50 Jahre Enzkreis
Drei Landräte blicken zurück

Drei Landräte blicken zurück auf 50 Jahre Enzkreis (von links): Karl Röckinger prägte den Enzkreis von 2003 bis 2018. Sein Vorgänger Werner Burckhart war von 1995 bis 2003 Landrat des Enzkreises und Bastian Rosenau ist seit 2018 im Amt. | Foto: enz/Seibel
  • Drei Landräte blicken zurück auf 50 Jahre Enzkreis (von links): Karl Röckinger prägte den Enzkreis von 2003 bis 2018. Sein Vorgänger Werner Burckhart war von 1995 bis 2003 Landrat des Enzkreises und Bastian Rosenau ist seit 2018 im Amt.
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Enzkreis (kn) Vier Landräte haben den Enzkreis in den 50 Jahren seines Bestehens geprägt. Heinz Reichert war von 1973 bis 1995 der erste Landrat des neu begründeten Kreises. Er starb im März 2021. Sein Nachfolger Werner Burckhart war von 1995 bis 2003 Landrat des Enzkreises. Auf ihn folgte Karl Röckinger, der 2018 dann von Bastian Rosenau abgelöst wurde. Im Gespräch erinnern Werner Burckhart, Karl Röckinger und Bastian Rosenau an die Anfänge und die Herausforderungen des jungen Kreises und beleuchten seine Entwicklung in den letzten fünf Jahrzehnten.

Herr Burckhart, Sie fühlen sich dem Enzkreis nach fast 20 Jahren im Ruhestand noch sehr verbunden. Warum?
Weil der Enzkreis der schönste ist! Das sagt zwar jeder Landrat über seinen Kreis, aber bei uns stimmt es. Ich habe insgesamt 32 Jahre für und in diesem Enzkreis gearbeitet. Von daher ist man ganz besonders verbunden mit so einem Landkreis, zumal er auch landschaftlich schön ist, viel Kultur bietet und arbeitsame Menschen, die über ihre Gemeinden Kreisumlage bezahlen. Ich habe mich hier immer sehr wohl gefühlt.

Die Kreisreform 1973 haben Sie ja hautnah miterlebt.
Ja, ich war schon da, bevor der Enzkreis überhaupt entstanden ist, also noch beim alten Landkreis Pforzheim. Ich habe die ganze Reform und das Zusammenwachsen der vier Kreisteile miterlebt.

Herr Röckinger, was verbindet Sie mit dem Enzkreis?
Ich bin ein Kind des Kreises, ich bin in der Senderstadt Mühlacker auf die Welt gekommen und ich freue mich sehr, dass ich fast 40 Jahre lang für den Enzkreis arbeiten konnte. 24 Jahre als Dezernent und dann noch fast 16 Jahre als Landrat. Das verbindet natürlich. Und der Enzkreis hat viele Pluspunkte: die Landschaften, die Kultur, aber auch eine großartige Wirtschaftsstruktur mit Firmen, die auch im Weltmarkt eine große Rolle spielen.

Als amtierendem Landrat liegt Ihnen der Enzkreis sicher auch sehr am Herzen, Herr Rosenau?
Bastian Rosenau: So ist es. Denn der Enzkreis ist natürlich der schönste Landkreis in Baden-Württemberg und in Deutschland – und er ist Heimat.

Herr Burckhart, Sie leben in Pforzheim. Hat das zu Ihrer Zeit als Landrat zu Irritationen geführt?
Gelegentlich. Als ich zur Wahl anstand, war ein Kreisrat der Meinung, er könne mich nicht wählen, weil ich nicht im Enzkreis wohne. Da habe ich ihm gesagt: Ich kann gar nicht im Enzkreis wohnen. Ich kann höchstens in einer Gemeinde des Enzkreises wohnen. Wenn dort etwas Positives passiert, vom Landratsamt aus, dann heißt es: weil da der Landrat wohnt. Wenn wenig passiert, dann heißt es: Der könnte auch mal etwas für uns machen. Und deshalb habe ich beschlossen, ich wohne am Sitz des Enzkreises, in der Stadt Pforzheim.

Wie würden Sie das Verhältnis zu Pforzheim beschreiben?
Karl Röckinger: Das Verhältnis zu Pforzheim ist ein Grundthema des Landkreises. Mit dem Stadtkreis Pforzheim gibt es vielfältige Berührungspunkte, da müssen Landkreis und Stadtkreis ihre Positionen finden und behaupten. Da geht es natürlich um das Thema Interessen. Wir als Enzkreisler haben sehr kooperativ mit der Stadt zusammengearbeitet und auch in vielen, vielen Fällen gute gemeinsame Arbeit geleistet. Da würde sicher noch ein bisschen mehr gehen, aber darüber haben wir letztendlich nicht zu entscheiden.

