Nadine Brendelberger ist Aufräumcoach
"Wer außen Ordnung schafft, tut dies zweifellos auch im Inneren"

Nadine Brendelberger hat das Aufräumen zu ihrem Beruf gemacht. Foto: privat | Foto: privat
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Bruchsal (hk) Spätestens seit der 2019 erschienenen Fernsehserie von Marie Kondo, der japanischen Ordnungsberaterin und inzwischen weltberühmten Aufräumexpertin, scheint das Thema Ordnung im Zuhause in aller Munde zu sein. Schafft eine ordentliche Wohnung einen aufgeräumten Geist? Darüber hat die Redaktion der Brettener Woche mit Nadine Brendelberger gesprochen. Als Aufräumcoach hilft die Bruchsalerin jenem, dem der "Sinn für Ordnung und Ideen fehlt, seine Sachen praktisch und auch optisch ansprechend aufzubewahren", sagt sie. Die 41-Jährige gibt dabei auch Tipps zur nachhaltigen Weiterführung der Ordnung.

Frau Brendelberger, Sie haben Ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht. Was hat Sie dazu bewogen?
Schränke aussortieren, ordnen, aufräumen, kreativ sein, neue Platzmöglichkeiten schaffen – das waren schon immer Lieblingsbeschäftigungen von mir. Dass ich darin gut bin, wurde mir von meiner Umwelt permanent bestätigt und ich wurde während meiner Überlegungen, mich selbständig zu machen, durch meine Freundinnen sehr bestärkt. Den letzten Mut jedoch, meinen kleinen Traum wahrzumachen, verdanke ich schlussendlich meiner chilenischen Freundin Lili. Sie erzählte mir eines Morgens von einer interessanten Reportage im Fernsehen. Drei junge Leute berichteten, wie sie durch ihre Begabungen ihre Träume verwirklicht haben. Eine der Erzählenden war eine junge Frau. Sie räumte Kleiderschränke ein, fing ganz klein an und reist mittlerweile durch die ganze Welt. Das war für mich der letzte Ansporn, das, was ich schon immer machen wollte, endlich zu realisieren. Wenige Monate später habe ich „BdeB“ gegründet.

Welche „Problemzonen“ in Wohnräumen kommen am häufigsten vor? Und was sind die häufigsten Ordnungsfehler, die Menschen in ihrem zu Hause machen?
Das größte Problem meiner Kunden besteht darin, dass sie zu viele Sachen besitzen, dass die meisten Dinge keinen festen Platz haben und es ihnen schwerfällt sich von Dingen zu trennen. Oft fehlt es den Leuten auch an Zeit und Disziplin, nachhaltig Ordnung zu halten.

Wie ist Ihr Ansatz zum Ausmisten? Muss alles „Freude“ – wie Marie Kondo sagt – in uns wecken, was dableiben darf?
Das kommt auch immer darauf an, wie viel Platz der Kunde schlussendlich hat. In einem großen Haus können wir natürlich mehr behalten, als in einer Zwei-Zimmer-Wohnung.

Dennoch ist meine erste Frage an die Kunden immer die gleiche: 'Brauchen Sie das wirklich noch'? Das Geheimnis ist einfach, dass man sich selber nichts vormacht, dass man die Dinge nicht in doppelter und dreifacher Ausfertigung besitzt und dass man sich von überflüssigen Dingen trennt, sowohl im Kleiderschrank, als auch in den übrigen Schränken und Räumen im Haus.

Wie gehen Sie dabei vor?
Nachdem die Kunden mich kontaktiert haben, telefonieren wir meistens kurz und ich lasse mir Bilder schicken, damit ich mir einen Eindruck verschaffen kann. Unter anderem wird auch besprochen, ob der Kunde beim Aufräumen dabei sein möchte – das ist tatsächlich total individuell. Es gibt Kunden, die möchten überhaupt nichts mit dem Aufräumen zu tun haben und wollen einfach nur, dass ich alles wieder in Ordnung bringe, und dann gibt es wiederum die Kunden, die dabei sein wollen und meine Tipps brauchen, um auch nachhaltig Ordnung zu halten. Zu Beginn eines Termins finde ich es jedoch sehr sinnvoll, wenn die Kunden kurz dabei sind, denn ich kann schlussendlich nicht entscheiden, was ausgemistet wird. Ich kann nur beratend zur Seite stehen.

Woran merken Sie, dass Sie einen Draht zum Klienten haben?
Ich kann mit allen Klienten gut zusammenarbeiten, denn sobald ein Kunde mich kontaktiert und meine Dienstleistung in Anspruch nehmen möchte, ist eine Bereitschaft der Kunden da, die natürlich eine gute Zusammenarbeit voraussetzt und ausmacht – und dafür bin ich sehr dankbar. Normalerweise vertrauen mir die Kunden sehr schnell, weil ich einfach bin wie ich bin. Ich bin ein offener Typ, ich nehme die Menschen wie sie sind und ich urteile nicht aufgrund von Äußerlichkeiten jeglicher Art.

Seit Beginn der Corona-Pandemie sind viele Menschen im Homeoffice und verbringen mehr Zeit in ihren eigenen vier Wänden. Hat sich das in Ihrer Arbeit bemerkbar gemacht?
Ja, durch die Pandemie waren viele Menschen hauptsächlich Zuhause, oft auch die ganze Familie. Dies hatte zufolge, dass mehr Unordnung in den Haushalten entstanden ist, die Menschen auch durch das ständige Miteinander keine Nerven für die „unangenehmen Dinge“ im Leben hatten und sich das dementsprechend auch auf mein Business auswirkte.

Um auf Marie Kondo zurückzukommen – ihrer Meinung nach ist Aufräumen noch viel mehr. Sie verspricht, dass es das Leben verändert. Ist das vielleicht etwas übertrieben?
Vorab muss ich vielleicht kurz sagen, dass ich etwas anders als Marie Kondo arbeite, weil ich finde, dass sowohl die Kleidungsstücke und Sachen sowie auch die Menschen selbst sehr individuell sind. Man kann zum Beispiel niemals pauschal sagen, dass alle Kleidungsstücke nach dem gleichen Prinzip gefaltet werden können, nur damit sie alle in eine Schublade passen.
Meines Erachtens gehört eine Bluse oder ein Hemd überhaupt nicht gefaltet, sondern sollte nach Möglichkeit immer aufgehängt werden. Genauso mit Geräten in der Küche oder den Handtüchern im Bad – wichtige Punkte sind: Wie viel Platz habe ich? Was kann aussortiert werden? Was hat Priorität für den Einzelnen? Individualität ist die Antwort. Dass eine aufgeräumte Wohnung oder ein aufgeräumtes Haus jedoch dein Leben verändern kann, davon bin ich auch überzeugt, denn ich finde, wer außen Ordnung schafft, tut dies zweifellos auch im Inneren.
Es gibt trotz allem immer wieder Menschen, die Angst haben und sich dafür schämen, professionell beim Aufräumen helfen zu lassen. Ich möchte nochmal sagen, dass ich ohne Vorurteile in die verschiedensten Haushalte komme.

Als Aufräum-Coach haben Sie bestimmt schon einiges gesehen. Ist Ihnen ein Fall besonders in Erinnerung geblieben?
Die Palette an Schränken, Wohnungen und Häusern, die ich sehe, ist groß und vielfältig. Es ist für mich selbstverständlich, mich nicht darüber zu äußern.

Die Fragen stellte Brettener Woche-Redakteurin Havva Keskin.

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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