Zu Extremwetterlagen und Bevölkerungsschutz
Delegation aus dem Enzkreis informiert sich in norditalienischer Partnerprovinz Reggio Emilia

Der Landrat der italienischen Partnerprovinz, Giorgio Zanni (Vierter von links), berichtete bei der Begrüßung der Delegation aus dem Enzkreis von einer Neuverteilung der Kompetenzen in Sachen Bevölkerungsschutz. | Foto: E35, Giulia Semeghini
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  • Der Landrat der italienischen Partnerprovinz, Giorgio Zanni (Vierter von links), berichtete bei der Begrüßung der Delegation aus dem Enzkreis von einer Neuverteilung der Kompetenzen in Sachen Bevölkerungsschutz.
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Enzkreis/Reggio Emilia (red) Dass Lagerhallen der Mafia beschlagnahmt und dann für den Bevölkerungsschutz genutzt werden - das ist nur eine von vielen kreativen und teils auch unkonventionellen Maßnahmen, mit denen Reggio Emilia versucht, sich für verstärkt auftretende Krisenfälle zu rüsten. Das erfuhr eine Delegation aus dem Landratsamt Enzkreis – vornehmlich Fachleute aus den Bereichen Bevölkerungs- und Umweltschutz - bei einem zweitägigen Besuch in der norditalienischen Partnerprovinz des Enzkreises, die wie die benachbarte Toskana in jüngerer Vergangenheit mehrfach von Starkregen und Unwettern heimgesucht worden war.

„Es ging uns vor allem um den Erfahrungsaustausch mit den italienischen Kolleginnen und Kollegen zur Frage, welche konkreten Auswirkungen Extremwetterlagen haben können und was Behörden wie das Landratsamt in seiner Funktion als Untere Katastrophenschutzbehörde tun können und müssen, um die Bevölkerung und die Umwelt möglichst effektiv zu schützen“, fasst Fabian Weiler vom Sachgebiet Bevölkerungsschutz im Namen seiner mitgereisten Kolleginnen und Kollegen Sinn und Zweck der Begegnung zusammen.

"Leistungsschau" der Einsatzgeräte

So seien sich bei einem Besuch des Hauptquartiers der lokalen Zivilschutzbehörde beide Seiten einig gewesen, dass Starkregen im Vergleich zu anderen krisenhaften Ereignissen ungleich schwieriger in den Griff zu bekommen sei, da dieser zwar häufig kleinräumig, aber dann meist flächendeckend, kaum vorhersehbar und mit extrem kurzen bis quasi nicht vorhandenen Vorwarnzeiten auftrete.

Wie sich Vegetationsbrände und Erdrutsche am besten bewältigen lassen – darum ging es beim anschließenden Gespräch mit Vertretern der Berufsfeuerwehr von Reggio Emilia, die aufgrund der lokalen Klimabedingungen im Appenin hier über einen größeren Erfahrungsschatz als ihre deutschen Kolleginnen und Kollegen verfügen und das bei einer Art „Leistungsschau“ der vorhandenen Einsatzgeräte auch eindrucksvoll demonstrierten. Dabei fiel den deutschen Gästen auf, dass es in Italien unter anderem noch Schraubverschlüsse für Feuerlösch-Schläuche gibt. Die Italiener staunten, als sie hörten, dass ausgerechnet infolge eines Großbrandes in Öschelbronn im Jahr 1933 in Deutschland eine Einheitskupplung eingeführt wurde.

Vieler Kompetenzen "beraubt"

Als größter Unterschied in der Art und Weise, wie Italien und Deutschland Krisen managen, wurde identifiziert, dass das deutsche Feuerwehrwesen in der Hauptsache durch Ehrenamtliche getragen wird. Jedenfalls ist das klassische Bild eines ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen mit digitalem Meldeempfänger - umgangssprachlich "Piepser" genannt - der rund um die Uhr getragen wird, in Italien gänzlich unbekannt.

Während ein Großteil der Verantwortung und Zuständigkeiten in Sachen Bevölkerungsschutz in Baden-Württemberg bei den Städten, Gemeinden und vor allem auch Landkreisen liegt, wurde die „mittlere Verwaltungsebene“ in Italien – also die Provinzen, die den deutschen Kreisen entsprechen - vor einiger Zeit vieler Kompetenzen „beraubt“. Dies betonte auch Provinzpräsident Giorgio Zanni, der es sich nicht hatte nehmen lassen, die Delegation aus dem Enzkreis persönlich in der Provinzverwaltung zu empfangen.

Gegeneinladung für 2025

Er bedauerte, dass die Verwaltungsreform von 2015 für die italienischen Provinzen mit Blick auf deren Kompetenzen und Finanzausstattung einen rigorosen Kahlschlag bedeutete und sie seither nur noch als eine Art Zweckverband für relativ überschaubare Aufgaben wie beispielsweise für Mittelschulen und Gymnasien und generell für die Infrastruktur zuständig seien. Das bedeute, dass in der Provinz der Zivil- und Katastrophenschutz auf die Unterstützung Tausender Ehrenamtlicher angewiesen sei, was sich in der Koordinierung als sehr aufwändig erwiesen habe. Daher setze die Provinz unter anderem auf groß angelegte Kampagnen zur Sensibilisierung der Bevölkerung, so etwa in Form der „Nationalen Woche des Katastrophenschutzes“, die zufälligerweise mit dem Besuch der Delegation aus dem Enzkreis zusammenfiel.

Die deutschen Gäste betrachten den Besuch in Reggio Emilia jedenfalls als Auftakt für eine engere künftige Zusammenarbeit mit den italienischen Partnern in Sachen Bevölkerungsschutz. Daher sprachen sie auch prompt eine Gegeneinladung für 2025 aus: „Denn wir haben hier im Enzkreis in Sachen Bevölkerungsschutz und Feuerwehrwesen ja auch viele beeindruckende Dinge vorzuweisen – wenn auch keine Hallen, die einmal der Mafia gehört haben.“

Autor:

Kraichgau News aus Bretten

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