Mit einem neuen Naturkindergarten begegnet Sulzfeld Engpässen in der Kinderbetreuung
„Gartenkinder“ füllen Betreuungslücke
SULZFELD (ch) Von steigenden Kinderzahlen im Landkreis Karlsruhe und dementsprechend gehäuften Nachfragen nach Betreuungsplätzen hat erst Ende September Sozialdezernentin Margit Freund im Jugend- und Sozialausschuss des Kreistags berichtet. Wie andere Städte und Gemeinden war auch Sulzfeld auf der Suche nach Lösungen, wie einerseits kurzfristig der Bedarf gedeckt werden kann, ohne dass die dadurch zusätzlich entstehenden Kosten den kommunalen Haushalt überstrapazieren. Da kam das neue „Gartenkinder“-Konzept des privaten Trägervereins Schneckenhaus aus Bretten gerade recht.
Schneckenhaus investiert
Bei den Sulzfelder „Gartenkindern“ handelt es sich um eine neue Spielart von Naturkindergarten. Anders als die bekannteren Wald- und Bauernhofkindergärten sind die „Gartenkinder“ jedoch weder in Waldnähe untergebracht, noch in einen landwirtschaftlichen Betrieb integriert. In Sulzfeld entsteht der Kindergarten mit verlängerter Öffnungszeit derzeit auf einer idyllischen Wiese am Ortsrand in Richtung Eppingen nahe der örtlichen Kleintierzuchtanlage. Träger und Bauherr ist der Schneckenhaus-Verein, der fast eine halbe Million Euro investiert. Die Gemeinde gewährt im Gegenzug einen Zuschuss zu den laufenden Betriebskosten und eine jährliche Entschädigung für die Bereitstellung des Gebäudes. Das ist unterm Strich günstiger, als wenn die Gemeinde selbst bauen müsste.
Erzieherin gebiert Idee
Eine Kooperation mit den Züchtern sei zwar denkbar, aber nicht Bedingung, sagt die Schneckenhaus-Vorsitzende Heike Dörsam, die selbst aus Sulzfeld stammt. „Unser Ziel ist es, mit den Kindern in naturnaher Umgebung den Alltag zu erleben.“ Dabei orientiert sich der Verein wie in allen seinen Einrichtungen an der sogenannten Reggio-Pädagogik, die das Kind als Konstrukteur seiner Entwicklung, seines Wissens und Könnens begreift. „Durch dieses positive Bild vom Kind werden die Stärken und das Lernen der Kinder in den Mittelpunkt unserer pädagogischen Arbeit gestellt“, so Heike Dörsam. Die Idee für die in der Region bislang einzigartigen „Gartenkinder“ hatte die Sulzfelder Erzieherin Mirjam Mitzel. Während der letzten Elternzeit sei ihr bewusst geworden, wie sehr ihre eigenen Kinder von den naturnahen Erlebnissen auf dem Bauernhof ihrer Eltern profitierten, erzählt die dreifache Mutter.
Gemeinderat stimmt zu
Bei ihrem Arbeitgeber fiel ihre Idee sogleich auf fruchtbaren Boden. „Idee und Ideengeberin passten genau zusammen“, bestätigt Heike Dörsam. Auch Bürgermeisterin Sarina Pfründer war angetan. Schon im Oktober vor zwei Jahren gab dann der Sulzfelder Gemeinderat grundsätzlich grünes Licht für das Projekt. „Dass die Kindergartenplätze in Sulzfeld gerade knapp waren, kam uns natürlich entgegen“, stellt Mirjam Mitzel fest. Es folgten zwei Elterninformationen an einem Nachmittag und Abend im Bürgerbahnhof, bei denen das Konzept vorgestellt wurde. Das Ergebnis waren 44 verbindliche Anmeldungen von Kindern für die nächsten ein bis zwei Jahre.
Gruppe startet mit Provisorium
Im September 2018 starteten die „Gartenkinder“ mit 17 Drei- bis Sechsjährigen in ihrem Übergangsquartier im Sulzfelder Bürgerhaus. „Meistens sind wir aber draußen auf einer Streuobstwiese“, lacht Mirjam Mitzel, die die Leitung der inzwischen auf 21 Kinder angewachsenen Gruppe übernommen hat. Für vier weitere Kinder ist noch Platz. Währenddessen wurde Anfang 2019 das Gelände des künftigen Standorts erschlossen. Dann stockten vorübergehend die Arbeiten, „weil sich die Produktion des Hauses stark verzögerte“, sagt Heike Dörsam. Seit Oktober geht es jedoch in großen Schritten voran. Das von allen gewünschte Haus in nachhaltiger Holzständerbauweise und mit 140 Quadratmetern Nutzfläche steht mittlerweile.
Einzug rückt näher
Mit Angaben zum Fertigstellungstermin hält sich Heike Dörsam noch zurück. „Alle Handwerker geben sich sehr viel Mühe, dass wir möglichst schnell einziehen können“, unterstreicht sie. Die Betriebserlaubnis liegt jedenfalls schon vor. Sicher ist: Das Außengelände wird erst im Frühjahr hergerichtet. Dafür schmiedet Mirjam Mitzel bereits Pläne: Ein Außenatelier mit Lehmbackofen und Pflanzbeete sollen entstehen, angedacht sind auch Kleintierställe. „Auf jeden Fall werden wir weiterhin in sogenannten Unterwegs-Tagen gemeinsam die Umgebung der Kinder erkunden“, kündigt die „Gartenkinder“-Leiterin an.
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Autor:Chris Heinemann aus Bretten |
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