Das Gottesackertor – Passage für Kaufleute, Landsknechte und Verstorbene

Das Gottesackertor um 1643: Ausschnitt aus einem Kupferstich von Matthäus Merian. | Foto: Stadtarchiv Bretten
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  • Das Gottesackertor um 1643: Ausschnitt aus einem Kupferstich von Matthäus Merian.
  • Foto: Stadtarchiv Bretten
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Anlässlich des Stadtjubiläums „1250 Jahre Bretten“ veröffentlicht die Brettener Woche in diesem Jahr jeden Monat einen Beitrag von Dr. Peter Bahn. Der Leiter des Stadtmuseums im Schweizer Hof beleuchtet In dieser Serie ausgewählte Schauplätze, die mit bedeutenden Kapiteln der Brettener Stadtgeschichte verbunden sind. Wir beginnen heute mit dem ersten Beitrag von Dr. Bahn über das Gottesacker Tor.

Bretten (pb) Wenn man die Brettener Altstadt von Westen kommend betritt, so passiert man einen geschichtsträchtigen Ort: den früheren Standort des sogenannten „Gottesackertors“. Erstmalig urkundlich erwähnt wurde das Bauwerk im Jahr 1480, was jedoch noch keine Rückschlüsse auf sein wirkliches Alter zulässt.

Erbauung im 13. Jahrhundert wahrscheinlich

Denn schon 1283 und damit 200 Jahre vorher wurde das „Salzhofer Tor“ im Süden der Stadt erwähnt, was annehmen lässt, dass es schon damals einen ganz Bretten umschließenden Stadtmauerring mit Toren an den wichtigsten Ausfallstraßen gab. Eine solche Ausfallstraße führte auch nach Westen, in Richtung Diedelsheim, Heidelsheim und weiter nach Heidelberg, so dass eine Erbauung des Gottesackertores bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts sehr wahrscheinlich ist.

Ursprünglich hieß es Diedelsheimer Tor

Nach dem weiteren Verlauf der aus ihm herausführenden Straße hieß das Gottesackertor zunächst „Diedelsheimer Tor“ oder „Heidelberger Tor“. Erst später, als der Brettener Friedhof vom heutigen Kirchplatz Richtung Westen weit vor die Stadtmauer verlegt wurde, erhielt das Tor seinen noch bis in die Gegenwart lebendigen Namen. Mehrere Jahrhunderte lang bewegten sich alle Begräbniszüge aus Bretten hinaus durch dieses Tor. Aber auch die Kaufmannswagen, die Bretten alljährlich in Richtung Frankfurter Messe passierten, rollten durch das westliche Stadttor. Neben dem Weißhofer Tor im äußersten Osten und dem Salzhofer Tor im Süden der Stadt war das Gottesackertor mit seinem stattlichen Torturm eine der drei Torbefestigungen, die gemeinsam mit dem Pfeiferturm im Norden und dem Simmelturm im Südosten die Brettener Stadtmauer überragten und verstärkten.

Ausfalltor für die Belagerten

Im Jahre 1497, als sich die politischen Spannungen zwischen der Kurpfalz und ihren Nachbarn um die Vorherrschaft in Südwestdeutschland zuspitzten und sich die Ereignisse des Landshuter Erbfolgekrieges bereits abzuzeichnen begannen, gestattete Pfalzgraf Philipp der Stadt Bretten die Aufnahme eines Darlehens, das für den weiteren Ausbau der Stadtbefestigung Verwendung finden sollte. Wie notwendig das war, zeigte sich sieben Jahre später, als Bretten im nun ausgebrochenen Krieg vom Heer des Herzogs Ulrich von Württemberg belagert (aber nicht eingenommen) wurde. Zur Niederlage der Württemberger bei der Belagerung von Bretten trugen zwei Ereignisse bei, die sich am Gottesackertor abspielten. So schickte der pfälzische Kurfürst Philipp am neunten Tag der Belagerung 1 500 zusätzliche, unter dem Kommando des Hauptmanns Hans von Hattstadt stehende Landsknechte aus Richtung Heidelsheim zur Verstärkung in die Stadt – sie marschierten durch das Gottesackertor nach Bretten ein. Und als es einige Tage später zum erfolgreichen Ausfall der Belagerten und zur Überrumpelung der württembergischen Artillerie kam, war es wiederum das Gottesackertor, durch das die Brettener und kurpfälzischen Landsknechte aus der Stadt hinausströmten.

Das Ende kam im Jahr 1833

Doch sollte es noch fast zwei Jahrhunderte, bis 1689, dauern, ehe das faktische Ende der Brettener Stadtbefestigung eingeläutet wurde. Im August jenes Jahres besetzten französische Truppen im Zuge des Pfälzer Erbfolgekrieges die Stadt, äscherten sie fast vollständig ein und zerstörten große Teile des Mauerrings und der städtischen Türme. Bretten war nun eine „offenen Stadt“. Die 1689 entstandenen Zerstörungen wurden im 18. Jahrhundert nur noch notdürftig repariert und schließlich ignoriert. Das Weißhofer Tor wurde 1820 endgültig geschleift. Schon 1812 war das Salzhofer Tor abgerissen worden und 1833 folgte, als letztes der alten Brettener Stadttore, das Gottesackertor. Zuvor hatte es noch Pläne zu einem Wiederaufbau des Torturms als Stadtgefängnis gegeben, die aber nicht mehr verwirklicht wurden. Auf den Häusern neben dem ehemaligen Weißhofer- und Gottesackertor errichtete man allerdings kleine, Dachreitern ähnliche Türmchen, die an die ehemaligen Torstandorte erinnern sollten. Dr. Peter Bahn

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Mehr zum Pfeiferturm lesen Sie hier

Das Gottesackertor um 1643: Ausschnitt aus einem Kupferstich von Matthäus Merian. | Foto: Stadtarchiv Bretten
Geplant, aber nie gebaut: Um 1818 gab es Überlegungen zum Wiederaufbau des Gottesackertors als Gefängnisturm. | Foto: Stadtarchiv Bretten
Autor:

Chris Heinemann aus Bretten

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