Stadtgeschichte in allen Facetten: Forum Bau + Kultur engagiert sich für Kultur in Knittlingen

Große Pläne: (von links) FBK-Schatzmeister Georg Blatter, Gerd Schweizer und Jörg Schweizer wollen die umgebaute Kelter für Veranstaltungen nutzen.
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Das Forum Bau + Kultur ist ein Verein zur Förderung der Knittlinger Stadtgeschichte. Das wichtigste Projekt ist derzeit die Sanierung der alten Kelter, die der Verein einmal für Veranstaltungen nutzen möchte.

Knittlingen (wh) Dass der historischen Faust, Georg Johann Faust, 1480 in Knittlingen geboren wurde, kann man bei einem Besuch in der „Fauststadt“ schnell erfahren. Doch wer weiß schon, dass in Knittlingen auch (einer) der Erfinder der Mundharmonika lebte? Der Drechsler Ignaz Hotz stellte vor allem Spinnräder her und wollte deren Mechanismus nutzen, um Töne zu erzeugen. Sein Sohn Matthias Friedrich Hotz entwickelte draus die erste Konzert-Mundharmonika, die als „Knittlinger Oktav“ in die Musikgeschichte eingegangen ist.

Diese und andere weniger bekannte historische Fakten über Knittlingen vermittelt das Forum Bau + Kultur (FBK), ein seit 2003 eingetragener Verein, der sich der Förderung von Kunst, Kultur und Stadtgeschichte in Knittlingen verschrieben hat. Seither konnte schon einiges erreicht werden. So hat das FBK nicht nur 14 Hinweistafeln in der Altstadt installiert, sondern auch herausgefunden, dass Mozart im November 1777 mit seiner Mutter in der Knittlinger Poststation auf Durchreise übernachtete.

Sanierung der Alten Kelter

Im Zentrum der Arbeit des FBK stehen aber die Sanierung und der Ausbau der „Alten Kelter“ im Pfleghof. Das Gebäude, das aus dem 12. oder 13. Jahrhundert stammt, soll an die lange Geschichte Knittlingens erinnern. Der Ort sei im Mittelalter mit 5.000 Einwohnern eine Großstadt gewesen wie Ulm oder Cannstatt und habe aufgrund seiner Lage über Jahrhunderte eine große strategische Bedeutung gehabt, erklärt Gerd Schweizer, Gründer und ehemaliger erster Vorsitzender des FBK. Davon zeuge, dass der Pfleghof einst geschlossen und befestigt war, um wichtige Güter zu schützen. Und sogar schon zur Zeit der Römer spielte Knittlingen eine Rolle: „Man geht davon aus, dass von hier aus den Grenzwall der Römer mit Nahrungsmitteln versorgt wurden“, erzählt Gerd Schweizer, der 2015 den Vorsitz an Malte Lundberg abgab. Im 18. Jahrhundert war Knittlingen zudem eine Hochburg des Tabakabaus, wovon die letzte erhaltene Tabakscheuer zeugt.

Doch der Verein, dessen Motto „Weil Knittlingen unser Zuhause ist“ lautet, hat sich neben dem Erhalt historischer Gebäude auch der Kulturförderung verschrieben, weswegen die Kelter nicht nur dem Abriss gerettet werden, sondern auch als Veranstaltungsort Bedeutung in der Fauststadt erlangen soll. „Wir nennen es schon ‚Unser Konzerthaus‘“, sagt Jörg Schweizer, Organisator der Klavierkonzerte, augenzwinkernd. Schon seit 2004 organisiert das FBK regelmäßig Veranstaltungen in der Kelter, wie Märkte, Konzerte und Vorträge.

Meisterwerke der Musik

Die hochkarätigen Klassikkonzerte, die einmal in der Kelter stattfinden sollen, finden derzeit noch im naheliegenden Gemeindehaus statt. In diesem Jahr sind es vier verschiedene Konzerte unter dem Motto „Meisterwerke der Musik“. Die auftretenden Künstlerinnen und Künstler sind stets ausgebildete Musikerinnen und Musiker auf internationalem Niveau. Um einen Beitrag zur Förderung der klassischen Musik im ländlichen Raum zu leisten, erhalten Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren freien Eintritt zu den Konzerten – ein Angebot, das sich zum Beispiel auch an Schulklassen richtet. Zum anderen können sich junge Musikerinnen und Musiker bewerben, bei den Konzerten im Vorprogramm aufzutreten und sich einem klassikbegeisterten Publikum zu präsentieren. Für die Konzerte werden zudem immer Helferinnen und Helfer, die Spaß an klassischer Musik haben gesucht. Sobald das neue „Konzerthaus“ ausgebaut ist, sollen auch größere Musikveranstaltungen wie Kammermusik Moderne Musik und Jazz Konzerte stattfinden.

„Knittlinger Faust ist kein Goethe-Faust“

Die Pläne des FBK für die Kelter sehen aber noch einiges mehr vor: es soll gastronomische Nutzung geben, Sanitäranalgen sowie eine Teilunterkellerung. Die Pläne wurden 2013 vom Gemeinderat bestätigt und das Projekt schließlich in das Sanierungsgebiet „Historische Altstadt“ aufgenommen, das bis 2020 ausgeschrieben ist. Jetzt gehe es noch um die Finanzierung. Etwa 1,7 Millionen Euro, schätzt Gerd Schweizer könne der Umbau kosten. Man rechne mit hohen Zuschüssen. Das liege aber nun in der Hand der Stadtverwaltung.

Für Besucherinnen und Besucher der Stadt Knittlingen bietet das FBK Führungen mit Anekdoten, Geschichten und, wenn gewünscht, mit Weinprobe an, um die Stadtgeschichte in allen Facetten lebendig und verständlich wiederzugeben. Und ja, dazu gehört auch, aber eben nicht nur, Dr. Faust. Doch: „Der Knittlinger Faust ist kein Goethe-Faust“, betont Gerd Schweizer. Das Forum Bau + Kultur wünscht sich für die Zukunft eine enge Zusammenarbeit mir allen Institutionen in Knittlingen. Von der Pflege der eigenen Geschichte, historischen Bauwerke und Kultur könnten alle profitieren, sind sich beide Jörg und Gerd Schweizer und Malte Lundberg sicher.

Autor:

Wiebke Hagemann aus Bretten

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