Schwimmkurse als Integrations-Maßnahme
Der Enzkreis vergibt Fördermittel für ehrenamtliche Integrations-Maßnahmen – Schwimmkurse als „Herzensprojekt“ steht in den Startlöchern.
Mühlacker (enz) In Zusammenarbeit mit den „Wasserfreunden 1920 e.V.“ sollen im Hallenbad in Mühlacker ab Herbst Schwimmkurse für Mädchen und männliche Jugendliche angeboten werden. Die Kurse richten sich an junge Menschen, die als Kinder und Jugendliche nach Deutschland gekommen sind und aufgrund ihres Alters oder kultureller Vorbehalte der Eltern noch nicht die Chance hatten, schwimmen zu lernen. Das Angebot steht auch deutschen Kindern offen, die beim Schwimmunterricht durch das Raster gefallen sind.
Finanziert mit Fördermitteln aus Landesprogramm
Finanziert werden die Kurse, die Isabel Hansen, Integrationsbeauftragte des Landratsamts, „ein Herzensprojekt“ nennt, mit Fördermitteln aus dem Landesprogramm „Gemeinsam in Vielfalt“, um die sich der Enzkreis erfolgreich beworben hat. Das Programm, 2018 zum dritten Mal aufgelegt, will Vorhaben unterstützen, die das Zusammenleben von Migranten und Einheimischen durch bürgerschaftliches Engagement verbessern. „Dem Enzkreis wurden insgesamt 20.000 Euro bewilligt, mit denen wir Ehrenamtliche in ihrem Engagement unterstützen können“, freut sich Sozialdezernentin Katja Kreeb.
Keine Vorgaben vom Landratsamt
„Ehrenamtliche wissen selbst am besten, welche Maßnahmen in ihrer Kommune sinnvoll sind und sich realisieren lassen“, erklären Isabel Hansen und Andrea Thielbeer, die das Förderprojekt innerhalb des Sozialdezernates initiiert haben. „Wir möchte Ideen, die aus dem Ehrenamt kommen, unterstützen. Deshalb gibt es von Seiten des Landratsamtes bewusst keine inhaltlichen Vorgaben. Fachliche Unterstützung beim Aufbau eines Lernzirkels, die Organisation eines Fahrradkurses für Erwachsene, Sport- und Kultur-Projekte – das sind nur einige Möglichkeiten“, zählt Thielbeer auf.
Zurückgehende Schwimmfertigkeit bei Kindern
Oder eben Schwimmkurse: Denn laut DLRG sind im vergangenen Jahr in Deutschland mindestens 404 Menschen ertrunken, darunter fünf Kinder im Grund- und neun im Vorschulalter. DLRG-Präsident Achim Haag warnt deshalb: „Hier ist sicherlich die zurückgehende Schwimmfertigkeit bei den Kindern eine Ursache.“ Dabei verweist er auf eine repräsentative forsa-Umfrage, der zufolge 59 Prozent der Zehnjährigen keine sicheren Schwimmer sind. Eine besondere Risikogruppe sind laut DLRG weiterhin geflüchtete Menschen: Im vergangenen Jahr ertranken 23 Asylbewerber, die so gut wie alle Nichtschwimmer waren.
Schwimmen wichtig für soziales Miteinander
Neben dem Sicherheitsaspekt betont Isabel Hansen aber auch die wichtige soziale Rolle des Schwimmens: „Freibadbesuch und Rutschvergnügen mit der Schul-Clique, Klassenfahrt mit Kanu-Tour oder Konditionstraining im Sportverein – wer in Deutschland nicht schwimmen kann, ist von vielen Freizeitaktivitäten ausgeschlossen – besonders dort, wo Integration unkompliziert gelebt wird.“
Schwimmkurs nur für Mädchen
Deshalb sind Hamsen und Thielbeer auch bereit, Sonderwege zu gehen und gemeinsam mit dem Kooperationspartner Wasserfreunde 1920 e.V. einen Schwimmkurs nur für Mädchen anzubieten. Ein Mädchen-Schwimmkurs, damit strenge Eltern ihren Kindern erlauben, ins Hallenbad zu gehen, sei vielleicht gewöhnungsbedürftig, meinen die Fachfrauen: „Doch was ist die Alternative? Verbote und Diskussionen, die auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden, die einfach nur dabei sein wollen.“ Auch deshalb sei die Gebühr für alle Schwimmkurse mit einem Eigenanteil von 20 Euro bewusst niedrig angesetzt und auch dieser Betrag kann bei regelmäßiger Teilnahme am Kursende erstattet werden.
Wer Fragen oder eine Projektidee für oder mit geflüchteten Menschen hat und dafür Unterstützung benötigt, kann sich an Andrea Thielbeer (andrea.thielbeer@enzkreis.de, Tel. 07231 308-9716) wenden.
Autor:Katrin Gerweck aus Bretten |
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