40 alte Bäume gefällt
NABU Bretten trauert um Streuobstwiese in Gölshausen
Am frühen Montagmorgen des 28. November heulten mehrere Motorsägen auf einer Streuobstwiese nahe dem Industriegebiet bei Gölshausen. Ein paar Stunden später erreichte den NABU-Landesverband in Stuttgart ein Brief vom Landratsamt Karlsruhe mit der Information, dass die Stadt Bretten am Donnerstag 17. November einen Sofortvollzug auf Rodung der Streuobstwiese gestellt hatte, dem am Montag 21. November das Landratsamt zugestimmt hatte. Während ein Baum nach dem anderen gefällt wurde, versuchte zeitgleich der Anwalt des NABU einen Stopp der Rodung zu erreichen. Es begann ein Wettkampf zwischen Motorsäge und Anwalt. Als das Verwaltungsgericht am Abend den Rodungsstopp verfügte stand von ca. 40 Bäumen nur noch 1 auf der Streuobstwiese. Dies auch nur durch den Einsatz des Vorsitzenden des NABU Baden-Württemberg (BW) Johannes Enssle, der vor Ort war. Eindeutiger Sieger war die Stadt Bretten mit ihren schnellen Motorsägen.
Im Juli 2020 hat unser Landtag das Biodiversitätsstärkungsgesetz verabschiedet. Streuobstwiesen sind seitdem durch den § 33a Naturschutzgesetz geschützt und dürfen nur im Ausnahmefall nach behördlicher Genehmigung gerodet werden. Um die Wirksamkeit dieses Gesetztes zu prüfen hatte der NABU BW in diesem Jahr bei den Landratsämtern eine Umfrage durchgeführt. Ergebnis: Zwischen März 2021 und Februar 2022 wurden 54 Rodungsanträge gestellt, von denen 42 genehmigt wurden. D.h. die Ausnahme wurde zur Regel. Das Ziel der Gesetzesänderung wurde völlig verfehlt. Der NABU BW hat deshalb im Mai 2022 Widerspruch gegen alle Rodungsanträge gestellt. Daraufhin wurden alle Verfahren gestoppt. Gerichte sollten klären, ob die Ausnahmen rechtens sind.
Ich frage mich, warum der NABU durch die Stadt Bretten und das Landratsamt nicht umgehend informiert wurde über den beantragten Sofortvollzug und dessen Zustimmung durch das Landratsamt. Wie kann es sein, dass die Stadt Bretten eine Firma zum Fällen der Bäume beauftragt und der NABU hat noch nicht mal eine Information über den Sofortvollzug? Wann und wie hat das Landratsamt die Stadt Bretten vorab informiert? Warum hat man nicht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Dezember abgewartet? Man kann sagen, clever gemacht. Erst Fakten schaffen und dann den Unschuldigen geben.
Der NABU Bretten arbeitet seit Jahren mit der Stadt Bretten v.a. bei der Biotoppflege eng zusammen. Es gibt Differenzen z.B. bei der Südwestumgehung oder bei der Forderung des NABU zur Einbindung der Bürger beim Klimaschutz. In einer Demokratie sind unterschiedliche Meinungen aber gewollt, solange das im fairen Umgang und respektvollen Ton erfolgt. Die Rodung der Streuobstwiese ist ein schwerer Vertrauensbruch zwischen der Stadt Bretten und dem NABU Bretten. Beim NABU Bretten herrscht deshalb eine große Wut, Enttäuschung und Misstrauen.
Was bleibt? Wieder eine Streuobstwiese weniger. Schockierte Naturschützer in Bretten und ganz Baden-Württemberg. Es steht noch 1 Baum auf der Streuobstwiese. Ein Baum als Mahnmal für eine verlorene Streuobstwiese, als Erinnerung an 40 gefällte Bäume. Ich hoffe, dass er noch lange stehen wird und ich hoffe auch, dass der Gesetzgeber das Naturschutzgesetz so anpasst, dass die Ausnahmegenehmigungen in Zukunft die Ausnahme sein werden.
Norbert Fleischer
1. Vorsitzender NABU Bretten
Autor:NABU Bretten aus Bretten | |
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