Teilweise Befangenheit von Stadträtin bei Sporgassen-Abstimmung bestätigt
Streit um Rechtssicherheit bei Sporgasse in Bretten

Die Bebauung der Sporgasse ist in Bretten immer wieder ein heiß diskutiertes Thema. swiz
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  • hochgeladen von Christian Schweizer

Bretten (swiz/bea) Die endlose Geschichte rund um die Bebauung der Sporgasse in Bretten ist um eine Episode reicher: Wie der Brettener Oberbürgermeister Martin Wolff auf Anfrage der Brettener Woche/kraichgau.news exklusiv bestätigt hat, hat das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe die "aktiven"-Stadträtin Ariane Maaß in einem der vier Abstimmungspunkte zur Beschlussfassung über die Bebauung des Areals im Herzen der Melanchthonstadt für befangen erklärt. Konkret handelt es sich dabei um den Punkt "Der Gemeinderat beauftragt die Verwaltung - als Voraussetzung für die Weiterentwicklung des Dienstleistungszentrums mit Arztpraxen - Mietverträge mit den Interessenten abzuschließen" aus der Ratssitzung vom 24. November. Ein weiterer Abstimmungspunkt soll nach Informationen der Brettener Woche ebenfalls noch in der Prüfung des RP sein. Das Regierungspräsidium wollte auf Nachfrage, mit Verweis auf "laufende Verfahren", allerdings keine Informationen nennen. Die Prüfung der Abstimmung durch das RP geht dabei auf die Initiative der Brettener Gemeinderatsfraktion "die aktiven" zurück.

Mietverträge haben "Gremienvorbehalt"

Diese haben sich nach Bekanntwerden der RP-Entscheidung mit einer harschen Verwaltungskritik zu Wort gemeldet. Mit der Feststellung der Befangenheit sei der Beschluss zur Bebauung der Sporgasse gemäß Paragraph 18 der Gemeindeordnung rechtswidrig. Dies sieht Wolff hingegen naturgemäß anders: "Das Aushandeln der Mietverträge ist eine Aufgabe des laufenden Geschäfts." Zudem seien alle Mietverträge sowieso mit einem sogenannten "Gremienvorbehalt" versehen. "Das bedeutet, dass der Gemeinderat zu jedem Mietvertrag noch seine Zustimmung geben muss." Daher sei der Punkt vier sogar eher als obsolet zu betrachten, so Wolff.

"Überredet" oder "informiert"?

Uneinig sind sich Verwaltungsspitze und "die aktiven" auch im Fall von Ariane Maaß selbst. Laut Fraktionssprecher Jörg Biermann wollte diese an der Abstimmung gar nicht teilnehmen, da sie auch aus ihrer Sicht befangen war. "Dann wurde sie aber von Bürgermeister Michael Nöltner zum Abstimmen überredet." Dem widerspricht Nöltner auf Nachfrage dieser Zeitung. "Frau Maaß wurde lediglich mitgeteilt, dass sie unserer Einschätzung nach, nicht befangen ist und daher die Möglichkeit hat, mit abzustimmen." Man habe die Rätin daher lediglich "informiert". Maaß bestätigt auf Anfrage den Vorgang: "Ich hatte den Ratssaal verlassen. Draußen wurde mir dann aber von Bürgermeister Nöltner und Hauptamtsleiterin Susanne Hess bestätigt, dass ich nicht befangen sei, was ja auf die Punkte eins bis drei auch zutrifft." Die Verwaltungsvorschrift zur Befangenheit von Räten war aufgrund mehrerer Hinweise von Biermann, dass eindeutig Befangenheit vorliege, vor der Abstimmung auch noch einmal an die Wand des Ratssaals projiziert worden.

"Wollten Klarheit schaffen"

Mit der Beschwerde beim RP habe man vor allem Klarheit schaffen wollen, so Biermann. Man habe in dem Vorgehen der beiden Verwaltungsspitzen den Versuch erkannt, "eine Spaltung innerhalb der aktiven-Fraktion durchzuführen". Dem stehe man entschlossen entgegen und stelle sich hinter die Fraktionskollegin, die zwar ein persönliches Interesse an der Bebauung habe, sich aber den bestehenden Gesetzen unterordnen müsse. In erster Linie, so Biermann, sei nun aber "den Machenschaften der Verwaltungsspitze durch die Prüfung des Regierungspräsidiums Einhalt geboten" worden. Und weiter: "Während im Vorfeld das Einmaleins der schmutzigen Kommunalpolitik in voller Bandbreite von den beiden Stadtoberhäuptern gespielt wurde, um die Mehrheit für die Sporgassenbebauung und das Gesundheitszentrum zu erzwingen, hat die Antwort des RP dem Treiben jetzt zum Glück ein jähes Ende gesetzt."

Sporgasse nochmal "auf den Prüfstand"?

Nun hoffe man sehr, so Biermann, "dass auch die anderen Gemeinderäte, die sich zu dem Beschluss haben verleiten lassen, erkennen, dass sie vorgeführt und instrumentalisiert wurden". Ein „weiter so“ könne es nach der Antwort des RP nicht geben. Es müsse nun vielmehr die gesamte Planung und alle Vorgänge zur Sporgasse nochmal auf den Prüfstand gestellt werden. "Wer so die Wahrheit und die Tatsachen beugt und verdreht wie es der OB und der BM getan haben, dem ist auch in anderen Punkten nur sehr schwer zu vertrauen", wird Biermann deutlich.

"Politik am Bürger vorbei"

Auch aktiven-Stadtrat Aaron Treut hat sich zu dem Vorgang geäußert und bekundete gegenüber der Brettener Woche "seine tiefe Zufriedenheit, dass das Projekt Sporgasse in der jetzigen Form gestoppt ist." Es könne und dürfe nicht sein, dass eine Maßnahme im Mittelpunkt der Stadt, die nahezu 20 Millionen Euro kosten solle, "ohne vernünftige und tragfähige Planung, ohne klare Kostenkalkulation, ohne die technische Machbarkeit vom Gemeinderat beschlossen wird, nur um der Verwaltungsspitze eine Gefälligkeit zu erweisen". Das sei eindeutig Politik am Bürger vorbei, dem stünden die aktiven entgegen. Zudem, so Treut, seien von der Verwaltung Gerüchte gestreut worden, "in denen es um angebliche persönliche Abrechnungen Einzelner mit der Verwaltungsspitze ging, oder es versuchten einzelne Gemeinderäte mit dem Vorwurf, 'man würde Dauerwahlkampf betreiben', Stimmung für die Verwaltungsspitze zu machen".

Neue Überplanung des Geländes gefordert

Im Weihnachts-Interview der Brettener Woche habe OB Wolff überdies behauptet, es mangele im Gemeinderat in erster Linie an Kommunikation. Dies sei nicht so, sagt Treut. Vielmehr werde "eher bewusst durch die Verwaltungsspitze und ihre Unterstützer im Gemeinderat eine Spaltung betrieben, um ihre Ideen besser durchzudrücken, so wie am Beispiel der Sporgasse geschehen". Es gehe bei den Mehrheiten im Gemeinderat inzwischen fast ausschließlich darum, ob es der OB wolle oder nicht. Abschließend formuliert Biermann noch die weiteren Ziele der aktiven, was die Bebauung der Sporgasse angeht: "Wir setzen uns für eine neue Überplanung des Geländes ein, die den heutigen inhaltlichen, städtebaulichen und klimatischen Vorstellungen entspricht, nicht denen von vor etwa zehn Jahren. Sollte sich hierfür keine Mehrheit finden, schlagen wir einen Bürgerentscheid vor".

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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