PCR-Pooltest – Fluch oder Segen?
Brettener Eltern wehren sich mit Petition gegen geplante Testumstellung in Kindergärten
Bretten (ger) Großen Wirbel unter den Eltern der Brettener Kindergärten hat die Nachricht ausgelöst, dass ab 1. Februar bei den Testungen der Kinder auf eine Corona-Infektion von Schnelltests auf PCR-Pooltests umgestellt werden soll. In der Zwischenzeit hat die Stadt dieses Angebot vorerst um einen Monat verschoben. Hintergrund sei die Einschätzung des zuständigen Gesundheitsamts, dass die Einführung aufgrund der hohen und stark steigenden Infektionszahlen zum jetzigen Zeitpunkt problematisch wäre. Eltern, die sich an die Brettener Woche/kraichgau.news gewandt hatten, sehen jedoch als Grund für die Verschiebung auch ihre Vorbehalte gegenüber der Testmethode, wie sie zum Beispiel in einer Petition „Die Durchführung der Pool-Testung verhindern“ auf change.org dargelegt sind. Was war geschehen?
Eltern unter Generalverdacht
Erst seit 10. Januar 2022 sind Tests für Kita-Kinder überhaupt verpflichtend, schon seit April 2021 stellt die Stadt den Kitas aber Tests zur Verfügung. In wenigen Einrichtungen werden sie vor Ort durchgeführt, in den meisten zuhause von den Eltern. Seit Januar verlangen viele Tagesstätten montags einen Test von einer offiziellen Teststelle, an den beiden anderen Tagen führen die Eltern den Test zuhause durch und bestätigen dies mit ihrer Unterschrift. Für Unmut sorgte zum Beispiel in Neibsheim eine E-Mail des Kindergartens vom 21. Januar, in der der „berechtigte Verdacht“ geäußert wurde, „dass manche Eltern nur bescheinigen, aber gar nicht wirklich testen.“ Nicht nur Gudrun Gerweck, deren Tochter den Kindergarten St. Mauritius besucht, sondern auch andere Eltern sind verärgert über den „Generalverdacht“, unter den sie alle gestellt würden. „Da wäre es doch besser gewesen, die Eltern, von denen das gedacht wird, direkt anzusprechen“, schlägt sie vor. Schwierig findet sie auch, dass die Kinder bis ins Detail befragt würden, ob sie denn wirklich getestet worden seien.
Schreiben der Stadt kam sehr kurzfristig
Nach diesen Neuerungen fühlten sich viele Eltern dann förmlich überrumpelt, als Ende vergangener Woche ein Schreiben der Stadt kam, in dem angekündigt wurde, von den „bisherigen, ungenauen Antigen-Schnelltests auf die wesentlich sensitiveren und damit genaueren PCR-Pooltests“ umzustellen, die zweimal die Woche in der Einrichtung stattfinden müssten. Dabei ist das Procedere mit der so genannten Lolli-Methode folgendes: Die Kinder lutschen 30 Sekunden an einem medizinischen Wattetupfer. Die Test-Lollis von bis zu 25 Kindern kommen in einen Pool-Behälter und werden gesammelt im Labor untersucht. Das bedeutet, dass man bei einem positiven Ergebnis nur weiß, dass mindestens ein Kind infiziert ist. Um herauszufinden, wer betroffen ist, müssen sich daraufhin alle Kinder einzeln einem PCR-Test unterziehen. Solange dieses Ergebnis nicht da ist, dürfen die Kinder des Pools nicht wieder in die Einrichtung.
Zwei bis drei Tage daheim bei positivem Pool
Genau dieses Szenario ist es, dass einige Eltern dazu bewogen hat, eine Petition gegen die Pool-Testungen ins Leben zu rufen. Eine der Initiatorinnen (Name der Redaktion bekannt) erläutert, dass das ja mindestens zwei, wenn nicht drei Tage dauere: Die Poolproben werden, so die Stadt, ab zehn Uhr in den 22 Einrichtungen in der Kernstadt und den Stadtteilen eingesammelt und ins Labor nach Ettlingen gefahren, wo sie ausgewertet werden. Sehr optimistisch gerechnet, liegen die Ergebnisse am frühen Nachmittag vor. Bei positivem Pool sollten die Eltern die Materialien für eine Testung nach Hause mitbekommen beziehungsweise, da viele Kindergärten zu diesem Zeitpunkt schon geschlossen haben dürften, am nächsten Tag dort holen. Diese Probe würde dann wiederum in den Einrichtungen vom Labor abgeholt und ausgewertet. „Und in dieser Zeit kann das Kind ja nicht alleine zuhause bleiben“, sagt die Mutter, die die Petition gestartet hat. Das würde also für die meist berufstätigen Eltern heißen, dass sie nicht zur Arbeit könnten. Ein Zustand, der nicht nur für die Arbeitgeber unbefriedigend sei. Ein weiterer Nachteil, den die Petition aufführt: „Bis das Ergebnis kommt, haben unsere Kinder schon einen Vormittag mit dem erkrankten Kind verbracht.“ Zumal es in einigen Einrichtungen auch offene Konzepte gebe, bei denen die Kinder mehrerer Gruppen miteinander in Berührung kämen.
