40 Jahre Handwerk auf dem Peter-und-Paul-Fest
Fast vergessene Handwerkstraditionen beleben und vorführen
Bretten (hk) Dass das Peter-und-Paul-Fest in seinen Anfängen ausschließlich auf dem Marktplatz stattfand und das Festzelt sowie die Vergnügung auf dem Gelände des alten Steinbruchs am Husarenbaum waren – das können sich heute viele nicht mehr vorstellen. 1980 entstand in der damaligen „Katholischen Jugend“ der Kolpingfamilie die Idee, mit traditionellem Handwerk das Fest zu bereichern. Da das Kolpingwerk und damit die Kolpingfamilie Bretten im Ursprung ein Gesellenverein war, wurden von Werner Sailer, der Kolpingjugend, der Katholischen Jungen Gemeinde (KJG) und den Ministranten unter der Leitung von Robert Rupaner und Herbert Meindl 1981 die Darstellung des Handwerks auf dem Peter-und-Paul-Fest vorgeschlagen. Der Grundstein für das heutige Erscheinungsbild des Handwerks auf dem Fest war somit gelegt – das ist nun 40 Jahre her.
Durch neue Berufe wurde Marktplatz zu klein
Durch das Engagement der Familie Zabel, vornehmlich durch Zimmermannsmeister und Kolpingbruder Siegfried Zabel, wurde 1981 auf dem Peter-und-Paul-Fest erstmals der Zimmermannsberuf von einer circa 25-köpfigen Gruppe, darunter einige Zimmerleute, Glaser und andere Handwerker, vorgestellt. Es war das Errichten eines Dachstuhls mit einem zünftigen Richtspruch, Liedgut und Brauchtum zu sehen und zu hören. 1984 wurde der neue „Verein zur Pflege des traditionellen Handwerks Bretten“ gegründet. Der neu gegründete Verein und die Handwerkergruppe Kolping haben sich zum Ziel gesetzt alte, fast vergessene Handwerkstraditionen zu beleben und darzustellen. Daher kamen neue Berufe in beiden Gruppen hinzu und der Marktplatz wurde zu klein.
„Schwierig, Leute im Verein zu finden, die sich mit ‚ausgestorbenen‘ Berufen identifizieren“
In den Jahren danach wurden durch ehrenamtliches Engagement neue Ideen verwirklicht und der historische Charakter des Festes entscheidend geprägt. Dabei sind auch einige Berufsbilder hinzugekommen, aber auch – vor allem in der jüngsten Zeit – wieder verschwunden, wie zum Beispiel der Schuhmacher, Münzschläger, Balkenhauer, ebenso der Schindelmacher. Den Balkenhauer etwa sah man 1986 zum letzten Mal. „Es ist schwierig, Leute im Verein zu finden, die sich mit ‚ausgestorbenen‘ Berufen identifizieren“, weiß Meindl von der Handwerkergilde Alt-Brettheim. Und Martin Bauer von der Bruderschaft der freien Zünfte zu Brettheim ergänzt: „Der Laternenbauer wurde eine Zeit lang nicht dargestellt. Das macht nun wieder jemand.“ Auch der Korbflechter wurde innerhalb der Bruderschaft der freien Zünfte mithilfe eines Workshops bei einer Korbflechtmeisterin aktiviert. Bauer: „Unser Verein unterstützt das ganz stark, indem wir beispielsweise auch versuchen, die Jugend mit einzubeziehen.“
Durch Einnahmen Überleben des Berufes bestreiten
1985 und 1987 nochmals, wurde das Stadttor in der Melanchthonstraße weiter nach Westen versetzt, um zunächst durch das Miteinbeziehen der Schulgasse und dann der Amtsgasse in den Festbereich dem starken Zulauf der Handwerkergruppen gerecht zu werden. Denn mittlerweile geben Bäcker, Glaser, Schreiner, Drucker, Maurer, Papiermacher, Korbflechter, Zimmerleute, Weber, Färber, Küfer, Besenbinder, Schuster und Zinngießer Einblicke in ihre Handwerkskunst. Die Handwerkergruppe Kolping traf 1987 dann die Entscheidung, durch eine Bewirtung die finanzielle Situation zu verbessern. „Einnahmen, die durch eine Bewirtung hereinkommen, werden dafür gebraucht, das Überleben des Berufes zu bestreiten“, bringt es Meindl auf den Punkt.
In einer Gruppe mehrere Berufe darstellen
Die Ausdehnung des Festbereiches setzte sich weiter fort und erreichte das neue Rathaus mit dem Schäferlager. Eine Zäsur in der Geschichte des Handwerks auf dem Peter-und-Paul-Fest stellte der Wunsch des Vorstands der Kolpingfamilie im Frühjahr 1998 dar, die Zusammenarbeit zu beenden und die Handwerkergruppe Kolping aufzulösen. So entstanden die „Bruderschaft der freien Zünfte zu Brettheim“, die „Handwerkergilde Alt-Brettheim“ die „Ehrbaren Zünfte“ sowie die Gruppe „Steinmetz und Weber“. 2004 beging das Peter-und-Paul-Fest sein 500. Jubiläum, zwei Jahre später wurden 25 Jahre Handwerk auf dem Peter-Paul-Fest gefeiert. Heute sind noch sieben Mitglieder aus der Gründungszeit bei der Bruderschaft der freien Zünfte zu Brettheim, Handwerkergilde Alt-Brettheim und Verein zur Pflege des traditionellen Handwerks mit dabei. „Das Besondere an den Handwerks-Gruppen ist, dass wir in einer Gruppe mehrere Berufe darstellen. Das ist gleichzeitig eine Herausforderung“, sagt Meindl.
Umfangreiches Wissen nötig
Heute sind die Handwerker zwischen einzelnen Lagern verteilt zu finden. Aus Sicht der Handwerker wäre eine stärkere Unterstützung durch die Vereinigung Alt-Brettheim wünschenswert. „Für die Darstellung des Küfers zum Beispiel braucht man einen Fachmann, um ein Fass zu machen. Und das erfordert umfangreiches Wissen“, fährt er fort. 2003 habe man einen Küfermeister aus Hilspach gewinnen können, der etwa zehn Jahre lang gezeigt hat, wie ein Fass entsteht. Zwei bis drei Jahre habe man dann noch ohne einen Küfer auskommen müssen, bis 2019 wieder ein junger Küfer gefunden werden konnte. „Der ist auch bereit, den Beruf wieder auf dem Fest darzustellen. Aber, was ist mit den Kosten?“, berichtet Meindl. Die Darstellung des Handwerks sei eine Bereicherung für die Besucher. „Wenn man das vernachlässigt, dann hört der Spaß auf“, so Meindl. Man dürfe nicht vergessen, dass die Handwerker über 20 Prozent der rund 2.000 Aktiven aus Bretten ausmachen.
Einige Daten in diesem Artikel stammen aus der Jubiläumsschrift „25 Jahre Handwerk Peter-und-Paul-Fest“ und aus dem Buch „Die Welt des Handwerks um 1500“. Letzteres kann bei Herbert Meindl per Mail an info@handwerkergilde-alt-brettheim.de erworben werden.
Mehr zum Peter-und-Paul-Fest lesen Sie auf unserer großen Themenseite.
Autor:Havva Keskin aus Bretten |
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