„Linken“-Landtagskandidat Heinz-Peter Schwertges im Fokus der Justiz
Freispruch im Prozess wegen PKK-Symbol

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Bruchsal (hk) Ein roter fünfzackiger Stern auf gelbem Grund im grünen Kreis – dieses Emblem ist dem Landtagskandidaten der „Linken“ im Wahlkreis Bretten, Heinz-Peter Schwertges, zum Verhängnis geworden. Das Symbol steht im Zusammenhang mit der Arbeiterpartei Kurdistans (kurdisch: Partiya Karkerên Kurdistanê [PKK]), die in Deutschland seit 1993 als terroristische Vereinigung eingestuft und ebenso wie ihre Unterorganisationen, wie die „Civata Demokratik Kurdistan“ (CDK), verboten ist. 2019 hat Schwertges bei einer Etappe eines Kurdenmarsches in Richtung Bruchsal das verbotene CDK-Symbol in Form eines Aufklebers auf seiner Weste getragen. Aus diesem Grund musste er sich am Mittwochvormittag, 5. August, vor dem Bruchsaler Amtsgericht verantworten. Von der Staatsanwaltschaft, vertreten durch Thomas Röber, wurde ihm zur Last gelegt, dass Schwertges vorsätzlich „für alle sichtbar ein Identifikationssymbol der PKK“ getragen habe.

„Nur ein roter Stern“

Für Schwertges Verteidiger Günter Urbanczyk stellte sich die Frage nach dem Vorsatz aber ganz anders dar. Den Aufkleber habe Schwertges laut Urbanczyk 2016 von einem Informations-Stand mitgenommen. Hierbei sei sein Mandant davon ausgegangen, dass es sich bei dem abgebildeten Stern nicht um das Symbol einer speziellen kurdischen Organisation handele. Da seinem Mandanten das Symbol der PKK hingegen geläufig sei, sei er sicher gewesen, dass das Emblem auf seiner Weste kein Symbol der PKK sei. Aus diesem Grund habe Schwertges bei einer Kontrolle der Polizeibeamten, die den Kurdenmarsch begleitet haben, gesagt: „Das ist doch nur ein roter Stern“. Schwertges sei zu diesem Zeitpunkt der Ansicht gewesen, dass solche Aufkleber die Unterstützung des Unabhängigkeitskampfes der kurdischen Bevölkerung und den Protest gegen das Verbot der PKK signalisierten. „Irgendetwas Verbotenes konnte Herr Schwertges in dem Aufkleber nicht erkennen“, betonte Urbanczyk. Von der CDK habe sein Mandant erst durch den Strafbefehl erfahren. „Ihm war deshalb auch weder bekannt, dass diese Organisation verboten ist, noch, dass diese das Symbol, das auf dem Aufkleber zu sehen ist, angeblich verwendet. Eine Unterstützung dieser Organisation hat Herr Schwertges jedenfalls zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt.“

Polizeibeamtin als Zeugin vorgeladen

Nach der Stellungnahme der Verteidigung bat Richter Thomas Köpfler die Polizeibeamtin Astrid Rudolf als Zeugin in den Sitzungssaal. Rudolf war gemeinsam mit einem Polizeikollegen bei dem besagten Kurdenmarsch auf das Symbol an der Weste von Schwertges aufmerksam geworden. In der Zeit als die Polizeibeamten diese Information an ihren Abschnittsleiter weitergaben, hätte Schwertges den Aufkleber bereits von seiner Kleidung entfernt. Nach Absprache mit der Abschnittsleitung hätten die beiden Polizeibeamten im Rahmen einer Kontrolle die Personalien des Angeklagten aufgenommen und die Aushändigung des Aufklebers gefordert. „Es war ihm klar, dass er etwas Verbotenes getragen hat, sonst hätte er es nicht weggemacht“, sagte Rudolf.

Verbotenes Symbol nicht auf den ersten Blick erkannt

Richter Köpfler fragte, ob Schwertges den Aufkleber schon beim Start des Marsches getragen habe - Polizeibeamtin Rudolf war der Ansicht, dass der Aufkleber erst später auf die Weste geklebt worden sein müsste. Sie sei sich deshalb so sicher, weil Schwertges den Polizeibeamten als einer der wenigen Nicht-Kurden aufgefallen sei – und das bereits am Startpunkt der Etappe. 

„Wie soll das ein Bürger wissen?“

Handelte der Angeklagte vorsätzlich? Für die Staatsanwaltschaft war die Sache eindeutig – „da bin ich der Meinung, dass das der Fall ist“, sagte Staatsanwalt Röber in seinem Plädoyer. Die Zeugin habe eindeutig geschildert, dass Schwertges geahnt haben musste, dass er etwas Verbotenes trägt. Da der Angeklagte weder vorbestraft noch ein „militanter Verfechter der gewaltsamen PKK-Bestrebung“ ist, halte er eine Geldstrafe in Höhe von 2.400 Euro für angemessen. Die Verteidigung dagegen brachte zum Ausdruck, dass ein solches Symbol immer im Kontext des Geschehens bewertet werden müsse. Da es bei dem Kurdenmarsch um die Solidarität mit dem kurdischen Volk und nicht um die Unterstützung einer terroristischen Organisation gegangen sei, könne seinem Mandanten kein Vorsatz vorgeworfen werden. Selbst die Polizeibeamtin, die als Zeugin aufgetreten war, habe das Symbol auf den ersten Blick nicht als verbotswidrig einstufen können. „Wie soll das dann ein Bürger wissen?“, so Urbanzyck. Daher plädierte der Rechtsanwalt für Freispruch.

Unwissenheit schützte vor Strafe

Bevor sich Richter Köpfler für die Urteilsberatung zurückzog, ergriff noch Schwertges das Wort. In seiner Rede brachte er seine emotionale Nähe zum kurdischen Volk zum Ausdruck. Vor allem die vielen Einzelschicksale, die er durch seine politische Position erfahren hat, hätten ihn sehr geprägt. Im Anschluss gab Richter Köpfler den Freispruch für Schertges bekannt. Objektiv betrachtet sei klar, dass es sich bei dem Emblem-Aufkleber um ein verbotenes Symbol handelt. Zweifel hatte der Richter aber an dem subjektiven Tatbestand. Die Annahme, dass Schwertges nichts über die verbotene CDK hätte wissen können, sei berechtigt.

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Heinz-Peter Schwertges musste sich am heutigen Mittwochvormittag vor dem Bruchsaler Amtsgericht wegen eines verbotenen PKK-Symbols verantworten. | Foto: kn
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Kraichgau News aus Bretten

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