Finanzielle Unsicherheit bei FAM

Ulrike Stromberger, Vorsitzende des Vereins FAM, hofft auf finanzielle Unterstützung der Stadt Bretten, nachdem der Kreistag beschlossen hat, eine freiwillige Leistung in Höhe von 3000 Euro für Familienzentren nicht in den Haushalt 2017 aufzunehmen.

Bretten (hk) Noch kommt man über die Runden, noch steht keine existenzielle Not bevor: Dennoch appelliert der Brettener Verein FAM (Für Alle Menschen) an das Verantwortungsbewusstsein der Stadt und hofft auf Hilfe. Es ist nicht auszuschließen, dass der Verein, unter dessen Dach eine Kita und ein Familienzentrum geführt werden, seine Angebote nicht mehr aufrechterhalten kann. Hintergrund ist der Beschluss des Kreistags, eine freiwillige Leistung in Höhe von 3000 Euro für Familienzentren nicht in den Haushalt 2017 aufzunehmen.

„So etwas kann man nur machen, wenn man von einer Vision getrieben ist“

„Ich habe gelernt, mich mit dem zu arrangieren, was vorhanden ist“, sagt Ulrike Stromberger, Vorsitzende von FAM. Seit 25 Jahren trägt sie die Idee der Inklusion, auf der die Grundprinzipien des Vereins beruhen, in ehrenamtlicher Arbeit trotz aller Widrigkeiten weiter. Daran sei sie inzwischen gewohnt. „Wir mussten jahrelang Räume anmieten und haben keine Zuschüsse erhalten. Das war ein großes Problem. Aber die Arbeit, die wir ehrenamtlich leisten – so etwas kann man nur machen, wenn man von einer Vision getrieben ist“, erklärt Stromberger und führt fort: „Uns ist es wichtig, dass alle, unabhängig von ihrer individuellen Lage, am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.“ Vor allem Familienzentren – 25 gibt es im Landkreis Karlsruhe – tragen als Orte der Begegnung entscheidend dazu bei. Der FAM, der keine Mitgliedsbeiträge erhebt, organisiert unter anderem das Interkulturelle Frauenturnen, den Väterstammtisch, das Elterncafé oder Kommunikationstraining für Migranten und Migrantinnen.

Unsicherheit in den Familienzentren

Doch jetzt steht der Verein vor großen Herausforderungen: Bisher wurde die freiwillige Leistung für Familienzentren in Höhe von 3000 Euro pro Jahr und pro Familienzentrum in den Haushalt des Kreistags aufgenommen. Nun fiel allerdings in der jüngsten Sitzung des Kreistags der Beschluss, es sei sinnvoller, wenn die Städte und Gemeinden weniger Kreisumlage zahlen und die nicht abgegebenen Gelder an kommunale Projekte wie Familienzentren und Jugendfreizeitstätten direkt weitergeben. Außerdem seien mit der Vergabe des Zuschusses, der aufgrund eines Kriterienkatalogs erfolge, hohe Verwaltungskosten verbunden, die nicht in Relation zu dem Zuschuss stehen würden. Seitens der Familienzentren herrscht nun aber Unsicherheit darüber, ob das Fördergeld von den Städten und Gemeinden tatsächlich direkt abgegeben wird, da die Haushaltsberatungen „zum größten Teil doch überall schon gelaufen“ wären, wie Beate Hauser vom Familienzentrum Friedrichstal in Stutensee in einem Schreiben an die Kreisräte mitteilt. Laut Martin Zawichowski, Pressesprecher des Landratsamtes Karlsruhe, hätten die Kommunen im Rahmen der Beratungen zum Haushalt andeuten lassen, dass diese bereit seien, den Erhalt der Familienzentren zu sichern: „Wir gehen davon aus, das die jeweilige Gemeinde die 3000 Euro in eigener Zuständigkeit übernimmt.“ Oberbürgermeister Martin Wolff betont auf Anfrage der Brettener Woche: „Wir lassen den FAM nicht im Regen stehen.“ Die Stadt trägt bereits die Mietkosten des Vereins. Sofern der Gemeinderat über die Verteilung zustimme und der förmliche Beschluss vorliege, könne sich der FAM über die weitere finanzielle Unterstützung der Stadt sicher sein.

