Faktencheck Dossier


Durch eine Kooperation mit dem Bundesverband kostenloser Wochenzeitungen (BVDA), dem 157 Verlage mit einer wöchentlichen Auflage von 35,3 Mio. Exemplaren angehören, erscheint in den kostenlosen Wochenzeitungen regelmäßig ein Faktencheck des unabhängigen und gemeinnützigen Recherchezentrums CORRECTIV. Die vielfach ausgezeichnete Redaktion deckt systematische Missstände auf und überprüft irreführende Behauptungen. Wie Falschmeldungen unsere Wahrnehmung beeinflussen und wie Sie sich vor gezielten Falschnachrichten schützen können, erfahren Sie unter correctiv.org/faktencheck.

CORRECTIV - FAKTENCHECK DER WOCHE
Nein, dieses Video zeigt keinen Bombenangriff in Deutschland

Foto: daniel meinicke iz - unsplash

Auf Tiktok teilt eine Person ein Video, das einen Bombenangriff in Deutschland zeigen soll. Das stimmt nicht. Es wurde in Bremen aufgenommen, vermutlich bei einem Großbrand im Jahr 2020. „Heute Abend Explosion“, steht auf einem Label, das am Anfang eines Tiktok-Videos eingeblendet wird. Die Aufnahme zeigt eine Häuserreihe, dahinter steigt schwarzer Rauch auf. „Erster Bombenangriff in Deutschland – Krieg?“, heißt es dann. Doch ganz am Ende steht dann: Das Video habe eine schlechte Qualität, der Ersteller gehe also von einem „Fake“ aus.

Aufnahme wurde 250.000 Mal angezeigt

Die Aufnahme wurde 250.000 Mal angezeigt. Manche Kommentare zeigen, dass Nutzerinnen und Nutzer wirklich an einen Bombenangriff glauben. So kommentierte einer: „Warnschuss von Putin“, ein anderer schrieb: „Ich hau ab“. Andere zweifeln die Echtheit an und schreiben, das Video sei wohl in Bremen bei einem Brand aufgenommen worden – die Angaben dazu, um welchen Brand es geht, gehen aber auseinander. Unsere Recherche zeigt: Das Video stammt tatsächlich aus Bremen. Laut Feuerwehr könnte es einen Großbrand im April 2020 zeigen.

Video wurde in der Bonifaciusstraße in Bremen aufgenommen

Wir haben die Aufnahme verschiedenen öffentlichen Stellen in Bremen geschickt. Im Rathaus verweist Sprecher Karl-Henry Lahmann auf die Landesbildstelle Bremen. Dort erreichen wir Mirko Becker, der den Ort des Videos identifizieren kann: Er sagt, es handle sich um die Bonifaciusstraße, eine kurze Gasse unweit des Industriehafens. Der Vergleich mit Google Street View bestätigt das. Mehrere Details, die dort zu sehen sind, stimmen mit jenen im Tiktok-Video überein, so etwa das gelb-braun gestreifte Haus auf der rechten Straßenseite und das pinke, leicht vorspringende Haus ein Stück weiter die Straße entlang. Ein Anhänger mit blauer Plane, der im Tiktok-Video zu sehen ist, steht auch auf Google Street View in der Straße.

Video zeigt vermutlich einen Brand mehrerer Lagerhallen

Auf Bremen fiel zwar in jüngster Zeit keine Bombe, doch es gab in den vergangenen Jahren mehrere Großbrände. So brannte zum Beispiel 2018 ein Baudock in der Lürssen-Werft und am 28. April 2020 brannten zehn große Lagerhallen am Industriehafen. Sowohl Mirko Becker vom Landesfilmarchiv, als auch Michael Richartz, Sprecher der Bremer Feuerwehr, erinnern sich an diesen Brand 2020, als sie das Video sehen. „Möglicherweise könnte es sich in dem Video um dieses Ereignis handeln“, schreibt Richartz. Auch die Polizei Bremen geht davon aus, dass das Video diesen Brand zeigt, schreibt uns Sprecherin Franka Haedke auf unsere Anfrage. Das ergibt Sinn: Aufnahmen der Feuerwehr von damals zeigen eine ähnliche schwarze Rauchsäule. Außerdem wurde das Video in der Bonifaciusstraße mit Blick Richtung Südwesten aufgenommen. In dieser Richtung liegt das Industriegelände, auf dem es gebrannt hatte – der Tägliche Hafenbericht nennt etwa die Holzhandlung Louis Krages.

Update: Die Polizei Bremen antwortete uns nach der Veröffentlichung auf unsere Presseanfrage. Wir haben die Antwort im Text ergänzt.

-------------------------------------------------------------------------------

Stand vom 28. Februar 2023. Mögliche Änderungen oder Aktualisierungen finden Sie hier im Originalartikel: https://correctiv.org/faktencheck/2023/02/28/nein-dieses-video-zeigt-keinen-bombenangriff-in-deutschland/

Fakten für die Demokratie
Durch eine Kooperation mit dem Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter (BVDA), erscheint in den Anzeigenblättern regelmäßig ein Faktencheck des unabhängigen und gemeinnützigen Recherchezentrums CORRECTIV. Die vielfach ausgezeichnete Redaktion deckt systematisch Missstände auf und überprüft irreführende Behauptungen. Wie Falschmeldungen unsere Wahrnehmung beeinflussen und wie Sie sich vor gezielten Falschnachrichten schützen können, erfahren Sie hier.

Abonnieren Sie für regelmäßige Updates auch den Newsletter von CORRECTIV.Faktencheck.

Im Kurs der Bürgerakademie, der digitalen Lernplattform von CORRECTIV, lernen Sie außerdem, wie Sie zuverlässige Quellen erkennen und seriöse Informationen einordnen. Zum Kurs „Fake News entdecken”.

Autor:

Kraichgau News aus Bretten

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

17 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.