In der Fauststadt kandidieren nach einigen Irritationen sechs Bewerber um den Posten des Bürgermeisters
Bürgermeisterwahl mit Hürden

Ins Rathaus zieht Anfang 2022 ein neuer Bürgermeister ein. Sechs Kandidaten stehen zur Wahl.  | Foto: ger
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Knittlingen (ger) Jetzt doch: Am Montag gab die Kommunalaufsicht beim Landratsamt Enzkreis grünes Licht für die Bürgermeisterwahl am 24. Oktober in Knittlingen. Einige Tage hatte es so ausgesehen, als müsste die Wahl verschoben werden, da der Anfangsverdacht einer Neutralitätsverletzung vorgelegen hatte. Hintergrund war eine Äußerung von Amtsinhaber Heinz-Peter Hopp im Amtsblatt gewesen, in der er Bezug auf einen Bewerber genommen hatte. „Die Äußerungen Hopps dürften dem Neutralitätsgebot zwar widersprechen“, hieß es in der Mitteilung des Landratsamts. Der Verstoß wiege jedoch nicht so schwer, dass die anstehende Wahl deswegen abgesagt und zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden müsste. So konnte Gemeindewahlausschussleiter Martin Reinhardt mit fast einwöchiger Verspätung nun am Dienstagabend, 5. Oktober, verkünden, dass alle sechs Bewerber zur Wahl zugelassen sind.

Alexander Kozel und Jochen Stöhr waren erste Bewerber

Auch der bisherige Wahlkampf war eher ungewöhnlich verlaufen. Noch vor der offiziellen Ausschreibung, die am 13. August im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg erschienen war, gab Alexander Kozel bekannt, zu kandidieren. Der 37-jährige Diplom-Verwaltungswirt aus Königsbach-Stein ist Referent für Kommunalrecht, digitale Verwaltung und Sport beim Städtetag Baden-Württemberg und Mitglied bei den Grünen. Anfang September wurde die Kandidatur des Knittlinger Bauunternehmers Jochen Stöhr publik. Stöhr, 58 Jahre alt und parteilos, war bei der letzten Gemeinderatswahl angetreten und hatte fast 1.400 Stimmen bekommen. Da er aber mit einer eigenen Liste angetreten war, hatte die Stimmenzahl nicht für seinen Einzug ins Gremium gereicht. Stöhr klagte in Folge gegen das Wahlrecht an sich, das in seinen Augen eine Ungleichbehandlung darstelle. Die Klage hat inzwischen die zweite Instanz erreicht und ist im Verwaltungsgericht Mannheim anhängig.

Amtsinhaber Hopp zog überraschend zurück

Bis zu diesem Zeitpunkt war man davon ausgegangen, dass sich – wie auch in der Ausschreibung im Staatsanzeiger vermerkt – der Amtsinhaber Heinz-Peter Hopp wieder bewerben werde. Bei einer Pressekonferenz am 16. September hatte der 62-Jährige aber überraschend bekanntgegeben, nach 24 Jahren nicht noch für eine vierte Amtszeit zur Verfügung zu stehen. Einige sehr persönliche Erfahrungen hätten ihn zu diesem Entschluss veranlasst. Einerseits das fordernde Amt des Stadtoberhaupts, wobei er in der Arbeit aufgegangen, aber den Menschen, die ihm nahestehen, nicht immer gerecht geworden sei. Besonders einschneidend sei auch ein Autounfall im März 2021 gewesen, bei dem ihm ein Pkw bei Tempo 100 die Vorfahrt genommen hatte, sein Auto Totalschaden erlitten habe und er dank aller aufgegangenen Airbags glimpflich davongekommen sei.