Ehrenamtliche könnten Engagement niederlegen

Ansonsten drohen dem FAM unter Umständen der Wegfall der Förderung ehrenamtlicher Tätigkeiten (Ehrenamtspauschale) und Probleme bei der Finanzierung der Reinigungskraft. „Unsere Reinigungsfee ist die Einzige, die richtig bezahlt wird“, so Stromberger. Und das sei unerlässlich. Die Reinigung und Pflege der Räume ist eine der bedeutendsten Aufgaben, die zu besetzen ist. Denn dort wo sich kleine Kinder oder sogar Säuglinge aufhalten, müssen die Räumlichkeiten äußerst sauber sein. Ein möglicher Wegfall der Ehrenamtspauschale gibt außerdem Anlass zur Befürchtung, wie es aus der Stellungnahme des Netzwerkes der Familienzentren im Landkreis zum Beschluss des Kreistages hervorgeht, die Ehrenamtlichen könnten ihr Engagement niederlegen, da die „finanzielle Förderung auch eine große Wertschätzung ihrer Arbeit für die Gemeinschaft“ sei. Diesbezüglich hat Landrat Christoph Schnaudigel aber keine Bedenken. Da er davon ausgehe, dass „die Kommunen ihre Familienzentren weiterhin angemessen finanziell unterstützen werden, gehen wir nicht davon aus, dass Ehrenamtliche ihr Engagement aufgeben.“

Angebote können – noch – aufrechterhalten werden

Kann der FAM, der durchschnittlich 500 Besucher pro Monat hat, im Moment seine Angebote aufrechterhalten? „Es geht noch. Vieles läuft noch weiter“, weiß die Vorsitzende. Zurzeit könne sich der Verein auf das Landesförderprogramm „Stärke“ stützen, mit dem Stromberger die „Offenen Treffen“ oder das Elterncafé beziehungsweise die Stilltreffen vor dem Ausfall bewahren kann. Aber auch da bestehen Unsicherheiten, denn man könne sich nie sicher sein, wieviel man letztendlich erhalte, so Stromberger. Die genaue Summe ergebe sich aus der endgültigen Zahl der Bewerber, die sich wiederum ein festgelegtes Budget des Programms teilen. „Das Defizit trägt dann das Familienzentrum“, so Stromberger. Einziger Lichtblick: Förderprogramme, für die man sich noch bewerben kann. Allerdings besteht die Problematik darin, dass das Recherchieren und Bewerben sehr zeitaufwändig und somit schwer zu leisten sei. „Das ist ein großer Punkt, der übersehen wird: Die Verwaltung und die Organisation des Vereins. Das ist ein Wahnsinnsaufwand“, weiß Stromberger. Es sei schwierig, jemanden zu finden, der die nötigen zeitlichen Ressourcen habe und sich ohne Bezahlung um komplexe Belange dieser Art kümmert. „Das muss ja jemand kontinuierlich machen“, stellt Stromberger fest.

Charity-Aktion für FAM

In der Zwischenzeit erreichte den Verein Ende unverhoffte Hilfe von einem Pizza-Lieferdienst in Bretten. Dieser organisierte ein „Charity-Backen“ zugunsten des FAM und spendete eine Summe in Höhe von 200 Euro an die Kita und das Familienzentrum. „Ich habe die finanziellen Schwierigkeiten auf den sozialen Netzwerken verfolgt. Die Probleme des Vereins haben mich beschäftigt“, so Michael Martin, Inhaber von Flying Pizza in Bretten. „Ich wollte Frau Stromberger unterstützen und so entstand diese schöne Idee.“

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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