Baustellen in Bretten schmälern Barrierefreiheit
Stadt Bretten reagiert auf Kritik
Bretten/Oberderdingen (ger) Die Baustelle an der Sporgasse hat nicht nur die Zahl der Parkplätze dort stark verringert, sondern wegen der neuen Einbahnstraßenregelung auch eine Verlegung der Bushaltestelle auf den Postweg nach sich gezogen. Für Susanne Jansen aus Oberderdingen ist es daher nun nicht mehr möglich, mit dem Bus nach Bretten zum Einkaufen zu fahren. Sie sitzt im Rollstuhl und für sie war die barrierefreie Bushaltestelle in der Sporgasse die einzige Möglichkeit, sicher auszusteigen. In einem Leserbrief in der Brettener Woche machte sie auf ihre Situation aufmerksam, die ja auch weitere gehbehinderte Menschen betrifft. „Mir geht es darum, dass zum Beispiel auch bei der Einrichtung von Baustellen an Behinderte gedacht wird“, erklärte sie im Gespräch mit der Brettener Woche/kraichgau.news. Schon Bordsteine und kleine Schwellen sind für viele Rollifahrer unüberbrückbare Hindernisse. Als an einer Baustelle in der Nähe ihres Zuhauses eine Starkstromleitung einfach mit Holzbrettern abgedeckt war, musste Jansen jedes Mal einen großen Umweg machen, um nach Hause zu kommen.
Lob für barrierefrei umgebauten Bahnhof in Bauerbach
Die Ersatzhaltestelle ist nicht barrierefrei, und selbst wenn sie es wäre, könnte Jansen nicht in die Weißhofer Galerie gelangen, da die Apothekergasse für ihren Rollstuhl viel zu steil ist. Ein weiteres Versäumnis bei der Baustelle an der Sporgasse sei, dass die drei Behinderten-Parkplätze ersatzlos weggefallen seien. Jansen verfügt über ein Auto, das für ihre Belange umgerüstet ist, aber nicht jeder Behinderten-Parkplatz ist dafür geräumig genug. Sie steigt nämlich über einen Rollstuhllift ein und aus, der seitlich am Auto ausfährt. Lobend äußert sie sich über den jüngst erst barrierefrei umgebauten S-Bahnhof in Bauerbach. „Das ist eine große Verbesserung! So kann ich jetzt gut nach Karlsruhe fahren.“ Zumal auch der Umstieg an der Tullastraße dank Barrierefreiheit problemlos sei. Auch die Ausflüge nach Karlsruhe sind aber nicht spontan möglich, da Jansen sich immer im Voraus beim Betreiber erkundigen muss, ob und wann Niedrigflurbahnen unterwegs sind.
Verein Lasso versteht sich als Ansprechpartner für alle, die eingeschränkt sind
Kleinen Kommunen wie Bretten bleibe es selbst überlassen, einen Behindertenbeauftragten einzusetzen, erfuhr Jansen beim Landratsamt Karlsruhe, wo ein Beauftragter für den ganzen Landkreis angesiedelt ist. Von ihm bekam sie jedoch den Kontakt zum Verein Lasso in Bretten, der sich nun im Hinblick auf die Einschränkungen, die die Baustelle auf der Sporgasse mit sich bringt, an die Stadt gewandt hat. Der 2019 gegründete Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, alle Menschen zu unterstützen, die in irgendeiner Weise in ihrem Leben und ihrem Alltag eingeschränkt sind. „Wer behindert oder krank ist und Hilfe braucht, dem machen es Bürokratie und Behörden oft zusätzlich noch schwer, Unterstützung bekommen“, begründet die Vorsitzende Alexandra Grenzhäuser die Motivation des Vereins. Sie kümmert sich in erster Linie um die politische Arbeit, während Kassiererin Trixi Hörning die Beratung aller Hilfesuchender übernimmt. „Aufgrund eigener Erfahrung haben wir schon eine große Expertise in allen Belangen und zahlreiche Kontakte zu anderen Organisationen und Verbänden. Das wollen wir weitergeben“, so Grenzhäuser.
Haltestelle am Bernhardushaus jetzt barrierefrei
Die Anregungen von Jansen und Grenzhäuser sind in der Stadt auf offene Ohren gestoßen. Fabian Dickemann, Leiter des Amtes für Bauen, Gebäudemanagement und Umwelt, hat auf Jansens Anregung bereits reagiert und die Ersatzhaltestelle am Postweg/Bernhardushaus mit einem höheren Bordstein versehen lassen, so dass ein Bus dort eine Rampe für einen Rollstuhl ausfahren kann. Das ist keine Lösung für Jansen, hilft aber wahrscheinlich anderen Menschen. Auf Nachfrage erläutert der Fahrdienstleiter des Busunternehmens Wöhrle, Igor Anselm, dass manche Busse vom Bahnhof wieder zurück über die Sporgasse fahren, wo Jansen dann aussteigen könnte. „Frau Jansen kann sich gerne bei uns melden, um zu erfahren, welche Busse passen“, so Anselm. Dass jeder Bus eine Schleife über die Sporgasse fährt, wie von Lasso vorgeschlagen, sei aufgrund des Fahrplans nicht möglich.
Auf Sporgasse wird ein Behindertenparkplatz eingerichtet
Achim Kleinhans vom Ordnungsamt bestätigt, dass in den nächsten Tagen ein Behindertenparkplatz an der Sporgasse eingerichtet wird und zwar im vorderen Bereich am Gehweg. „Gerade für die Einrichtung von Baustellen wäre es für die Kommunen sinnvoll, einen Ansprechpartner für die Belange von Behinderten zu haben“, findet Jansen, die sich das für sich selbst als ehrenamtliche Aufgabe gut vorstellen könnte. Grenzhäuser und ihre Mitstreiter von Lasso planen unterdessen eine Begehung in Oberderdingen im Hinblick auf Barrierefreiheit, wie sie es in der Vergangenheit schon in Bretten realisiert hatten. Dabei konnte jeder, der sich für die Sichtweise von Mobilitätseingeschränkten interessierte, selbst versuchen, sich mit einem Rollstuhl durch die Stadt zu bewegen. Jansen möchte hier gerne behilflich sein, denn wie sie es ausdrückt: „Es geht einfach darum, Menschen für das Thema zu sensibilisieren.“
Autor:Katrin Gerweck aus Bretten |
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