Gemeinderat Bretten debattiert über seine Größe
"Wählen gehen ist wie Zähneputzen"
Bretten (hk) Ist es an der Zeit, den Brettener Gemeinderat in Bretten zu vergrößern? Mit dieser Frage beschäftigten sich die Stadträte in ihrer jüngsten Sitzung am Dienstagabend. Anlass der Diskussion ist der Anstieg der Einwohnerzahl von Bretten auf über 30.000 Einwohner. Gemäß der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg bestünde damit die Möglichkeit, die Zahl der Gemeinderatsmitglieder um 23 Prozent auf 32 zu erhöhen. Oberbürgermeister Martin Wolff wies darauf hin, dass ohne eine entsprechende Maßnahme, der nächste Rat automatisch 32 Mitglieder haben werde, "wenn der Gemeinderat es so geschehen lässt."
Interfraktioneller Antrag gegen Erhöhung
Ein interfraktioneller Antrag, der von der CDU-, der FWV- und der SPD-Fraktion sowie der FDP und den fraktionslosen Mitgliedern Ariane Maaß und Sibille Elskamp gestellt wurde, befasst sich mit dieser Thematik und fordert die Beibehaltung der bisherigen Anzahl von 26 Gemeinderäten auch in der nächsten Legislaturperiode – ungeachtet des Anstiegs der Einwohnerzahl. Mehrheitlich folgte der Rat dem Antrag, die Gemeinderatsgröße in ihrer ursprünglichen Form auch nach der Kommunalwahl 2024 zu belassen und ergänzte einen entsprechenden Passus in der Hauptsatzung der Stadt Bretten.
"Keine Stärkung der Demokratie durch größeres Gremium"
Laut interfraktionellem Antrag werde erwartet, dass die Einwohnerzahl nur knapp die 30.000-Einwohner-Marke überschreitet. Mit verbindlichen Ergebnissen aus der Volkszählung 2022 sei jedoch erst gegen Ende des Jahres zu rechnen. Dennoch erscheine eine Vergrößerung des Gemeinderats aus Sicht der antragstellenden Stadträte nicht zielführend. Ein weiteres Argument gegen einen größeren Gemeinderat sei die tendenziell sinkende Wahlbeteiligung, insbesondere bei Kommunalwahlen. Es wäre ein gefährlicher Trugschluss anzunehmen, so die Stadträte, dass die Demokratie und Bürgerbeteiligung in der Stadt durch ein noch größeres Gremium gestärkt werden könnten.
"Wählen gehen ist wie Zähneputzen"
Die Fraktionen verweisen auf laufende Bestrebungen auf Bundes- und Landesebene, die Größe von Parlamenten zu reduzieren, um steigenden Kosten entgegenzuwirken. Auch in Bretten würde ein größeres Gremium "primär steigende Kosten mit eher sekundärem Nutzen" verursachen, argumentieren die Stadträte in ihrem Antrag. Insbesondere in Zeiten knapper Kassen sei dies unverantwortlich. Eine Vergrößerung des Gemeinderats würde letztendlich zu einem Mehraufwand für die Verwaltung und die Fraktionen führen, ohne dass eine Optimierung der Arbeit erreicht werde.
Bernd Neuschl (CDU) betonte, dass es ein Scheinargument sei anzunehmen, ein größerer Gemeinderat könne das Interesse der Bevölkerung an der Kommunalpolitik erhöhen. Als Anmerkung fügte er hinzu: "Wählen gehen ist wie Zähneputzen. Tut man es nicht, wird es braun."
"Demokratie ist nicht abhängig von der Größe des Gremiums"
Die Debatte über die Größe politischer Gremien sei nicht nur auf Kommunal- und Landesebene begrenzt, wie Edgar Schlotterbeck (SPD), verdeutlichte: "In ganz Deutschland wird über die Abgeordneten im zu großen Bundestag diskutiert." Ähnlich sah es Jan Elskamp (FDP), wonach Parlamente "nicht schwerfällig und teurer werden" dürften, da sie sonst die Akzeptanz der Bevölkerung verspielen würden. Die fraktionslose Stadträtin Ariane Maaß stellte die Frage, ob die Demokratie abhängig von der Größe des Gremiums sei. "Ich denke nicht", sagte sie, zumal die größte Volksvertretung, die chinesische, "ja nun wahrlich nicht demokratisch ist."
"Rat ist nicht überbläht"
AfD-Stadtrat Andreas Laitenberger kritisierte die CDU-Fraktion, die in diesem Zusammenhang über die Haushaltslage debattiere, was sie beispielsweise bei der Bildung eines Klimabeirats jedoch nicht interessiert habe, bei dem nicht einmal berechnet wurde, welche Kosten er verursachen könnte. Laitenberger sagte, dass der Brettener Gemeinderat nicht "überbläht" sei, im Gegenteil, er sei zu klein. In seinen Augen sei eine Beibehaltung der aktuellen Größe des Gemeinderats ein Schritt gegen die "Vielfalt unserer Demokratie".
"Wir stehen der Sache leidenschaftslos gegenüber"
Auch Hermann Fülberth (die aktiven) störte sich an der wirtschaftlichen Begründung der CDU. Dabei habe man "keine fünf Minuten vorher locker flockig" dafür gestimmt, 32.000 Euro für die Gründung der Projektentwicklungsgesellschaft Regionaler Wärmeverbund auszugeben. Sein Fraktionskollege Jörg Biermann bezeichnete die Haltung, sechs weiteren Personen die Mitwirkung in der Kommunalpolitik zu untersagen, als anmaßend, gemäß dem Motto: "Wir sind uns selbst genug." Otto Mansdörfer (Grüne) sagte, die Grünen stünden der Frage, ob 32 oder 26 Mitglieder im Gemeinderat vertreten sein sollten, "relativ leidenschaftlos" gegenüber, dennoch, so Mansdörfer weiter, "sind wir lieber fünf von 26 als sechs von 32." Aus seiner Sicht entstehe eine verbesserte Bürgerbeteiligung eher durch die Einbindung der Bevölkerung bei "sachlich und zeitlich begrenzten Themen" wie mit dem Klimabeirat geplant.
Autor:Havva Keskin aus Bretten |
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