Leserbrief zu den Abfallgebühren in Bretten
"Keine Motivation zum Müllverzicht"
Die kürzlich vollzogene drastische Erhöhung der Abfallgebühren in Bretten/Landkreis Karlsruhe möchte ich nicht unkommentiert hinnehmen. Als wäre man nicht schon genug gestraft damit, dass die Wirtschaftsprognosen nichts Gutes versprechen, das Weihnachtsgeld gestrichen oder gekürzt wurde und vielerorts das Damoklesschwert „Kurzarbeit“ über einem schwebt, wurde uns zum Jahresende vom Abfallwirtschaftsbetrieb des LK Karlsruhe noch ein schönes „Geschenk“ in die Kundeninformationsbroschüre gepackt: die Gebühren zur Abfallentsorgung steigen zum Jahresbeginn 2020.
Und zwar deutlich: Bei der häufigsten Restmülltonnengröße 80 Liter steigt die Grundgebühr um 23,8 Prozent und die Leerungsgebühr um 62 Prozent. In Summe satte 39 Prozent (bei Nutzung aller Leerungen). Ein interessanter Umstand dürfte dabei sicher sein, dass gerade bei der häufigsten Tonne die höchste Gebührensteigerung zum Tragen kommt, während es bei dem größten Behältnis (1.100 Liter) „nur“ rund 18 Prozent sind. Bei näherem Hinsehen ergibt die gesamte Kalkulation kein stimmiges Bild. Jedenfalls dann, wenn man motiviert werden soll, weniger Müll zu verursachen, wie es die Broschüre schönrechnen will.
Dazu einige Beispiele: Die 60-Liter-Tonne ist zu diesen Konditionen absolut unattraktiv, da die Differenz zur 80-Liter-Tonne zu gering ist. Wer nur ein bisschen Rechnen kann, merkt das selbst: wenn ich mit der 80-Liter-Tonne nur fünf Leerungen einspare, dann bin ich 2,70 Euro günstiger und habe sogar 120 Liter mehr Müll verbrauchen können. Möchte man ehrlich einen Anreiz schaffen, das Müllvolumen zu reduzieren, dann muss auch nachweislich die Gebühr je Liter mit sinkender Zahl der Leerungen und geringerer Tonnengröße ebenfalls kleiner werden.
Aber genau das Gegenteil ist der Fall: 0,65 Euro pro Liter beträgt der höchste Wert bei vier Leerungen einer 60-Liter-Tonne (0,24 Kubikmeter) und 0,094 Euro pro Liter ist der niedrigste Wert für 26 Leerungen eines 1.100-Liter-Containers (28,6 Kubikmeter). Man hat also auch hier die Wahl zwischen Mindermengenzuschlag oder Mengenrabatt.
Vergleicht man die Gebühren einmal mit anderen Entsorgungsunternehmen in der Umgebung oder auch bundesweit, dann stellt man schnell fest, dass es nicht sehr viele Entsorgungsunternehmen zu geben scheint, die auf so hohem Kostenniveau arbeiten. Bundesweit am häufigsten vertreten, ist wahrscheinlich die 120-Liter-Tonne für Restmüll, daher habe ich diese für einen Vergleich gewählt. Die Angaben beziehen sich nur auf Restmüll für ein Jahr, mit 14-tägigem Leerungsintervall: Berlin 139,04 Euro, München 159,12 Euro (Bio kostenlos), Heilbronn 184 Euro, Hamburg 201,72 Euro, Stuttgart 211,20 Euro, Böblingen 228,60 Euro, Germersheim 237,10 Euro, Pforzheim 241,78 Euro, Mannheim 256,80 Euro, Tübingen 258 Euro, Enzkreis 262,44 Euro (Vier-Personen-Haushalt), Kaiserslautern 297,48 Euro (332,52 Euro inklusive 120-Liter Bio mit Leerung alle sieben Tage von Mai bis November), Frankfurt/Main 301,92 (wöchentlich pauschal), Freiburg 324,60 Euro (Vier-Personen-Haushalt, 140 Liter) und Bretten 377 Euro.
Es ist schon verwunderlich, warum ausgerechnet bei uns die Müllentsorgung so abartig teuer sein muss, wenn es so viele andere ganz offensichtlich auch günstiger können! Ich möchte ja wirklich niemandem etwas unterstellen. Aber man könnte hier schon den Eindruck bekommen, dass der Fokus wohl eher auf Gewinnmaximierung gelegt wird und nicht auf vernünftiges und kostendeckendes Wirtschaften im Interesse der Kunden. Für mich ist diese Müllpreispolitik nicht mehr nachvollziehbar und was zu viel ist, ist eben einfach zu viel. Wir trennen schon lange so gut es geht und vermeiden unnötigen Müll wo immer es möglich ist. Wir sind ein Haushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern und unsere 80-Liter-Tonne ist noch nie mit halb geöffnetem Deckel an der Straße gestanden, auch ohne Stopfen.
Eine Biotonne werden wir aus bestimmten Gründen nicht verwenden, Wertstofftonne, Papiertonne und Restmülltonne beanspruchen ohnehin bereits genug Platz. Konsequenterweise werden wir in Zukunft zwei bis drei Mal im Monat unseren Bio-Müll zum Grünabfallsammelplatz bringen. Natürlich leider mit dem Auto, aber was soll man machen? Mal sehen, wie viele Leerungen wir damit einsparen können. Ich empfinde auf jeden Fall die Höhe der Gebühren im Hinblick auf die genannten Vergleichswerte als ungerechtfertigt hoch und außerdem in ihrer Zusammensetzung ungerecht und in keiner Weise nachvollziehbar: Für 26 Leerungen einer 80-Liter Restmülltonne muss ich jetzt 262,60 Euro bezahlen. Wenn ich ab 2021 auf eine 80-Liter Biotonne und 60-Liter Restmülltonne mit 13 Leerungen umstellen würde, dann kostete mich das 265,50 Euro. Für die Reduzierung meines Restmüllvolumens um über 62 Prozent müsste ich also 2,90 Euro mehr bezahlen? Kann mir das jemand verständlich erklären?
Andreas Müller
Bretten
Autor:Kraichgau News aus Bretten |
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