Zurück zu den Anfängen des Enzkreises. Herr Burckhart, wie genau wurde die Kreisreform 1973 vom Gesetz zur Wirklichkeit?
Das ist reibungslos abgelaufen, denn das war vom Gesetzgeber gut vorbereitet. Es war ja klar, welche Kreise gebildet worden sind, wie sie abgegrenzt waren. Und es war klar, dass es einen Übergangs-Kreistag gab und einen Amtsverweser für den Landrat. Als Amtsverweser hatte damals der erste Landesbeamte vom Kreis Vaihingen kandidiert und er ist dann auch Amtsverweser geworden. Der vorläufige Kreistag hat gearbeitet, bis Kreistagswahlen waren. Und der neue Kreistag hat dann den Amtsverweser zum Landrat gewählt. Und so ist es eigentlich relativ reibungslos über die Bühne gegangen.

Sicher haben aber die badischen und württembergischen Gemeinden sehr genau beobachtet, wo sich der Landkreis finanziell engagierte?
Werner Burckhart: Natürlich waren die Eifersüchteleien am Anfang etwas größer. Damals lief zum Beispiel der Neubau des Krankenhauses in Mühlacker, der noch vom Landkreis Vaihingen eingeleitet worden war. Bei uns im badischen Landkreis Pforzheim lief der Bau und die Erweiterung des Gymnasiums und der Realschule in Königsbach. So gab es immer mal wieder die eine oder andere Schwierigkeit am Anfang. Aber das hat man gut überwunden, weil es überall erfahrene Bürgermeister und erfahrene Gemeinderäte und erfahrene Kreisräte gab. Das war nicht sonderlich schwierig.

Wie ist es den Gemeinden, die sich aus badischen und württembergischen Orten zusammensetzten, gelungen, eine gemeinsame Basis zu finden?
Karl Röckinger: Zu Beginn gab es noch keine Kreiseinheit, sondern durchaus starke Blöcke, die ihren badischen Teil gepflegt haben, und die anderen ihren württembergischen Teil. Es gab ja sogar Gemeinden wie Ölbronn-Dürrn, wo der eine Ortsteil württembergisch und der andere badisch war. Das war eine ganz spannende Entwicklung, und ich denke, es hat sicher 20 oder 30 Jahre gedauert, bis da ein gemeinsames Bewusstsein entstanden ist. Es war insgesamt eine sehr spannende Zeit damals.

Ist es dem Enzkreis gelungen, eine Identität zu entwickeln und zu einer Einheit zusammengewachsen?
Bastian Rosenau: Die Hauptherausforderung ist sicher die gewesen, dass wir aus vier Alt-Landkreisen entstanden sind. Das heißt, die Wanderungsbewegungen waren völlig unterschiedlich. Der eine Teil tendierte Richtung Karlsruhe, der andere Teil Richtung Stuttgart, aber inzwischen merkt man, dass der Kreis zusammengewachsen ist, etwa in Krisen. Und derer hatten wir in letzter Zeit genügend. Jetzt ganz aktuell auch die Situation mit der Ukraine: Da halten die Städte und Gemeinden einfach zusammen. Da steht man zusammen und ringt gemeinsam darum, die Lösungen zu finden, die von allen getragen werden können. Das nur als kleines Beispiel. Wenn man die Anfänge sieht und die Herausforderungen, die topografisch und gesellschaftlich da waren, dann muss man, an meine drei Vorgänger gerichtet, sagen: Das ist eine Erfolgsgeschichte.

Herr Rosenau, wagen Sie einen Ausblick: Wie sehen die kommenden 50 Jahre des Enzkreises aus?
Im Enzkreis wird es weiterhin rund gehen, da bin ich mir sicher. Wir haben alles, was es braucht, um die kommenden Herausforderungen gut meistern zu können. Ich rede mit Absicht von Herausforderungen und nicht von Krisen. Wir haben kluge Köpfe. Wir haben sehr engagierte Menschen, die zusammenstehen und die Themen gemeinsam anpacken. Die letzten 50 Jahre haben es gezeigt: die nächsten 50 werden auch gut!

Autor:

Kraichgau News aus Bretten

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