Jöhlingen und Wössingen in der NS-Zeit
Informativer Vortrag stößt auf reges Interesse

Walzbachtal-Wössingen (red) Am 8. Mai findet jährlich der nationale Gedenktag zum Ende des Zweiten Weltkrieges in Deutschland und der Jahrestag zur Befreiung vom Nationalsozialismus statt. Zu diesem Anlass wollte der Heimat- und Kulturverein Walzbachtal auf das Geschehen in der NS-Zeit in Jöhlingen und Wössingen zurückblicken. Der Vorsitzende Karl-Heinz Burgey konnte im Wössinger Hof etwa hundert interessierte Besucher begrüßen, darunter Bürgermeister Timur Özcan. Referent des Abends war der Politologe und Historiker Karl-Heinz Glaser.

Ortschronik wertet umfangreiches Material aus

Glaser wies eingangs darauf hin, dass eine umfassende systematische Darstellung des Geschehens in Jöhlingen und Wössingen in der NS-Zeit bisher fehlen würde. Bisher liege lediglich eine Aufarbeitung von Jürgen Protz zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Jöhlingen vor, auch mit Bezug zu dieser Zeit. Im Zusammenhang mit der Erarbeitung der Ortschronik Jöhlingen – Wössingen – Walzbachtal sei daher umfangreiches Material aus dem Archiv der Gemeinde, dem Archiv des Landkreises und dem Generallandesarchiv in Karlsruhe ausgewertet worden, um dieses „dunkle Kapitel“ in der Geschichte der beiden Dörfer aufzuarbeiten.

Blick auf Geschehnisse um 1933

Glaser ging zunächst auf die Ausgangslage in Jöhlingen und Wössingen vor 1933 ein, die Ergebnisse der Reichstagswahlen von 1928 bis 1933 und zog dabei immer Vergleiche zu den Geschehnissen in Baden, insbesondere auch zur Berichterstattung in der Presse und den Propaganda-Reden im Radio. Er erläuterte auch die Rolle von Robert Wagner als Gauleiter und Reichsstatthalter für Baden ab 1930 und bei der Machtübernahme durch die NSDAP im März 1933. Auch in Jöhlingen und Wössingen waren die Ortsgruppen der NSDAP sehr aktiv, unter anderem mit Flugblatt-Aktionen, Aufmärschen, Parteireden und „Deutschen Abenden“. Auch die Ernennung von Adolf Hitler und Robert Wagner zu Ehrenbürgern durch den Gemeinderat Wössingen 1933, oder die Umbenennung von Straßen wurden betrachtet.

Vorgehen bei Machtübernahme in den Dörfern

Besonders eindrucksvoll für die Zuhörer waren die Ausführungen über örtliche Führungspersonen oder die Entfernung von frei gewählten Gemeinderäten und Bürgermeistern aus ihren Ämtern. Die Unterschiede in den Wahlergebnissen und beim Vorgehen zur Machtübernahme in beiden Dörfern wurden ebenfalls erläutert. Aber auch hier gab es Formen des Widerstandes und Denunziantentum.

Geschichte der jüdischen Mitbürger

Bedrückend war die Darstellung von Ergebnissen aus Spruchkammerverfahren der Alliierten ab 1946.
In Anlehnung an die bekannten Forschungsergebnisse von Jürgen Protz ging Karl-Heinz Glaser auf die Geschichte der jüdischen Mitbürger in Jöhlingen ein, das Geschehen in der Reichspogromnacht am 9. November 1938 und die Deportation der noch im Ort lebenden jüdischen Mitbürger nach Gurs am 22. Oktober 1940.

Vortrag führt zu regem Austausch

Im Anschluss an den Vortrag gab es noch einen regen Austausch der Besucher zum Geschehen der damaligen Zeit, teilweise auch mit weitergehenden Fragen oder Informationen einzelner Teilnehmer.
Der Vorsitzende des Heimatvereins, Karl-Heinz Burgey, bedankte sich bei dem Referenten Karl-Heinz Glaser für seine umfangreiche Auswertung der noch verfügbaren Unterlagen in den Archiven und die anschauliche und sachliche Darstellung im Vortrag. Er gab auch Hinweise für Interessierte zum Nachlesen einzelner Themenbereiche.

Autor:

Kraichgau News aus Bretten

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