zum Beispiel nach Italien wie das Melanchthon-Gymnasium und die Schillerschule, strichen eigene Veranstaltungen und sämtliche außerschulischen Exkursionen wie die Beruflichen Schulen Bretten oder wandelten kurzerhand – wie die Leopold-Feigenbutz-Realschule Oberderdingen – den Elternsprechabend am 17. März in eine Telefonaktion um.

"Wer krank ist, sollte zuhause bleiben"

Firmen stornieren Geschäftsreisen, setzen verstärkt auf Online-Kommunikation, bereiten teilweise schon Computer-Heimarbeitsplätze für ihre Mitarbeiter vor und halten sie zu verstärkter Hygiene an. Landrat Dr. Christoph Schnaudigel und Dr. Ulrich Wagner vom Kreisgesundheitsamt appellierten an die Eigenverantwortung aller, wie auch bei jeder Grippewelle Hygienehinweisen zu folgen, um sich und die Mitmenschen zu schützen. „Wer krank ist, ganz egal, ob mit Schnupfen, Husten oder anderen Symptomen, soll bitte zu Hause bleiben“, empfiehlt Dr. Brigitte Joggerst, die Leiterin des Gesundheitsamts im Enzkreis. Das gelte insbesondere für Menschen mit Fieber. Dabei gehe es „in keinem Fall um Panikmache“, betonte der Erste Landesbeamte im Enzkreis, Wolfgang Herz. Vielmehr darum, Ansteckungswege zu unterbrechen, und so zu versuchen, „die Corona-Welle flach zu halten.“

Information und Corona-Hotlines für Landkreis Karlsruhe und Enzkreis:

Stadt- und Landkreis Karlsruhe: 0721 1333333
Stadt Pforzheim und Enzkreis: 07231 308-6850 (Montag bis Freitag 8 bis 16 Uhr, Dienstag 8 bis 18 Uhr)

Mehr lesen Sie auf unserer Themenseite Coronavirus.

Autor:

Chris Heinemann aus Bretten

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