"Schnelltests nur Placebo"
Die Schnelltests hätten zwar eine geringere Sensitivität – die von der Stadt zur Verfügung gestellten, beziffert eine Übersicht des Paul-Ehrlich-Instituts mit einer Sensitivität von lediglich 58 Prozent – dafür habe man aber das Ergebnis innerhalb von 15 Minuten. Das würde auch verhindern, dass positive Kinder in den Kindergarten kämen. In der Petition findet sich daher auch die Forderung an die Stadt, bessere Schnelltests anzuschaffen. Bernhard Feineisen, Leiter des Kulturamts der Stadt, teilt auf Nachfrage mit, dass die Stadt schon seit Anfang der Testungen versucht habe, wegen der größeren Zuverlässigkeit der Ergebnisse, PCR-Pooltests zu ermöglichen. Erst jetzt habe sich mit dem Labor Synlab aus Ettlingen ein Anbieter dafür gefunden. „Die Zuverlässigkeit der Ergebnisse steht und fällt mit der Qualität der Tests“, sagt Feineisen. Das Ergebnis eines Schnelltests könnte daher unter Umständen nur ein Placebo sein, schließlich handle es sich lediglich um eine Momentaufnahme und sei keine Garantie dafür, dass nur uninfizierte Kinder in die Einrichtungen kämen.
"Für Kinder eine große Herausforderung, sich immer wieder auf Neues einzustellen"
In den Augen der Mutter, die die Petition gestartet hat, sind die meisten Eltern dafür, bei den bewährten Schnelltests zu bleiben. Die Elternbeiräte von nur zwei Einrichtungen hätten sich nicht gegen die Pooltests ausgesprochen. 359 Personen haben die Petition bisher (Stand 1. Februar, 14 Uhr) unterzeichnet. Zum Vergleich: Laut Feineisen besuchen derzeit 1.081 Kinder die Kindertageseinrichtungen in Bretten. Aus dem Kreis der Elternvertreter sei man gerade noch dabei, bei den Eltern eine Umfrage zu machen, um herauszufinden, wie viele dagegen und wie viele dafür seien. Gudrun Gerweck stört sich auch an der Art der Kommunikation der Stadt. Erst als sie bei Feineisen persönlich angerufen habe, habe sie erfahren, dass, wer nicht an den PCR-Pooltests teilnehmen wolle, alternativ Tests von offiziellen Teststellen vorweisen dürfe. „Das sollte doch offiziell kommuniziert werden, für alle, die Bedenken gegenüber der Pooltestung haben.“ Sie verweist auch darauf, dass es schwierig sein könne, bei einem Kind den Test zu nehmen, je nach Tagesform und Alter. Gerade bei den Krippenkindern unter drei Jahren sei das eine große Herausforderung. „Wir sind ja nicht erst seit gestern in der Pandemie. Für die Kinder ist das auch psychologisch gesehen eine große Herausforderung, sich auf immer Neues einzustellen“, sagt sie und plädiert für das bewährte Testmodell.
Stadt möchte an Einführung der Pooltests festhalten
Die meisten Einrichtungsleitungen äußerten sich auf Nachfrage eher zögerlich. Sandra Gamer, Leiterin des Krabbennests in Ruit, befürwortet die Testpflicht. Die PCR-Tests findet sie wegen der Zuverlässigkeit gut, trotz des großen Aufwands, den sie mit sich bringen. Schließlich müsse man die Testungen in den Tagesablauf integrieren. Aus einer anderen Einrichtung ist zu erfahren, dass die Computer-technischen Voraussetzungen sehr aufwendig seien. Die Stadt wird Mitte Februar zusammen mit dem Gesundheitsamt die Lage nochmals bewerten, möchte aber an der Einführung der Pooltests festhalten.
Autor:Katrin Gerweck aus Bretten |
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