Ein Hybridmodell für die Melanchthonstadt
Das Stadtmodell von Bretten nimmt Gestalt an

Paul Rohr beginnt mit den Feinarbeiten am Modell der Brettener Altstadt. | Foto: kuna
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Bretten/Niefern-Öschelbronn (kuna) Noch etwas unscheinbar steht der große weiße Block mit der Aufschrift „Bretten“ in der Werkstatt der Skulptur Manufaktur Rohr in Niefern-Öschelbronn. Doch was sich darin verbirgt, wird von Matthias Goll sehnsüchtig erwartet: Er ist der Gründer der Initiative Altstadtrettung Bretten und hat in Eigenregie ein Modell der Brettener Altstadt entworfen. Nun kommt er seinem Traum einen Schritt näher. Denn was zunächst in vielen langen Stunden am Computer entstanden ist, findet am Mittwochmorgen, 15. März, in fachmännischen Händen Ausdruck als Bronze-Skulptur.

Modell wird mit viel Körpereinsatz freigelegt

Mit einem schweren Hammer befreit Paul Rohr, Juniorchef der Skulpturenwerkstatt, das Stadtmodell von der gebrannten Schamotte-Masse. Stück für Stück arbeitet er sich durch das feuerfeste Material, bis zunächst die Eingusskanäle sichtbar werden. Erst dann legt Rohr sich den wasserfesten Arbeitskittel an und befreit das Modell unter hohem Druck mit Wasser von den staubigen Resten der Schamotte. Nach und nach werden so erste Häuser und Straßen sichtbar. Für Goll bedeutet das vor allem eines: Aufatmen. Denn dem ersten Blick des Experten zu urteilen, ist das Gießen des Stadtmodells gelungen.

Zufrieden trotz einiger Fehlstellen

Mit kritischem Blick inspiziert Rohr das Bronze-Modell und erkennt auch schnell die ein oder andere Fehlstelle. Insbesondere was die Beschriftung anbelangt, sei das Gelingen noch unklar. Denn ob die Buchstaben auch gut rausgekommen sind, würde sich erst bei den Feinarbeiten herausstellen. Rohr erklärt dennoch, er sei „ziemlich zufrieden“ mit dem Ergebnis. Beim Kunstgießen sei es durchaus üblich, dass Fehlstellen durch eine Nachbearbeitung gerettet werden können, erklärt er.

Gussmodell entstand im 3D-Drucker

Als Grundlage für den Bronzeguss hat Goll eine Rekonstruktion der Brettener Altstadt am PC erstellt. Das Gussmodell für die Werkstatt sei anschließend im 3D-Drucker entstanden. Unterstützung erhielt der selbsternannte Altstadtretter dabei von der Heimsheimer Firma Cirp. „Wir haben dabei geholfen, die Daten für das Modell aufzubereiten und zu optimieren“, erklärt Peter Malauschek von Cirp. „Dann haben wir es mit Kunststoff gedruckt“, fügt er hinzu. Der Druck des Gussmodells hätte etwa drei bis vier Tage in Anspruch genommen. Beim Gießprozess sei es dann weggeschmolzen – ganz verloren sei es aber nicht: Denn die Daten für das Stadtmodell sind noch vorhanden, sodass das Modell jederzeit wieder gedruckt werden könnte, so Malauschek.

Modell soll Denkmäler optisch hervorheben

Bis das Stadtmodell einmal in der Melanchthonstadt stehen wird, sind noch viele weitere Arbeitsschritte notwendig. Bei einer groben Bearbeitung würden zunächst die Eingusskanäle entfernt werden, erst dann könne der Feinschliff beginnen, erklärt Goll. Nach dem Ziselieren möchte er das Modell außerdem brünieren, also eine dunkle Färbung auftragen. Das würde rein ästhetischen Zwecken dienen. Zugleich möchte er dadurch aber auch die rund zwanzig historischen Gebäude von Bretten optisch betonen. Denn nachdem die dunkle Farbe wiederum poliert wurde, würden sie sich von den restlichen Häusern der Altstadt hervorheben. Zusätzlich würde die geriffelte Oberfläche sie als Denkmäler ausweisen. Goll möchte mit seinem Stadtmodell also den „besonders schützenswerten Altstadtbereich“ sichtbar machen, meint er. „In der Vergangenheit ist es schon oft vorgekommen, dass Denkmäler in Bretten abgerissen wurden, mit dem Argument: Es ist ja nur ein Haus – beim nächsten Gebäude dann dasselbe.“

Stadtmodell ist eine Hybridform

Eine historische Rekonstruktion stellt das Stadtmodell von Goll aber nicht dar. Vielmehr handele es sich um eine „Hybridform“, sagt er. „Das Modell zeigt die Stadt von 2023 mit einer kleinen künstlerischen Freiheit“, erklärt Goll mit einem Schmunzeln. Denn in den Ist-Zustand hätte er die historische Stadtmauer sowie die Stadttore eingefügt. Diese hätte er quellenbasiert rekonstruiert. So ein Hybridmodell sei nicht üblich, meint Goll. Denn die meisten Stadtmodelle würden Rekonstruktionen darstellen. Er wollte mit seinem Modell aber auch eine Orientierung für Einwohner und Touristen bieten, weshalb er sich für diese Variante entschieden hätte. An einer historischen Rekonstruktion arbeite er momentan aber auch, verrät der ambitionierte Altstadtretter: „An einem Modell des mittelalterlichen Spitals. Dieses befand sich mal auf der Stelle der Weißhofer Galerie. Ich habe einen Plan um 1800 gefunden“, so Goll. Auf das Spital sei der Spitzname der Brettener als „Spitalmucken“ zurückzuführen.

Standort des Modells noch ungewiss

Was den Standort seines Stadtmodells anbelagt, gebe es noch Ungewissheiten, gibt Goll zu. Der Brettener Oberbürgermeister Martin Wolff hätte sich auch zwei Wochen nach dem Heringsessen der VBU – dort stellte Goll seine Pläne den Brettener Unternehmen und der Stadt in großer Runde vor – noch nicht bei ihm gemeldet. „Herr Wolff hat zwar gemeint, dass er einen Standort in Aussicht hat, aber wo genau dieser sein soll, hat er mir noch nicht gesagt“, meint Goll und gibt zugleich zu bedenken: „Es gibt einige Voraussetzungen, um das Modell aufzustellen.“ Dazu gehöre vor allem, dass die Ausrichtung stimmen müsse, denn die Schrift sei nur lesbar, wenn das Modell nach Norden ausgerichtet sei. Außerdem wünscht Goll sich, dass das Modell an einem möglichst frequentierten Ort steht. „Es ist ja was Besonderes“, findet er. Für die Einweihung würde jedenfalls schon ein Datum feststehen: Der 30. April. Denn dann würde in Bretten ein verkaufsoffener Sonntag stattfinden und dann, so hofft Goll, werden möglichst viele Menschen in der Stadt sein.

Autor:

Kathrin Kuna aus Bretten

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