Rund 1.000 Hausarztsitze unbesetzt
Ambulante Versorgung in Baden-Württemberg unter Druck
Region (red) Die ambulante medizinische Versorgung in Baden-Württemberg ist noch gut, allerdings ist die Situation in den Arztpraxen sehr angespannt. Einen Überblick zur aktuellen Situation legt die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) in ihrem Bericht „Die ambulante medizinische Versorgung 2024“ vor.
KVBW sorgt sich um stabile Versorgung
Die KVBW habe umfassende Maßnahmen ergriffen, um die Versorgung zu stabilisieren, heißt es in einer Presseinformation. So zum Beispiel mit dem Förderprogramm „Ziel und Zukunft“, der Förderung der Weiterbildung, den Koordinierungsstellen für Medizinstudierende, der Restrukturierung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes, dem Ausbau der Telemedizin sowie dem Kommunalservice.
Politik und Krankenkassen gefordert
Allerdings könne die KVBW das Nachwuchsproblem nicht allein lösen. „Die Politik müsste dringend bessere Rahmenbedingungen schaffen, um den Kollaps der ambulanten Versorgung zu vermeiden“, so die Vorstände der KVBW, Dr. Karsten Braun und Dr. Doris Reinhardt. Und weiter: „Die Krankenkassen sind gefordert, für eine ausreichende Finanzierung des ambulanten Sektors zu sorgen.“ Die Vorstände verweisen dazu auch auf die Kampagne „Rettet-die-Praxen“.
Rund 1.000 Hausarztsitze offen
Insbesondere die hausärztliche Versorgung steht unter Druck. 963 Hausarztsitze sind nicht besetzt, und mit 3.000 Hausärztinnen und Hausärzten über 60 Jahre steht die große Ruhestandswelle noch bevor. Hinzu kommt, dass die hausärztlichen Leistungen seit dem vierten Quartal 2023 wieder budgetiert werden, was die hausärztliche Versorgung weiter schwächt. Fachärzte müssen schon viele Jahre Quartal für Quartal Leistungen im Wert von rund 45 Millionen Euro erbringen, die sie nicht vergütet bekommen.
Teilzeit und Anstellung nehmen zu – Arztzeit sinkt
Auch der Trend zu Anstellung und Teilzeittätigkeit hält weiter an. Zu Beginn des Jahres 2024 arbeiteten bereits 33 Prozent der KVBW-Mitglieder in Teilzeit und der Anteil der Angestellten hat sich von sieben Prozent im Jahr 2010 auf 27 Prozent im Jahr 2024 nahezu vervierfacht. Die veränderten Arbeitszeitmodelle wirken sich stark auf die Ressource Arztzeit aus. Obwohl die Zahl der KVBW-Mitglieder nach Köpfen deutlich steigt, sinkt die zur Verfügung stehende Arztzeit.
Förderprogramme und Services der KVBW
Die KVBW entwickle Konzepte, damit die ambulante Versorgung auch in Zeiten des Ärztemangels auf tragfähigen Säulen steht. „Der ärztliche Nachwuchs ist der Schlüssel zur Sicherung der ambulanten Versorgung von morgen, daher fördern wir die Weiterbildung“, betont Dr. Karsten Braun. Zudem begleiten die Koordinierungsstellen der KVBW die Medizinstudierenden bereits während ihrer Ausbildung. „Diese enge Unterstützung ist entscheidend, um Nachwuchsmediziner frühzeitig in die ambulante Versorgung einzubinden und für die Region zu gewinnen“, erklärt Dr. Doris Reinhardt.
Rahmenbedingungen müssen stimmen
Darüber hinaus unterstützt die KVBW mit dem Programm „Ziel und Zukunft“ die Gründung und Übernahme von Praxen sowie Anstellungen in ausgewiesenen Fördergebieten mit einem Zuschuss von bis zu 80.000 Euro. Eine wichtige Rolle spielt auch der Kommunalservice der KVBW, der in prekären Regionen aktiv wird. In enger Zusammenarbeit mit Bürgermeistern, Landratsämtern und den lokalen Akteuren werden Strategien zur Sicherstellung erarbeitet. „Doch die besten Förderprogramme nutzen nichts, wenn die Rahmenbedingungen nicht mehr stimmen und Ärzten durch Regresse und Einzelfallprüfanträge der Krankenkassen die Versorgung erschwert wird“, so Dr. Braun.
Die Publikationen „Die ambulante medizinische Versorgung 2024“ sowie der „Qualitätsbericht 2023“ stehen online zur Verfügung: www.kvbawue.de/presse/publikationen/versorgungsbericht.
Autor:Kraichgau News aus Bretten |
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