Heimat- und Kulturverein Walzbachtal e.V.
Wanderungen „Grenzsteine und ihre Geschichte“

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- hochgeladen von Renate Müller
Auch mit etwas zeitlichem Abstand wollen wir noch über sehr eindrucksvolle Wandertouren berichten: Wegen der großen Zahl von Anmeldungen gingen wir an zwei Samstagen im Frühjahr (vor Beginn der neuen Vegetationszeit) mit jeweils einer Gruppe gut gelaunter und neugieriger Interessenten auf Tour entlang der Gemarkungsgrenze von Jöhlingen. Start war der Parkplatz am „Römerweg / Fraueneiche“. Unser Wanderführer war Manfred Juretzko, der sich als Vermessungs-Ingenieur nicht nur beruflich mit Vermessung und Grenzen auskennt, sondern seit längerer Zeit die Grenzsteine unserer Gemarkung erkundet hat.
An verschiedenen Stationen unterwegs gab Manfred auch einen geschichtlichen Rückblick: Seit dem späten Mittelalter findet man Belege für die Vermarkung von Besitztümern und Hoheitsgebieten mit Steinen. Für die Gemarkung Jöhlingen liegen erste Grenzbeschreibungen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts vor. Die Jöhlinger Gemarkungsgrenze umfasst etwa 24 km, mit rund 450 Gemarkungssteinen (die einzeln dokumentiert sind), von denen gut 200 noch auffindbar sind. Viele davon weisen Jahreszahlen zwischen 1738 und 1844 auf. Trotz ihres hohen Alters haben sie in der Regel noch ihre rechtliche und vermessungstechnische Bedeutung. Die systematische Vermessung Badens erfolgte nach 1806, angeregt durch den „Rheinbegradiger“ Johann Gottfried Tulla mit der von Großherzog Karl-Friedrich genehmigten Triangulierung (Dreiecksmessung). Die so ermittelten Landeskoordinaten bezogen sich auf das „Badische Greenwich“, die Sternwarte in Mannheim. Die Vermessungsarbeiten dienten zum einen zur genauen Kartierung des Landes, zum anderen zum Aufbau eines Katasters zur gerechteren Besteuerung von Grund und Boden. Aufbauend auf dem Vermessungsgesetz von 1852 erfolgte dann zunächst die Vermessung der Gemarkungsgrenzen, später der einzelnen Grundstücke. Diese Arbeiten, bei der ca. 4 Millionen Flurstücke vermessen wurden, bilden die Grundlage unseres heutigen Liegenschaftskatasters!
Die Tour ging zunächst vorbei am Modellflugplatz entlang der Gemarkungsgrenze Jöhlingen / Wössingen, vorbei am Eichwäldle, Richtung Schloberg. Bereits nach kurzer Strecke standen die ersten Steine im Feld, später am Waldrand. Am Schloberg (Feldweg zur B 293) gab es nicht nur einen herrlichen Ausblick auf die Landschaft; nach einer kurzen Rast und Stärkung mit Eierlikör ging die Tour weiter Richtung Dürrenbüchig.
Die Gruppe wurde jetzt verstärkt durch Günther Krauß aus Dürrenbüchig, der sehr sachkundig die Geschichte der Entstehung von Dürrenbüchig als eigenständige Gemeinde (1703) und damit die Grenze Jöhlingen / Dürrenbüchig erklärte.
Der nächste Höhepunkt war ein „Dreimärker“, der gleichzeitig Grenzpunkt für 3 Ortschaften und 3 verschiedene Herrschaftsbereiche bildet: Jöhlingen (Hochstift Speyer), Dürrenbüchig (Großherzogtum Baden), Diedelsheim (Kurpfalz). Die Tour ging durch den Wald (Stubenschlag) bis zum Karrheckenwald, wo ein nächster hervorragend eindrucksvoller „Dreimärker“ die Grenzen von Jöhlingen (Speyer), Diedelsheim (Kurpfalz) und Gondelsheim (Baden) markiert.
Die Teilnehmer waren allesamt sehr begeistert, wie kunstvoll viele Inschriften der Grenzsteine mit Symbolen und Jahreszahlen gestaltet und heute noch erhalten sind.
Der Abschluss beider Touren war am Waldspielplatz Fraueneiche. Bei Brezeln und Getränken konnten sich die Teilnehmer über die Eindrücke und vielfältigen Informationen der etwa 3-stündigen Tour austauschen – die vielfachen schönen Ausblicke der Landschaft, die Geschichte unserer Region, die Entwicklung des Vermessungswesens. Anhand der Vermessungskarte der Gemarkung Jöhlingen von 1884 konnte auch der Weg durch einzelne Gewanne und Waldabschnitte nachvollzogen werden.
Ein ganz herzliches „Dankeschön“ auf diesem Weg nochmals an Manfred Juretzko für seine hervorragende, informative und dennoch sehr kurzweilige Führung! Wir freuen uns bereits heute auf die nächste Führung, die er im nächsten Frühjahr mit einem anderen Streckenabschnitt durchführen wird!






Autor:Renate Müller aus Region |
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