Gondelsheim erinnert an "entartete Künstler"
Gedenklesung an Bücherverbrennungen der Nationalsozialisten

In Gondelsheim gibt es eine Gedenklesung zur Bücherverbrennung. | Foto: archiv
  • In Gondelsheim gibt es eine Gedenklesung zur Bücherverbrennung.
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Gondelsheim (kn) Der Heimat- und Kulturverein Gondelsheim erinnert an ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte, die öffentlichen Bücherverbrennungen im Jahre 1933. Am 11. Mai findet im Bürgersaal des Rathauses um 19.30 Uhr eine öffentliche Gedenklesung statt mit Texten von Autoren, deren Werke die Nationalsozialisten als „schädlich für die geistige Gesundheit des deutschen Volkes“ bezeichneten. „Nur wer die Geschichte kennt, kann die Gegenwart verstehen und für die Zukunft lernen“, betont Bürgermeister Markus Rupp die Bedeutung einer solchen Veranstaltung und der studierte Historiker ergänzt: „Aktuell erleben wir, wie immer unversöhnlicher Meinungen in unserer Gesellschaft aufeinanderprallen. Umso wichtiger ist die Erinnerung daran, wohin das führen kann.“

"Derzeit gibt es gefährliche gesellschaftliche Tendenzen"

Deshalb ist Rupp dem Initiator der Gedenklesung Erwin Grab besonders dankbar für sein Engagement. „Als er mit dieser Idee zu uns kam, war schnell klar, wir machen das“, erinnert sich der Bürgermeister und Vorsitzende des Heimat- und Kulturvereins. Premiere dafür sollte 2020 sein, aber dann kam Corona und die bereits terminierte und organisierte Veranstaltung musste ausfallen. Umso mehr freut es Grab, dass nach drei Jahren Warten die erste Gedenklesung stattfindet. „Das ist mein Beitrag, den derzeit gefährlichen gesellschaftlichen Tendenzen entgegenzuwirken“, sagt er und fügt hinzu: „Wehret den Anfängen.“ Neben ihm werden drei Gondelsheimer Persönlichkeiten – der evangelische Pfarrer Stefan Kammerer, Diakon Robert Austen von der katholischen Kirche sowie der Gondelsheimer Küsntler und Autor Karl Vollmer aus Werken der „entarteten Künstler“ vorlesen.

Originaldokumente vom 10. Mai 1933

Grab, selbst Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller, führt thematisch in die Gedenklesung ein. Dabei präsentiert er auch Originaldokumente vom 10. Mai 1933, dem „Tag der Bücherverbrennung“, als in rund 20 deutschen Universitätsstädten öffentlich Bücher verbrannt wurden. Unter anderem bringt er eine Radioreportage zu Gehör, die die Bücherverbrennung auf dem Berliner Opernplatz eindrücklich schildert, bei der über 20.000 Bände ein Opfer der Flammen wurden. Musikalisch begleitet wird die Gedenklesung von der Jugendmusikschule Unterer Kraichgau.

Über 100 Autoren auf der "Schwarzen Liste" der Nazis

Auf der „Schwarzen Liste“ der Nationalsozialisten fanden sich über 100 Autoren wieder. Für diese Schriftsteller wie Kurt Tucholsky, Bertold Brecht, Joachim Ringelnatz oder Erich Kästner bedeutete das ein Berufsverbot. Sie wurden verfolgt, einige emigrierten, andere wurden ermordet. Ihre Werke durften nicht mehr verkauft werden und wurden aus den Bibliotheken entfernt. An diesen persönlichen wie kulturellen Verlust erinnert die Gedenklesung.

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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