Bundespräsidenten-Besuch in Karlsruhe - Gauck wirbt für freie Justiz
Der Bundespräsident besucht den Bundesgerichtshof und die Bundesanwaltschaft, um etwas von den Nöten der höchsten Richter und obersten Ankläger im Staat zu erfahren. Willkommener Anlass auch für ein Plädoyer für eine freie Justiz.
Karlsruhe(dpa/lsw)-Bundespräsident Joachim Gauck hat den Wert einer unabhängigen Justiz betont und zugleich seine Sorge über die
Gerichtsbarkeit in der Türkei zum Ausdruck gebracht. „Es bestürzt
mich, wenn ich sehe, dass Tausende Richter und Staatsanwälte in der
Türkei von einem auf den anderen Tag ihres Amtes enthoben,
suspendiert oder sogar verhaftet werden“, sagte er am Dienstag
anlässlich eines Arbeitsbesuchs beim Bundesgerichtshof (BGH) in
Karlsruhe.
„Tendenzen zur Einschränkung der Rechtsstaatlichkeit“
Angesichts von „Tendenzen zur Einschränkung der Rechtsstaatlichkeit“
auch in Mitgliedstaaten der Europäischen Union sei es ihm ein
besonderes Anliegen, die Bedeutung einer unabhängigen Justiz
hervorzuheben. Wenn diese Errungenschaften als verzichtbar angesehen
würden, werde der Rechtsstaat in Frage gestellt, „ein Grundwert
unserer westlichen Zivilisation“, warnte der Bundespräsident.
„Hohe Gut des rechtlichen Gehörs“
Wie es sich ohne unabhängige Justiz lebt, habe er selbst in der DDR
erfahren: „Dass eine unabhängige Rechtsprechung fehlte, habe ich
schmerzlich in Erinnerung.“ Gauck betonte, er wisse um das hohe Gut
des rechtlichen Gehörs. „Die Menschen der ehemaligen DDR haben es
sich in der friedlichen Revolution hart erkämpft.“
Hinter verschlossenen Türen
Nach einem Empfang durch BGH-Präsidentin Bettina Limperg traf sich
Gauck mit allen Gerichtsangehörigen hinter verschlossenen Türen.
Dabei wurde nach BGH-Angaben unter anderem die „erhebliche Zunahme
der Belastung“ der Ermittlungsrichter sowie der Strafsenate durch
Verfahren gegen mutmaßliche Islamisten erörtert. Limperg sagte
danach, die Mitarbeiter seien dankbar dafür gewesen, dass das
Staatsoberhaupt ein offenes Ohr für die zunehmende Arbeitsbelastung
gehabt habe.
Am Nachmittag besuchte der Bundespräsident Generalbundesanwalt Peter
Frank und dessen Mitarbeiter. Im Mittelpunkt standen hier ebenso die
Herausforderungen bei Terrorermittlungen gegen Islamisten, aber auch
gegen Rechtsextremisten. „Mit seinem Besuch hat der Bundespräsident die Arbeit der Bundesanwaltschaft und stellvertretend auch die der Staatsanwaltschaften der Länder gewürdigt“, betonte der Generalbundesanwalt nach dem Besuch.
Autor:Christian Schweizer aus Bretten |
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