Irritierende Bezugnahme auf Bewerber

Im Wortlaut war die Presseerklärung dann auch im Amtsblatt vom 24. September erschienen und hatte eben den Anfangsverdacht der Neutralitätsverletzung zur Folge gehabt. Hopp hatte darin beschrieben, wie er Anfang Juli ein Schreiben von einem Bewerber erhalten habe, der mitteilte, seine Kandidatur demnächst öffentlich zu machen, was er, Hopp, „anständig und nett“ fand. Dann folgt aber der heikle Passus: „Wäre das besagte Schreiben nicht unterschrieben gewesen mit ‚Alex Kozel – Der Neue für Knittlingen‘. Ich bin der Alte von Knittlingen. Einer, dem Respekt wichtig ist, was nicht heißt, dass man sich nicht politisch auseinandersetzen kann und soll.“

"Nie die Absicht gehabt, Bürgermeisterwahl zu beeinflussen"

Hopp begrüßte die Entscheidung der Kommunalaufsicht am Montag und stellte klar: "Die Nennung eines Wahlbewerbers diente nicht dazu, den Wahlbewerber positiv oder negativ zu kritisieren, sondern ausschließlich als Aufhänger für meine Erläuterungen." Über dieses Verständnis seiner Äußerungen in der Pressemitteilung seien sich Kozel und er auch einig. "Missinterpretationen meiner Äußerungen durch Dritte entbehren damit jeder Grundlage", so Hopp. Und weiter: "Es lag nie in meiner Absicht, die Bürgermeisterwahl zu beeinflussen und mich für oder gegen einen Kandidaten auszusprechen. Ich habe mich nicht und werde mich auch zukünftig nicht zugunsten oder zulasten eines Wahlbewerbers äußern."

Drei, fast vier weitere Bewerber

Sobald jedenfalls bekannt war, dass Hopp nicht mehr antreten werde, kamen noch weitere Kandidaten hinzu: Zunächst bekundete SPD-Gemeinderat und Diplom-Verwaltungswirt Timo Steinhilper (39), der seit 2019 ehrenamtlich als Ortsvorsteher von Freudenstein-Hohenklingen fungiert und hauptberuflich in Maulbronn das Bauamt leitet, antreten zu werden. Aaron Treut, aktiven-Stadtrat und ganz knapp am Sieg vorbeigeschrammter Oberbürgermeister-Kandidat in Bretten, hätte fast kandidiert, entschied sich dann aber doch, lieber Ortsvorsteher in Bretten-Ruit und Ingenieur bei Daimler zu bleiben. Dann teilte der Brettener AfD-Stadtrat Andreas Laitenberger seine Kandidatur mit. Er wohnt in Bretten, ist 34 Jahre alt und als Immobilienvermittler in der Region und damit auch in Knittlingen tätig. Auch der Knittlinger Klaus Meiser warf seinen Hut in den Ring. Der 62-Jährige betreibt eine Tankstelle in der Fauststadt und saß von 2000 bis 2020 für die CDU im Gemeinderat, davon sechs Jahre als Fraktionssprecher.

Florian Blume war schon vor acht Jahren angetreten

Beim sechsten und letzten Bewerber handelt es sich eigentlich um Bewerber Nummer drei, wie bei der Bekanntgabe des Gemeindewahlausschusses klar wurde, bei der die Kandidaten in der Reihenfolge des Bewerbungseingangs verlesen wurden. Florian Blume war schon vor acht Jahren gegen Heinz-Peter Hopp angetreten und hatte dabei 21 Prozent der Stimmen bekommen. Blume ist 45 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder. Er stammt aus Bauschlott, lebt aber schon seit 13 Jahren in der Fauststadt. Als Gaukler "Flobold" tritt er auf Mittelalter-Märkten, Firmenevents und Feiern auf.

Kandidatenvorstellungen am 8., 11. und 13. Oktober

Die Öffentlichkeit kann sich bei den Vorstellungsterminen ein persönliches Bild von den Bewerbern machen: Sie finden am 8., 11. und 13. Oktober, jeweils um 19 Uhr in der Weissachtalhalle Freudenstein statt. Dazu sind jeweils 160 Besucher zugelassen, die sich online oder telefonisch anmelden können. Wenn nicht alle Plätze belegt sind, kann man auch spontan dazukommen. Die Kontaktdaten der Besucher werden erfasst und es herrscht Maskenpflicht im Publikum. Die Details zur Anmeldung findet man unter www.knittlingen.de. Die letzte Kandidatenvorstellung am 13. Oktober wird per Live-Stream online übertragen und ist danach noch weitere zwei Tage abrufbar. Der Link dazu wird ebenfalls auf der Homepage der Stadt Knittlingen bereitgestellt. 

Mehr zur Bürgermeisterwahl und den Kandidaten lesen Sie auf unserer Themenseite Bürgermeisterwahl Knittlingen.

Autor:

Katrin Gerweck aus Bretten

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